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Schritt zu künstlichen Lebewesen: Forscher erschaffen erstmals Chromosom im Labor

Das Chromosom mit designten Stellen (Pins und weisse Markierungen) und gelöschten Sequenzen (gelb).
Das Chromosom mit designten Stellen (Pins und weisse Markierungen) und gelöschten Sequenzen (gelb).Bild: Illustration Lucy Reading-Ikkanda
Biotechnologie

Schritt zu künstlichen Lebewesen: Forscher erschaffen erstmals Chromosom im Labor

28.03.2014, 12:2928.03.2014, 13:10

Die synthetische Biologie möchte gezielt Lebewesen mit bestimmten Eigenschaften am Computer entwerfen und dann im Labor bauen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg dahin ist Forschern nun gelungen: Sie bauten ein Chromosom der Bäckerhefe nach.

Chromosomen sind jene Strukturen in Körperzellen, die die Erbinformationen – die Gene – tragen. Das Designer-Chromosom sei voll funktionsfähig, Hefezellen mit ihm unterschieden sich nicht von natürlichen Hefezellen, berichten die Forscher im Fachblatt «Science». Ziel der Methode sei es, künftig gezielt Lebewesen zu entwerfen, die bestimmte Kraftstoffe, Arzneimittel oder andere Substanzen herstellen.

Erstmals Chromosom eines Eukaryoten nachgebaut

Menschen haben 23 Chromosomen-Paare, die gewöhnliche Bäckerhefe (Saccharomyces cerevisiae) hat 16. Dank der raschen technologischen Fortschritte und der sinkenden Kosten bei der Synthese von DNA haben Wissenschaftler in den vergangenen Jahren bereits einige bakterielle Chromosomen und Erbgut von Viren im Labor nachgebaut.

Mit dem Chromosom der Hefe sei nun erstmals ein Chromosom eines sogenannten eukaryotischen Lebewesens synthetisch hergestellt worden, schreiben die Forscher. Mit dem Begriff werden höher entwickelte Lebewesen mit einem Zellkern in den Zellen zusammengefasst – etwa Pflanzen, Tiere oder Pilze.

Das Forscherteam um Jef De Boeke von der Johns Hopkins University in Baltimore (US-Staat Maryland) entfernte zunächst im Computer aus dem Chromosom III der Hefe alle überflüssigen oder sich wiederholenden Abschnitte. Sie fügten aber auch einige Erbgutbausteine hinzu, etwa als Markierung oder dazu, bestimmte Gene später zu löschen oder zu verändern.

272'000 Bausteine

Die gesamte Konstruktion dauerte sieben Jahre. Das fertige «snyIII» ist mit gut 272'000 Bausteinen etwas kleiner als sein natürliches Gegenstück. Es funktioniert allerdings offenbar genauso: Hefezellen mit dem synthetischen Chromosom unterschieden sich nicht von den rein natürlichen Vorbildern.

«Wenn man das Genom verändert, ist das ein Glücksspiel. Eine falsche Veränderung und die Zelle stirbt.»
Jef De Boeke, Johns Hopkins University

«Wenn man das Genom verändert, ist das ein Glücksspiel. Eine falsche Veränderung und die Zelle stirbt», sagte De Boeke. «Wir haben über 50'000 Veränderungen in dem Chromosom vorgenommen und unsere Hefe lebt immer noch. Das ist bemerkenswert.»

In weiteren Versuchen testeten die Wissenschaftler, welche der Gene unter bestimmten Bedingungen für das Überleben der Hefe notwendig sind. Dies gehört zu den Grundfragen beim Nachbau von Lebewesen in der synthetischen Biologie.

«Rasche Fortschritte in der synthetischen Biologie in Kombination mit den sinkenden Kosten der DNA-Synthese lassen es bald möglich erscheinen, neue eukaryotische Genome – inklusive Genome von Pflanzen und Tieren – mit synthetischen Chromosomen zu bauen», schreiben die Wissenschaftler. (dhr/sda)

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