Wenn über Asylsuchende berichtet wird, kommen die Asylsuchenden höchst selten zu Wort. Sie müssen sich meist damit begnügen, Anlass und Gegenstand der medialen Aufmerksamkeit zu sein.
Entsprechend wird auch meistens aus der Perspektive von uns Einheimischen erzählt und argumentiert. Für einmal wird hier die Sicht auf das scheinbar Gewöhnliche verändert.
Was gefällt Asylsuchenden am Alltag in der Schweiz? Was macht ihnen Eindruck? Was freut sie? Mit diesen Fragen im Gepäck besuchten wir die Konversationsklasse Deutsch für Asylsuchende vom Netzwerk Aargau in Nussbaumen.
Gegen 30 Asylsuchende besuchen jeweils am Mittwochnachmittag den Unterricht bei Isabella Günthardt. Der Deutschkurs ist freiwillig. Deutschlehrerin Isabella Günthardt arbeitet ehrenamtlich.
Ihre Schülerinnen und Schüler kommen aus rund einem Dutzend verschiedener Länder, alle mit ihren eigenen Geschichten in ihren eigenen Sprachen. Wenn sie sich verständigen wollen, ist es am einfachsten, wenn sie dies in ihrer neuen Sprache tun, die sie hier am Lernen sind: auf Deutsch.
Die Kenntnisse sind höchst unterschiedlich; einige könne sich schon recht gewandt ausdrücken, für andere scheint die deutsche Sprache noch für einige Zeit ein Mysterium zu bleiben. Die unterschiedlichen Niveaus sind aber kein Hinderungsgrund für einen attraktiven Unterricht; Es wird geschrieben und diskutiert und gelacht – und wenn das richtige Wort sich partout nicht finden lässt, wird das Handy zur Übersetzungshilfe.
Zehn Asylsuchende aus der Klasse haben sich schliesslich bereit erklärt, am kleinen Schreibprojekt mitzumachen. Sie erhielten den Auftrag, eine Besonderheit, die ihnen in der Schweiz aufgefallen ist und die ihnen Eindruck macht, kurz zu beschreiben und mit einem Handyfoto zu illustrieren. Mit grossem Einsatz gingen die Teilnehmenden ans Werk und sie brachten völlig individuelle Antworten zurück.
Die Ergebnisse findest du in der obigen Bildergalerie, die Texte wurden moderat redigiert. Die Fotos sind von unterschiedlicher Qualität, aber höchst überraschend.
Überraschend war auch, wie von den Asylsuchenden vieles, was für uns selbstverständlich und alltäglich ist, als aussergewöhnlich wahrgenommen wird. Dass man sich hier frei bewegen kann, dass die Züge pünktlich abfahren, dass man keine Bettler sieht.
Mag sein, dass die Berichte der Asylsuchenden uns auch wieder etwas bewusster machen, dass unser gesicherter Alltag keine Selbstverständlichkeit ist.
Nur wenige der teilnehmenden Flüchtlinge waren bereit, sich fotografieren zu lassen. Zu sehr schwingt noch die Furcht mit, dass das Bild in die ursprüngliche Heimat gelangen könnte und deshalb die zurückgelassenen Familienangehörigen Repressionen ausgesetzt würden. Man einigte sich auch darauf, aus Sicherheitsgründen nur den Vornamen und das Herkunftsland zu nennen.
(aargauerzeitung.ch)