Vor einer Woche hat er beim Nostalgie-Rennen hier auf dem Sachsenring eine Runde gedreht. Den GP besuchte Luigi Taveri nun mit seiner Familie und seinen Enkelkindern. «Aber ich bin zum letzten Mal bei einem GP dabei.» Das tönt dramatisch und provoziert die sorgenvolle Frage nach dem Wohlbefinden. Er beruhigt: «Es geht mir sehr gut. Aber ich will selber entscheiden, wann ich zum letzten Mal einen GP vor Ort erlebe. So wie ich auch selber entschieden habe, mit dem Rennsport aufzuhören.»
Das passt zu dieser grossen Persönlichkeit. Er ist rüstig wie eh und je und man gibt ihm und seiner Frau kaum 70 Jahre. Er bestimmt selber, wann es Zeit ist. «Ich habe seit meinem Rücktritt jedes Jahr mindestens einen GP besucht. Aber jetzt ist es für mich Zeit geworden, zu Hause zu bleiben.» Er geniesse die Rennen vor dem Fernseher zusammen mit seiner Frau, die jedes Mal dazu ein köstliches Mittagsmahl bereite.
Luigi Taveri ist mit 30 GP-Siegen Schweizer Rekordhalter. 1962, 1964 und 1966 hat er für Honda die 125er-WM gewonnen. Er ist im Laufe seiner Karriere zu einer bis heute tief verehrten Rennsportlegende geworden. Als einziger Nicht-Brite hat er den Klub der Rennfahrer der Isle of Man präsidiert. Dieses Rennen will Luigi Taveri noch einmal vor Ort erleben. «Die Isle of Man ist etwas ganz Spezielles, eigentlich Unbeschreibliches. Wenn ich gesund bin, will ich 2016 nochmals dabei sein.»
1966 ist Luigi Taveri nach seinem WM-Titel zurückgetreten. Honda hatte ihm einen hochdotierten Vertrag angeboten. Taveri bedankte sich schriftlich für die Offerte und bedauerte, dass er Honda nicht mehr dienen könne. Aber es sei für ihn Zeit, aufzuhören. Firmen-Gründer Soichio Honda, mit dem Schweizer in persönlicher Freundschaft verbunden, ordnete an, Luigi Taveri den offerierten Betrag trotzdem auszahlen. Und zudem stellte ihm Honda eine Rennmaschine kostenlos zur Verfügung. Falls er doch noch Lust auf ein paar Rennen haben sollte.
Mit dem letzten GP-Besuch von Luigi Taveri ist auf dem Sachsenring eine Epoche zu Ende gegangen. Er ist der letzte jener ganz grossen Rennfahrerpersönlichkeiten, die mit den Chefs der grossen japanischen Motorradwerke in Freundschaft verbunden waren und es gibt wohl keinen anderen GP-Piloten, der über seinen Rücktritt hinaus bei Honda eine so tiefe Verehrung geniesst wie Luigi Taveri.