Medikamentenpreise: Für Preisvergleich muss auch Nutzen der Medikamente geprüft werden

Medikamentenpreise: Für Preisvergleich muss auch Nutzen der Medikamente geprüft werden

07.01.2016, 13:40

Bei der Überprüfung der Medikamentenpreise muss auch der Nutzen eines Medikaments berücksichtigt werden. Die in einem neuen Bundesgerichtsurteil kritisierte Verordnung des Bundesrates ist inzwischen angepasst worden.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) darf sich bei der periodischen Überprüfung der Medikamentenpreise nicht nur auf einen Vergleich der Schweizer Preise mit den europäischen Vergleichspreisen beschränken, wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Bundesgerichtsurteil hervorgeht. Es muss auch einen therapeutischen Quervergleich anstellen, also den Nutzen eines Medikamentes berücksichtigen.

Im Fall eines Antidepressivums hatte das BAG nach einer Prüfung eine Preissenkung von rund 26 Prozent verfügt. Die Herstellerfirma reichte eine Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und bekam dort wie nun auch vom Bundesgericht Recht.

Kosten-Nutzen-Verhältnis relevant

In ihrem Urteil halten die Lausanner Richter fest, dass die Beschränkung auf einen Preisvergleich mit dem Ausland zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit die gesetzliche Vorgabe nicht erfülle. Vielmehr müsse bei der Wirtschaftlichkeit auch das Kosten-Nutzen-Verhältnis unter die Lupe genommen werden.

Aufgrund des medizinischen Fortschritts könnten gewisse Leistungen mit der Zeit überholt werden. Dies hätte zur Folge, dass ein Medikament den gesetzlichen Anforderungen der Wirtschaftlichkeit, Wirksamkeit und Zweckmässigkeit nicht mehr zu genügen vermöge und deshalb von der Spezialitätenliste gestrichen werden müsste.

Verordnung bereits angepasst

Mit dem Entscheid hat das Bundesgericht eine langjährige Forderung von Interpharma erfüllt, dem Verband forschender Pharmafirmen. Die kritisierte alleinige Abstützung auf den Auslandpreis ist in der am 1. Juni 2015 in Kraft gesetzten abgeänderten Verordnung bereits berücksichtigt worden. Der therapeutische Quervergleich wird bei der Preisfestsetzung und -überprüfung seither zu einem Drittel berücksichtigt.

Inwiefern diese Gewichtung dem Anspruch des Bundesgerichts bereits Rechnung trägt oder ob es allenfalls eine Gleichgewichtung beider Kriterien braucht, wird jetzt zu prüfen sein, wie Interpharma auf Anfrage mitteilte. Der Verband unterstütze auf jeden Fall eine rasche und konstruktive Bereinigung der Frage, denn es liege im Interesse aller Beteiligten, möglichst rasch Rechtssicherheit über das Preissystem zu erhalten.

Das BAG, dessen Beschwerde das Bundesgericht abgewiesen hat, will das Urteil genau analysieren. Es verweist darauf, dass sich der Entscheid auf die vor dem 1. Juni 2015 geltenden Verordnungen bezieht.

Die seit 1. Juni 2015 angepassten Verordnungen sehen indessen neu vor, für die Überprüfung der Aufnahmebedingungen alle drei Jahre den therapeutischen Quervergleich zu berücksichtigen. Es gelte deshalb insbesondere abzuklären, ob diese angepassten Verordnungen der Rechtsprechung des Bundesgerichts standhalten könnten, teilte das BAG mit.

(Urteil 9C_417/2015 vom 14. Dezember 2015) (sda)

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