Forschende spekulieren seit Langem, warum sich die Mongolen im 13. Jahrhundert plötzlich aus Ungarn zurückzogen. Wissenschaftler der Forschungsanstalt WSL und der Princeton University liefern nun Hinweise, dass nasskalte Witterung eine Rolle gespielt haben könnte.
Im 13. Jahrhundert beherrschten die Mongolen das grösste zusammenhängende Landimperium aller Zeiten. Warum sie sich 1242 nach Christus recht plötzlich aus Ungarn zurückzogen, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Wie Forscher nun zeigen, setzte vermutlich kaltes und nasses Wetter den berittenen Truppen zu.
Nicola Di Cosmo von der Princeton University und Ulf Büntgen von der Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL rekonstruierten anhand von historischen Aufzeichnungen und Jahrringdaten die Witterung im Zeitraum von 1230 bis 1250. Demnach folgten auf warme und trockene Sommer von 1238 bis 1241 nasskalte Bedingungen ab 1242, teilte die WSL am Donnerstag mit.
Schlamm und Hungersnöte
Starker Regen machte die ungarische Ebene vermutlich zum Sumpf und liess die Weidefläche für die Pferde der Armee knapp werden, schreiben die Forscher im Fachjournal «Nature Scientific Reports». Das dürfte die Effizienz und Beweglichkeit der berittenen Truppen eingeschränkt haben.
Zudem trugen Plünderung und Entvölkerung wohl zu Hungersnöten bei, was die mongolische Armee zusätzlich darin bestärkt haben könnte, Ungarn zu verlassen. «Dies ist wohl eine der ersten Fallstudien, in der Umweltfaktoren bei der Untersuchung vormoderner Gesellschaften eine entscheidende Rolle zukommt», liess sich Di Cosmo in der WSL-Mitteilung zitieren.
Unterschätzte Auswirkungen
Möglicherweise unterschätzte die Geschichtsforschung bisher den Effekt von Klimaveränderungen auf die Effizienz der mongolischen Armee, so die Forscher. Nur durch Analyse von Klimadaten aus natürlichen Archiven - sprich Baumringanalysen - liessen sich diese Auswirkungen präzise beurteilen.
Baumringe liefern exakt datier- und lokalisierbare Klimadaten mit einer jährlichen Auflösung. Die Kombination dieser Daten mit historischen Aufzeichnungen sei der Vorteil dieser Studie gegenüber früheren, die sich mit den Mongolen befassten, so die Mitteilung.
Der Blick auf Umweltfaktoren und geschichtliche Ereignisse könne sich als sehr aufschlussreich erweisen, wenn man über die Verflechtung von Klima und menschlichem Verhalten nachdenke, so Büntgen. Die Studie zeigt, welch grossen Effekt auch kleine Klimaschwankungen und kurzfristige Veränderungen der Umweltbedingungen haben können. (sda)