«Die Marke Lancia hat keine Geschichte ausserhalb Italiens», so die Erklärung von Fiat/Chrysler-CEO Sergio Marchionne dafür, dass er die Marke abschaffen will. Einzig der Kleinwagen Lancia Ypsilon soll noch hergestellt werden, und das auch nur für den italienischen Markt.
Selbstverständlich löste diese Ankündigung einen erneuten Carmina-Burana-Chorus von Auto-Journalisten aus, die sich in kollektivem Marchionne-Bashing üben. Doch eigentlich ist dieser Marchionne weniger das personifizierte Böse, sondern vielmehr ein schlauer Geschäftsmann: Ihm ist etwa das Revival Maseratis zu verdanken, wo konsequent hochwertiges Engineering und Bauqualität mit absurd schönem Design gepaart wurden und zu den besten Verkaufszahlen seit Gründung der Firma geführt haben.
Er war es auch, der das Potential Alfa Romeos erkannte, nachdem das Image der Traditionsmarke in der Ära Agnelli im Billigsegment verschwendet wurde. Sage und schreibe fünf Milliarden Euro werden unter seiner Ägide in das Projekt gesteckt, damit Alfa erneut zu dem legendären Sportwagenhersteller werden kann, der er einst war. Der Luxus-Sportwagen 8C und der erschwinglichere 4C sind ein vielversprechender Anfang.
Ach ja, obendrein ist Marcchione daran, Fiat in den USA wieder zu lancieren, während er sich zuhause in Italien mit den berüchtigten Gewerkschaften herumschlagen muss. Kein leichtes Unterfangen. Respekt!
Doch ebendieser Marchionne will die Traditionsmarke Lancia einfach bodigen. Wegen enttäuschender Verkäufe? Ich bitte Sie! Dass die klobigen Chrysler Voyager und 300C mit aufgeklebten Lancia-Plaketten bei der Käuferschaft nicht gut ankommen, war abzusehen.
Nein, Lancia verdient ein richtiges, fettes Comeback! Eine Marke, die eine derart stolze Ahnentafel vorweisen kann, sollte problemlos in der Lage sein, begehrenswerte Autos zu kreieren.
Stichwort Rally: Der brutale Stratos, ...
... der unglaubliche 037 ...
... oder der Delta Integrale – allesamt Legenden.
Kein Wunder waren die Erwartungen hoch gesteckt, als 2008 die Neulancierung des Lancia Delta angekündigt wurde. Was herauskam, war eine durchaus schicke Frauenhandtasche. Aber nichts, das an Sandro Munari mit Gegensteuer am Anschlag erinnerte. Ein WRC-fähiger Lancia-Kleinwagen sollte doch möglich sein!
Und wie wäre es mit einem Enkel für den fiesen kleinen Lancia Fulvia? Endlich ein Einsteiger-Sportwagen, der dem Mazda MX-5 den Kampf ansagt – das wärs!
Oder im oberen Mittelsegment ein eleganter GT, der sich an das Renommee der Aurelia, Flaminia oder Flavia anlehnt!
Vielleicht befürchtet Marchionne, eine solche Modell-Palette würde allzu stark mit Maserati konkurrieren, die derzeit so erfolgreich läuft ... Doch wenn die VW-Gruppe Marken wie Seat oder Skoda neues Leben einhauchen kann – Marken die sich sehr deutlich mit dem VW-Angebot überlappen und im Vergleich zu Lancia null Renommee und keinerlei Image-Tradition mitbringen –, dann sollte Fiat dasselbe mit Lancia schaffen. Schliesslich gab es auf «Top Gear» einige Lancia-Specials. Skoda- oder Seat-Specials? Null.