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Novak Djokovic

Kritik an Djokovic: «Schande für Serbien» und «falscher Patriot»

Novak Djokovic wird in Serbien als «Schande» und «falscher Patriot» beschimpft

Während er in Griechenland Ferien verbringt und seine Zukunft plant, gerät der Tennisspieler in der Heimat ins Visier eines Mediums, das als Sprachrohr von Präsident Alexander Vucic gilt.
05.08.2025, 22:2905.08.2025, 22:29
Simon Häring / ch media
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epa12232516 Novak Djokovic of Serbia waves as he leaves the court after losing the Men's Singles semi-finals match against Jannik Sinner of Italy at the Wimbledon Championships, Wimbledon, Britai ...
Seit Anfang Juli hat Novak Djokovic kein Turnier mehr bestritten.Bild: keystone

Seit seiner Niederlage im Wimbledon-Habfinal vor einem Monat hat Novak Djokovic nicht mehr zum Schläger gegriffen. Zuletzt verkündete er seinen Verzicht auf die Masters-Turniere in Toronto und Cincinnati. Erst Ende August bei den US Open in New York will der 24-fache Grand-Slam-Sieger auf den Tennisplatz zurückkehren.

Und dennoch überschlagen sich die Ereignisse in seinem Leben. Anfang August wurde bekannt, dass der 38-Jährige beim FC Le Mans Anteile erworben hat. Der Fussballverein spielt derzeit in der zweithöchsten Liga.

Goldenes Visum für Djokovic

Djokovic stellt die Weichen für seine Zeit nach der Karriere, in der er sich vermehrt seiner Stiftung widmen will. Diese unterstützt bisher ausschliesslich Bildungsprojekte in Serbien. Vereinzelt gab es Spenden an Einrichtungen in Bosnien-Herzegowina wie nach den schweren  Überschwemmungen 2014.

Nun will der Tennisspieler den Radius auf der Balkanhalbinsel erweitern. Anfang Juni weilte er mehrere Tage in Griechenland, besuchte Schulen und soll ein Luxusanwesen im Ort Marousi nördlich von Athen besichtigt haben.

Damals traf er sich mit Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis und dem Geschäftsmann Petros Stathis. Dabei soll es um ein sogenanntes «Golden Visa» gegangen sein. Dieses erhalten Nicht-EU-Bürger für fünf Jahre, sofern sie für mindestens 250’000 Franken Investitionen im Land tätigen. In Novak Djokovics Fall soll es um Beteiligungen an Sportanlagen gehen.

Serbia's Novak Djokovic's father Srdjan, center, brother Djordje, right, and mother Dijana attend a press conference in Belgrade, Serbia, Monday, Jan. 10, 2022. Tennis star Novak Djokovic on ...
Turnierdirektor in Belgrad, nun in Athen: Novak Djokovics Bruder Djordje (Rechts).Bild: keystone

Belgrad Open künftig in Athen

Nun wurde bekannt: Das Belgrad Open findet in diesem Jahr nicht in Serbiens Hauptstadt statt, sondern in Athen (2. bis 8. November). 2021 hat die Familie von Novak Djokovic die Lizenz am ATP250-Turnier erworben. Sein Bruder Djordje ist Turnierdirektor. Noch Ende des letzten Jahres hatte er bekräftigt, man wolle langfristig in Belgrad bleiben.

Womöglich spielt bei der Abkehr von diesen Plänen eine Rolle, dass Djokovic in den vergangenen Monaten in Serbien wiederholt diffamiert worden war, vor allem im Boulevardblatt «Informer».

epa12232375 Novak Djokovic of Serbia reacts during the Men's Singles semi-finals match against Jannik Sinner of Italy at the Wimbledon Championships, Wimbledon, Britain, 11 July 2025. EPA/TOLGA A ...
Zielscheibe von Kritik: Novak Djokovic.Bild: keystone

Djokovic als «falscher Patriot»

Das Medium behauptet von sich, die auflagenstärkste Zeitung des Landes herauszugeben (100'000 Exemplare), und gilt als Sprachrohr des serbischen Präsidenten Aleksander Vucic und dessen konservativen Fortschrittspartei.

Nach einer Demonstration im März nannte es Djokovic eine «Schande», einen Anhänger von Gewalt und der «Farbrevolution». Als bekannt wurde, dass Djokovic mit dem Gedanken spielt, seinen Lebensmittelpunkt nach Griechenland zu verlegen, bezeichnete «Informer» ihn als «falschen Patrioten».

People attend a major anti-government rally to press their demand for an early election after nearly eight months of almost daily anti-corruption demonstrations that have shaken the populist governmen ...
Seit Monaten wird in Serbien regelmässig demonstriert.Bild: keystone

Seit Monaten Proteste gegen Vucic

Seit Monaten protestieren in Serbien Studierende und Bürger wiederholt für mehr Rechtsstaatlichkeit und fordern vehement Neuwahlen. Mit Trillerpfeifen, Schlachtrufen und Plakaten prangern sie Korruption, Machtmissbrauch und den autoritären Regierungsstil von Aleksander Vucic an. Bisher ohne Erfolg.

Auslöser der Proteste war der Einsturz eines Vordachs beim Bahnhof in der Stadt Novi Sad, bei dem 16 Menschen ums Leben kamen. Verursacht hatten es Schlamperei und Vetternwirtschaft.

Djokovics Gesten der Solidarität

Djokovic verfolgt die Geschehnisse mit grösster Sorge. Mitte Dezember schrieb er: «Ich glaube fest an die Stärke junger Menschen und ihren Wunsch nach einer besseren Zukunft. Denn ich halte es für wichtig, dass ihre Stimme gehört wird.»

Im Januar widmete er einen seiner Siege bei den Australian Open in Melbourne einer Studentin, die bei einem Protest von einer Automobilistin angefahren worden war und verletzt im Spital lag. Später teilte er auf Instagram Bilder des grössten Protests mit rund 300'000 Teilnehmenden und versah diese mit den Wörtern «Geschichte, grossartig!».

Novak Djokovic mit «Students are Champions»-Hoodie.
Bild: sc/x.com

Mit Mitsotakis zur Messe

Als Djokovic im März in Belgrad einem Basketballspiel beiwohnte, trug er einen Hoodie mit der Aufschrift «Students are Champions». Und in Wimbledon feierte er jeweils mit einer Pump-Geste. Die Geste stellt den Slogan «Pumpaj!» dar und gilt als Symbol der Proteste.

Obwohl er zuweilen medial diffamiert wird, ist Novak Djokovics Popularität in Serbien ungebrochen. Laut Umfragen wünschten sich viele Menschen, dass er bei Neuwahlen als Kandidat antritt.

Nach Wimbledon hielt sich Djokovic in Montenegro auf, danach in Kroatien. Zuletzt weilte er in Griechenland, erneut in Begleitung von Kyriakos Mitsotakis. Anfang August wohnten die beiden auf der Insel Tinos einer Messe in einer griechisch-orthodoxen Kirche bei.

Djokovic mit Griechenlands Präsident Kyriakos Mitsotakis.
Djokovic mit Griechenlands Präsident Kyriakos Mitsotakis.Bild: sc/instagram

Die Bilder von den Strandferien, die in serbischen Medien täglich abgedruckt werden, zeigen einen gut gelaunten, völlig entspannten Novak Djokovic.

Kein Wunder: In Griechenland wird er hofiert. Während ihn in Serbien ein Revolverblatt ins Visier nimmt. (bzbasel.ch)

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21 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ratchet
05.08.2025 22:50registriert Mai 2015
Wars nicht der gleiche Vucic, der damals Djokovic noch seiner Corona-Australien-Einreise-Affäre noch in Schutz nahm?
Wirklich ernst nehmen kann man diese Regierung ja nicht.
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Lil-Lil
05.08.2025 23:45registriert Februar 2021
Hätte nicht gedacht, dass ich mal noch Sympathien für Djokovic entwickle. Wenn auch eher gering.
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Tom Scherrer (1)
05.08.2025 23:00registriert Juni 2015
Die Studenten und Djokovic haben Eier, Herz und den Wunsch, die Zukunft Serbiens in faire Hände zu legen.

Sie müssen sich ja nicht dem „Westen“ zuwenden oder die komplette Revolution planen - ein guter Gegenwind ist doch schon ein guter Anfang. Sie hinterfragen Vukic, China und Ru - und auch den „Westen“ - das ist generell eine gute Idee.

Ich wünsche ihnen alles Beste und viel Glück/Erfolg.
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