Der mit dem krebsauslösenden Bauschadstoff PCB verseuchte Nationalpark-Bach Spöl muss schnellstens gereinigt werden. Das Unterfangen wird in die Millionen gehen. Das Bündner Parlament sorgt sich, dass die Kosten an der öffentlichen Hand hängen bleiben.
PCB wurde bis in die 1980er-Jahre als Weichmacher in Lacken, Dichtungsmassen und Kunststoffen verwendet. Mittlerweile ist es weltweit verboten. Verunreinigt wurde der bekannte Bergbach im September 2016 bei Sanierungsarbeiten an der Staumauer des Livigno-Stausees oberhalb des Nationalparks. Im November wurde die Verseuchung bekannt. Seither laufen Untersuchen und erste Sanierungsversuche.
Die schwierige Dekontamination und die Kostenfrage aufs Tapet brachte die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats (GPK) am Mittwoch im Parlament in Chur. Die GPK berichtete, einen Nachtragskredit an das Amt für Umwelt in der Höhe von 600'000 Franken bewilligt zu haben.
Das Geld wird nicht zuletzt benötigt für die dringliche Reinigung der am stärksten verseuchten Stelle, einem Becken am Fuss der Staumauer. Insgesamt rechnet das Amt für Umwelt für 2017 mit Kosten von 1.4 Millionen Franken. Doch das ist nur der Anfang.
Noch nie dagewesene Sanierung
Der Spöl ist auf einer Länge von fünf Kilometern mit PCB-haltigen Sedimenten kontaminiert. Und noch weiss niemand, wie das Gift aus dem einstigen Vorzeigebach wieder heraus soll. Weder im In- noch im Ausland gab es je einen vergleichbaren Fall. Für den Spöl müssen Sanierungsmethoden erst entwickelt und in Pilotprojekten getestet werden.
Das Bündner Amt für Umwelt schätzt die weiteren Kosten auf 5.5 Millionen Franken. Im Bündner Parlament wurden nun Befürchtungen laut, die Ausgaben könnten an der öffentlichen Hand und damit letztlich am Steuerzahler hängen bleiben.
Klar ist, dass der Verursacher für die Schadensbehebung aufkommen müsste. Bloss ist die Schuldfrage bis jetzt nicht geklärt. Die Stauanlage wird von den Engadiner Kraftwerken (EKW) betrieben, diese vergaben die Sanierungsarbeiten aber an eine Baufirma. Welches Unternehmen nun zu welchem Anteil die Schuld trägt, klärt die Staatsanwaltschaft.
Versicherung deckt Umweltschäden nicht
Bis die Schuldfrage geklärt ist, muss der Kanton das Geld vorschiessen für die auflaufenden Auslagen. Doch auch danach besteht die Gefahr, dass Kosten bei der öffentlichen Hand verbleiben. Die GPK befürchtet, dass die Haftpflichtversicherung der Baufirma Umweltschäden gar nicht deckt und das Unternehmen die Ausgaben aus eigener Kraft nicht stemmen kann.
Nun soll wenigstens die Schuldfrage möglichst rasch und möglichst noch vor dem nächsten Rechnungsjahr geklärt werden. Darauf pochen GPK, Parlament und Regierung. Der Ball liegt bei der Staatsanwaltschaft. (sda)