Resultatmässig läuft es dem FC Basel wie am Schnürchen. In der Meisterschaft ist der Liga-Krösus auf dem Weg zur erfolgreichen Titelverteidigung, der Vorsprung auf den einzigen verbliebenen Verfolger YB ist mit sieben Punkten komfortabel. Und im Cup wurde souverän der Final erreicht. Es sind Luxusprobleme, mit denen sich die Rot-Blauen gegenwärtig herumschlagen.
Eine der dringlichsten Fragen am Rheinknie ist, wie dem zurücktretenden Captain Marco Streller am Ende der Saison ein schöner Abschied beschert werden kann. Wenn sich Trainer Paulo Sousa in dieser Woche ärgerte, war es vor allem deshalb, weil sich sein Sturm-Juwel Breel Embolo eine zweifelhafte Sperre für den Cupfinal einhandelte.
Da ist beim FCZ die Liste der Sorgen wesentlich länger. Das Team von Urs Meier kommt seit Wochen nicht mehr vom Fleck. Viele Spieler rennen ihrer Top-Form hinterher, andere stehen aufgrund von hartnäckigen Verletzungen gar nicht erst zur Verfügung. Nach dem Out im Cup-Halbfinal am Dienstag gegen Sion (0:1) sprach Philippe Koch von einem «Tiefpunkt».
Meier gibt sich vor dem Klassiker in Basel dann auch zurückhaltend: «Der FCB ist ein Team, welches nach Ballgewinnen extrem schnell umschaltet und sofort die Vertikale sucht», beschreibt er die Stärken des Gegners. «Unsere Devise muss es deshalb sein, unnötige Ballverluste zu vermeiden und die Basler in Zweikämpfe zu verwickeln, damit sie nicht viel Zeit und Raum auffinden, um etwas Kreatives zu bewirken. Wir werden mutig agieren sowie alles daran setzen, unsere Torimpotenz zu beenden und ein positives Ergebnis zu erzielen.»
Die Fans machen seit der Degradierung von David da Costa gehörig Druck, obwohl die neue Nummer 1, Yanick Brecher, seinen Job bisher sehr gut erledigt. Die NZZ thematisierte in dieser Woche, ob der FCZ diese Baisse nicht besser meistern würde, wenn der Posten des Sportchefs wieder besetzt wäre.
Krisensymptome sind auch in St.Gallen zu beobachten. Der verunsicherte FCSG rutscht von einer Enttäuschung in die nächste. Im Gegensatz zum FCZ, der nicht mehr in die gegnerischen Tore trifft, ist bei den Ostschweizern das Hauptproblem in der Defensive angesiedelt.
In den letzten fünf Ernstkämpfen hat die Equipe von Jeff Saibene 15 Gegentreffer kassiert. Dass die Misere ausgerechnet heute Samstag gestoppt werden kann, ist fraglich. Denn es gastieren die Young Boys in der AFG-Arena, die in der Meisterschaft seit 13 Partien ungeschlagen sind.
YB-Trainer Uli Forte meinte vor der Reise zu seinem Ex-Klub, dass sein Verein unbedingt parat sein wolle, wenn sich Basel einen Ausrutscher erlauben sollte. Bis dato konnten die Berner noch nicht durchschlagend profitieren, als die «Bebbi» mal schwächelten. Forte warnte aber gleichzeitig vor der heutigen Aufgabe: «Angeschossene Gegner sind oft die gefährlichsten.»
Sein Antipode Jeff Saibene sehnt sich herbei, dass seine Schützlinge die zahlreichen individuellen Fehler abstellen. Angekündigt hat er, dass er bei der Nomination der Startaufstellung im Vergleich zum Cup-Out gegen Basel nicht alles auf den Kopf stellen möchte.
St.Gallen befindet sich als Fünfter mitten im harten Kampf um die Qualifikation fürs internationale Geschäft. Bei der Vergabe der Plätze für die Europa-League-Ausscheidung kündigt sich Spannung an – auch wegen einer neuen UEFA-Regel. Früher hätte sich der FC Sion nur schon dank der Cupfinal-Teilnahme über den Europacup-Einzug freuen können, jetzt aber müssen die Walliser den K.o.-Wettbewerb gewinnen, um via den Cup in der nächsten Saison international vertreten zu sein.
Bei einer Niederlage im Cupfinal vom 7. Juni müsste Sion in der Super League mindestens Fünfter werden, um im Europacup Ambitionen hegen zu dürfen. Das heisst, die Walliser müssten in der Meisterschaft in den zehn ausstehenden Runden noch zwei Positionen gutmachen. St.Gallen ist sechs Punkte entfernt.
Didier Tholot, Trainer von Sion, sagt: «Zuerst wollen wir uns aller Abstiegssorgen entledigen, erst dann schauen wir auf Rang 5.» Im Spiel vom Sonntag in Aarau kann seine Mannschaft einen grossen Schritt in Richtung Klassenerhalt machen. Gewinnt Sion beim Schlusslicht, ist der FCA um 13 Punkte distanziert.
Im Falle einer Walliser Niederlage könnte es aber noch einmal ein bisschen eng werden. Tholots Aufgabe wird es sein, in seinem Kader allzu frühe Gedanken an den Cupfinal zu verscheuchen und die ganze Konzentration auf das Tagesgeschäft zu lenken.
Aarau will erstmals unter dem neuen Trainer Raimondo Ponte punkten und den Abstand zum rettenden Ufer verkürzen. Derzeit fehlen zum Strich sechs Punkte. Für Ponte ist der Match gegen Sion speziell, hatte er doch vor einem Jahr als «Nothelfer» den Wallisern den Super-League-Verbleib gesichert, dann aber keinen neuen Vertrag von Präsident Christian Constantin erhalten. Pontes Differenzen mit dem damaligen Trainer-Assistenten Fredy Chassot waren offenbar zu gross. (pre/si)