Nordkorea zündet offenbar abermals eine Atombombe zu Testzwecken

Nordkorea zündet offenbar abermals eine Atombombe zu Testzwecken

03.09.2017, 08:32

Nordkorea hat offenbar zum sechsten Mal eine Atombombe zu Testzwecken gezündet. Erdbebenwarten in Südkorea, Japan, China und den USA registrierten am Sonntag ungewöhnliche Stosswellen, die von einer Atomexplosion herrühren könnten.

Die Stosswellen gingen nach Angaben des südkoreanischen Generalstabs vom Bereich des nordkoreanischen Atomwaffentest-Geländes Punggye-ri aus. Die US-Erdbebenwarte USGS und die zuständige chinesische Behörde massen für das Beben die Stärke 6.3 - dies war mehr als bei den fünf vorangegangenen nordkoreanischen Atomwaffentests.

Auch nach südkoreanischen Angaben entfaltete der mutmassliche neue Atomwaffentest eine besonders grosse Sprengkraft: Die Explosion sei 9.8 Mal stärker gewesen als beim vorangegangenen Atomwaffentest im September 2016, berichtete die südkoreanische Agentur Yonhap unter Berufung auf die für Erdbebenmessungen zuständige Meteorologische Behörde. Das «künstliche Beben» sei das mächtigste, das bislang gemessen wurde, sagte ein Sprecher der Behörde demnach.

Japans Aussenminister Taro Kono bestätigte, dass es nach Erkenntnissen seiner Regierung einen Atomwaffentest gegeben habe. «Nach der Untersuchung der Daten kommen wir zu dem Schluss, dass es sich um einen Atomtest handelt», sagte Kono nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats.

Die japanische Regierung legte nach seinen Angaben scharfen Protest bei der nordkoreanischen Botschaft in Peking ein. Der Führung Nordkoreas sei übermittelt worden, dass jeglicher Atomwaffentest «extrem unverzeihlich» sei. Bereits vor der Bestätigung hatte Japans Ministerpräsident Shinzo Abe erklärt, ein neuerlicher Atomwaffentest Nordkoreas wäre «absolut inakzeptabel».

«Wichtige Erklärung» angekündigt

Nordkorea hatte seit 2006 fünf Atomwaffentests vorgenommen, davon zwei im vergangenen Jahr. Die Führung in Pjöngjang arbeitet zugleich an der Entwicklung von Langstreckenraketen, mit denen atomare Sprengköpfe bis in die USA getragen werden könnten.

Nordkoreas Staatsmedien kündigten für 08.30 Uhr (MESZ) eine «wichtige Erklärung» an. Einzelheiten seien nicht genannt worden, berichtete Yonhap.

Wenige Stunden vor der Explosion hatte Nordkoreaeinen Durchbruch bei der Entwicklung einer Wasserstoffbombe mit «ausserordentlicher Explosionskraft» gemeldet. Man habe eine Wasserstoffbombe entwickelt, mit der Interkontinentalraketen bestückt werden könnten, hiess es.

Machthaber Kim Jong Un habe im Institut für Atomwaffen eine solche Bombe inspiziert, meldete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA. Es handle sich um eine «thermonukleare Waffe mit einer ausserordentlichen Explosionskraft, geschaffen durch unsere eigenen Anstrengungen und eigene Technologie», zitierte die Agentur den Machthaber. Alle Komponenten der Wasserstoffbombe seien «zu 100 Prozent im eigenen Land hergestellt».

Wasserstoffbomben, auch thermonukleare Waffen genannt, sind potenziell besonders verheerende Nuklearwaffen. Mit ihnen lassen sich weit stärkere atomare Explosionen erzeugen als mit einstufigen Atombomben.

Arbeit an Bomben-Verkleinerung

Im Januar 2016 hatte Pjöngjang erklärt, erstmals eine Wasserstoffbombe erfolgreich getestet zu haben. Damals bezweifelten Experten, dass es sich bei dem Atomtest tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte.

Nordkorea arbeitet derzeit offenbar daran, seine Bomben dermassen zu verkleinern, dass sie als Sprengköpfe auf Interkontinentalraketen montiert werden könnten. Damit könnten sie auch die USA erreichen, die die Führung in Pjöngjang als ihren grossen Feind sieht.

Anfang Juli dieses Jahres hatte das nordkoreanische Staatsfernsehen erstmals den Test einer Interkontinentalrakete des Typs Hwasong-14 vermeldet. Experten schätzen, dass die Rakete eine potenzielle Reichweite von 6700 Kilometern hat und damit theoretisch den US-Bundesstaat Alaska erreichen könnte.

Nach dem zweiten Test einer Langstreckenrakete am 28. Juli verkündete Pjöngjang, die dabei verwendete Rakete könne das «gesamte US-Festland» erreichen. Bei dem Geschoss mit einer theoretischen Reichweite von 10'000 Kilometern soll es sich um eine verbesserte Version der Hwasong-14 gehandelt haben.

«Strategische» Botschaft an USA

Ausländische Experten hatten in den vergangenen Monaten in Frage gestellt, ob Pjöngjang seine Bomben erfolgreich verkleinern konnte, um sie auf Raketen zu installieren. Anfang August berichtete die Zeitung «Washington Post» allerdings, Nordkorea habe einen Atomsprengkopf entwickelt, der klein genug für den Einsatz in seinen Interkontinentalraketen sei.

Der Nordkorea-Experte Yang Moo-Jin von der Universität für Nordkoreastudien in Seoul sagte am Sonntag, die jüngste Erklärung aus Pjöngjang zur Wasserstoffbombe enthalte eine «strategische Botschaft» an Washington: Die Führung in Pjöngjang dränge auf eine «nukleare Auseinandersetzung mit den USA auf gleicher Augenhöhe». (sda/afp/dpa)

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