Nationalrat will finanzielle Mittel für EU-Grenzschutz limitieren

Nationalrat will finanzielle Mittel für EU-Grenzschutz limitieren

21.09.2017, 10:36

Die Schweiz soll sich am verstärkten Schutz der EU-Aussengrenzen beteiligen. Der Nationalrat hat am Donnerstag der Übernahme von Schengen-Recht zugestimmt. Umstritten waren die finanziellen Mittel.

Mit der neuen EU-Verordnung wird Frontex eine rasch einsetzbare Reserve von 1500 Grenzschutzexperten zur Verfügung gestellt. Wie die anderen Schengen-Staaten muss sich auch die Schweiz daran beteiligen.

Sie hat sich dazu verpflichtet, 16 Grenzschutzexperten bereitzustellen. Das entspricht 0.8 Prozent des Bestandes des Grenzwachtkorps. Der Nationalrat will ausdrücklich festhalten, dass der Einsatz nicht zu einer schlechteren Überwachung der Schweizer Grenzen führen darf.

Höchstens 12 Millionen Franken

Zudem will er die Ausgaben limitieren: Die Schweizer Beteiligung soll im Jahr höchstens 12 Millionen Franken kosten. Das beschloss der Rat mit 91 zu 85 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Die Mehrheit will damit dem Trend zu steigenden Kosten entgegenwirken.

Finanzminister Ueli Maurer argumentierte vergeblich, gemessen an der zusätzlichen Sicherheit sei die Schweizer Beteiligung günstig. Ausserdem sei es nicht sinnvoll, auf Jahre hinaus eine Obergrenze festzulegen. Das Parlament könne die Mittel jeweils für das Folgejahr im Budget festlegen.

Im Verhältnis zum BIP

Der finanzielle Beitrag der einzelnen Länder wird wie bisher nach dem Verhältnis des nationalen Bruttoinlandprodukts (BIP) zu jenem aller Teilnehmerländer berechnet. Da das Budget und das Personal von Frontex erhöht werden, steigt der Beitrag der Schweiz aber.

2015 zahlte die Schweiz 4.6 Millionen Euro, 2016 waren es 9.9 Millionen. Für 2017 rechnet der Bundesrat mit 12.4 Millionen. Für 2018 liegt die Schätzung bei 13.2 Millionen, für 2019 bei 13.7 und für 2020 bei 14.2 Millionen Franken. Der Bundesrat erwartet indes, dass im Gegenzug die Kosten für Rückführungen von Migranten sinken. Auch in diesem Bereich ist künftig mehr Zusammenarbeit geplant.

Grüne gegen «Festung Europa»

Gegen eine weitere Beteiligung der Schweiz an der Grenzschutzagentur Frontex stellten sich die Grünen. Für sie ist ein Ausbau der «Festung Europa» der falsche Ansatz. Die neue Frontex trage nichts dazu bei, die Krisen der Flüchtlingspolitik zu lösen, sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH).

Frontex verhindere nicht, dass Menschen im Meer ertränken, schaffe nicht mehr Solidarität unter den Dublin-Staaten und trage nicht dazu bei, Fluchtgründe zu bekämpfen. Verstärkt werde der Kampf gegen Menschen, die vor Krieg, Verfolgung und einem Leben ohne Perspektiven fliehen würden.

Fragwürdige Zusammenarbeit

Lisa Mazzone (Grüne/GE) kritisierte die Zusammenarbeit der EU und der Schweiz mit Diktatoren und «Banditen» in Ländern wie Libyen. Der Antrag der Grünen, auf die Vorlage nicht einzutreten, wurde aber mit 102 zu 75 Stimmen abgelehnt.

Die SVP wollte die Vorlage an den Bundesrat zurückweisen mit dem Auftrag, in der Botschaft das Hauptziel klar festzuhalten. Dieses müsse sein, illegale Grenzübertritte bereits an der Schengen-Aussengrenze zu verhindern, sagte Werner Salzmann (SVP/BE). «Wir sehen nicht, was daran so schwierig sein sollte.» Der Nationalrat lehnte aber auch diesen Antrag ab, mit 125 zu 61 Stimmen.

Im Interesse der Schweiz

Befürworter der neuen EU-Verordnung hoben hervor, die Schweiz profitiere von einem besseren Schutz der Grenzen. «Eine Triage an der Aussengrenze ist allemal besser als eine Triage in Chiasso, Genf oder Buchs», sagte Alois Gmür (CVP/SZ).

Auch Maurer betonte, die Verordnung sei im Interesse der Schweiz - «bei aller Skepsis» gegenüber Schengen. Zusammenarbeit sei notwendig, sagte er. Das Geschäft eigne sich nicht dazu, ideologisch über Flüchtlings- und Migrationspolitik zu diskutieren. In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat die Vorlage mit 102 zu 75 Stimmen bei 10 Enthaltungen gut. Nun ist der Ständerat am Zug.

Auf Beschluss des EU-Rates

Bei der EU-Verordnung handelt es sich um eine Weiterentwicklung des Schengen-Rechts. Die Schweiz ist grundsätzlich verpflichtet, diese zu übernehmen. Tut sie das nicht, könnte das im äussersten Fall zu einer Beendigung der Zusammenarbeit von Schengen und Dublin führen.

An Frontex ist die Schweiz seit 2011 beteiligt. Bisher erfolgten Frontex-Einsätze nur auf Ersuchen der Schengen-Staaten. Neu erhält der EU-Rat die Kompetenz, auf Antrag der Kommission einen Schengen-Staat zur Zusammenarbeit mit der Agentur aufzufordern.

Wenn der betreffende Staat dem Beschluss des EU-Rats nicht Folge leistet, kann der Rat anderen Schengen-Staaten die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen empfehlen. Frontex darf weiterhin nicht ohne Zustimmung eines Schengen-Staats auf dessen Gebiet intervenieren. (sda)

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