Klimagipfel einigt sich auf Regeln für weltweiten Klimaschutz

Klimagipfel einigt sich auf Regeln für weltweiten Klimaschutz

16.12.2018, 00:52

Drei Jahre nach der historischen Einigung auf das Pariser Klimaabkommen haben fast 200 Staaten Regeln für die praktische Umsetzung beschlossen. Der Leiter der Schweizer Delegation äusserte sich zufrieden, aber nicht euphorisch.

Der Chef der Uno-Klimakonferenz in Polen, Michal Kurtyka, besiegelte den Kompromiss des Plenums am Samstag in Kattowitz mit einem Hammerschlag. «Das ist ein historischer Moment», sagte Kurtyka, nachdem das Regelbuch beschlossen war. Die Delegierten klatschten und jubelten, viele umarmten sich erleichtert.

Umweltorganisationen würdigten das Regelbuch in ersten Stellungnahmen als wichtiges Fundament für die internationale Klimapolitik, kritisierten die übrigen Konferenz-Ergebnisse angesichts der fortschreitenden Erderwärmung jedoch als enttäuschend.

Ziel des Abkommens ist, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen. Dafür muss der Ausstoss von Treibhausgasen etwa aus der Verbrennung von Kohle und Öl in den kommenden Jahren drastisch reduziert werden.

Vertreter aus 196 Staaten und der EU hatten in Polen zwei Wochen lang um die Regeln gerungen, nach denen Staaten künftig über ihre Pläne und Fortschritte im Klimaschutz berichten sollen.

Vergleichbarkeit und Transparenz sind wichtig, da das Pariser Abkommen von 2015 auf gegenseitigem Vertrauen beruht und keine Sanktionen vorsieht, wenn Länder nicht vorankommen. Vor allem der Gruppendruck soll alle auf Kurs halten.

Aus Sicht der Schweiz ausreichend

Insgesamt wurden 20 Beschlüsse und Richtlinien verabschiedet, welche die Umsetzung des Klimaschutzabkommens von Paris präzisieren. Nach Einschätzung der Schweizer Delegation ist das Regelwerk ausreichend, um die für eine wirksame Umsetzung des Pariser Klima-Abkommens notwendige Transparenz sicher zu stellen, teilte das Bundesamt für Umwelt (Bafu) am Samstagabend mit.

Die Schweizer Delegation ist mit den Beschlüssen insgesamt zufrieden aber nicht euphorisch, wie Delegationsleiter und Botschafter Franz Perrez auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte.

Perrez begrüsste ausdrücklich, dass für die Klärung der Emissionsreduktionen für alle Länder rechtlich verbindliche Regeln hätten verabschiedet werden können, an die sich sowohl die grossen Wirtschaftsnationen wie auch die Schwellenländer halten müssten. «Das ist ein grosser Erfolg». Zudem seien in Bezug auf die technische Überprüfung äusserst praktikable Regeln gefunden worden.

Keine Einigung beim Emissionshandel

Nicht einigen konnten sich die Staaten hingegen bei dem für die Schweiz wichtigen Thema der Emissionsverminderungen im Ausland. Hierfür wurden keine Regeln verabschiedet, da Brasilien einem Ausschluss der Doppelzählung von Emissionsminderungen nicht zustimmte und sich damit einem zentralen Grundsatz des Pariser Abkommens widersetzte. «Aus unserer Sicht ist es aber gut, dass hierzu letztlich kein statt ein schlechter Beschluss gefällt wurde, da die Regeln Jahrzehnte in Kraft bleiben», sagte Perrez.

Mit dem Ergebnis der Konferenz in Kattowitz lässt sich nach Meinung des WWF gut arbeiten. Ausgerechnet das Kapitel zum umstrittenen Handel mit Klimazertifikaten bleibe jedoch offen, teilte die Umweltorganisation mit. Die Schweiz setze als eines von wenigen Ländern sehr stark auf diese Zertifikate, statt den Erdöl- und Erdgasverbrauch im eigenen Land zu reduzieren.

Die Zeit drängt

Die Jahre 2015 bis 2018 waren nach Analysen der Weltwetterorganisation in Genf die vier wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im 19. Jahrhundert. Und die 20 wärmsten lagen in den vergangenen 22 Jahren.

Geht es weiter wie bisher, leben wir Ende dieses Jahrhunderts wohl in einer drei bis vier Grad wärmeren Welt. Die fatalen Folgen je nach Region: mehr Hitzewellen, längere Dürren sowie mehr Stürme, Starkregen und Hochwasser.

Konferenzchef Kurtyka sagte, bei den Klimaverhandlungen gehe es nicht um nationale Interessen, sondern einen Sinn für Menschlichkeit und die Verantwortung für kommende Generationen. Die Beschlüsse seien «1000 kleine Schritte nach vorne. Sie können stolz sein.»

Die Verhandlungen sollten eigentlich am Freitag enden, zogen sich aber hin bis durch die Nacht. Sitzungen wurden immer wieder verschoben. Die Entscheidung fiel schliesslich erst einen ganzen Tag später - was für Klimagipfel aber nichts Ungewöhnliches ist.

Strittige Finanzhilfen

Strittig waren Fragen rund um Finanzhilfen der reicheren Länder für die ärmeren. Die vom Klimawandel besonders gefährdeten Staaten hatten zudem ein deutliches Signal eingefordert, dass es grössere Anstrengungen im Klimaschutz braucht, um dramatische Folgen zu begrenzen.

Neben Umweltschützern hatten die kleinen Inselstaaten und andere vom Klimawandel besonders betroffenen Länder gefordert, den 1.5-Grad-Bericht zur Handlungsgrundlage der internationalen Klimapolitik zu machen. Öl-Förderländer wie die USA und Saudi-Arabien verhinderten aber ein entschiedenes Bekenntnis zu den IPCC-Befunden. Auch die geforderte verbindliche Zusage, die nationalen Klimaschutzpläne bis 2020 nachzubessern, fand keinen Eingang in den Abschlusstext.

Der nächste Uno-Klimagipfel findet in Chile statt, und zwar nach Angaben des dortigen Umweltministeriums entweder im Dezember 2019 oder Januar 2020. (sda/dpa/afp)

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