Die palästinensische Autonomiebehörde hat am Donnerstag erste Unterlagen für Ermittlungen gegen Israel wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag übergeben.
Der palästinensische Aussenminister Riad al-Malki sagte nach Verlassen des Gerichtsgebäudes, Palästina wolle «Gerechtigkeit, keine Rache». Für die palästinensischen Opfer, Tote wie Lebende, sei das von grosser Bedeutung.
Ein Teil der Unterlagen befasst sich mit dem Vorgehen des israelischen Militärs während des Angriffs auf den Gazastreifen im Sommer des vergangenen Jahres.
Im siebenwöchigen Gazakrieg im Juli und August 2014 waren im Gazastreifen rund 2200 Palästinenser, zumeist Zivilisten, und auf israelischer Seite 67 Soldaten und sechs Zivilisten getötet worden. Hinzu kamen massive Zerstörungen insbesondere von Wohngebieten in dem Palästinensergebiet.
Im zweiten Teil des Dossiers geht es um die israelische Besatzung des Westjordanlands und Ost-Jerusalems. Wie die palästinensische Delegation in Den Haag mitteilte, ist dabei auch die Lage von Palästinensern in israelischen Gefängnissen Thema.
Die US-Regierung nannte das Vorgehen der Palästinenser gegen Israel am Donnerstag «kontraproduktiv». Ausserdem seien die Palästinenser nach Auffassung Washingtons nicht befähigt gewesen, dem ICC beizutreten, sagte der Sprecher des Nationalem Sicherheitsrats, Alistair Baskey.
Die Palästinensische Autonomiebehörde war dem ICC am 1. April ungeachtet israelischer Proteste als Teil einer diplomatischen Offensive beigetreten. Damit kann sie dem Gerichtshof Fälle vorlegen, in denen auf ihrem Territorium Verstösse gegen das Völkerstrafrecht begangen wurden.
Ihre Absicht ist es, Verfahren gegen Verantwortliche in Israel in Gang zu setzen. Die Chefanklägerin des Gerichts, Fatou Bensouda, hatte im Mai erklärt, sie erwäge Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen sowohl gegen Israel als auch gegen die Palästinenser. Israel ist nicht Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofs.
Die Zuständigkeit des Mitte 2002 gebildeten ICC ist beschränkt auf schwerste Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die seit seiner Gründung begangen wurden. Das Gericht wird nur aktiv, wenn die nationale Gerichtsbarkeit nicht fähig oder willens ist, die Strafverfolgung selbst zu garantieren.
Eine vom UNO-Menschenrechtsrat eingesetzte Untersuchungskommission war in einem am Montag in Genf vorgelegten Bericht zu dem Schluss gekommen, dass Israel und die bewaffneten Palästinensergruppen im Sommer 2014 im Gazastreifen «möglicherweise» Kriegsverbrechen begingen. (trs/sda/afp)