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Neonglasbläser Didu Bärtschi: «Ich mache weiter, bis ich ins Gras beisse»

«Didu» Bärtschi entdeckte die Neonglasbläserei als Kind in einem Seitengässchen in Sanremo während einem Ferienaufenthalt in Italien. In Steffisburg führt der 60-Jährige das rare Handwerk in seinem At ...
«Didu» Bärtschi entdeckte die Neonglasbläserei als Kind in einem Seitengässchen in Sanremo während einem Ferienaufenthalt in Italien. In Steffisburg führt der 60-Jährige das rare Handwerk in seinem Atelier weiter.

Neonglasbläser Didu Bärtschi: «Ich mache weiter, bis ich ins Gras beisse»

Christian «Didu» Bärtschi betreibt in Steffisburg seit über 30 Jahren eine der letzten Neonglasbläsereien der Schweiz. BärnToday erzählt er, warum nur Neon den «Magic Glow» bringt, welcher Auftrag ihn besonders geprägt hat und mit welchem Gefühl er in die Zukunft blickt.
05.01.2024, 13:2205.01.2024, 13:22
Warner Nattiel, Lara Aebi / ch media
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«Für die Neonglasbläserei muss man Nerven haben. Man muss es wirklich wollen», betont Didu Bärtschi. Seit über 30 Jahren stellt er in seiner Glasbläserei in Steffisburg Neon-Lichtwerbung aus Glas her.

Der 60-Jährige ist einer der letzten in der Schweiz, die das Kunstwerk noch beherrschen. Nur noch eine Handvoll andere Neonglasbläser gebe es schweizweit, erzählt Bärtschi. «Allerdings wurden es in den letzten Jahren wieder etwas mehr, da Neon wieder mehr gehyped wird.»

Warum wieder? In den Achtzigerjahren sei Neon omnipräsent gewesen, erzählt Bärtschi. «Damals war es die Leuchtquelle, die man überall hin montiert hat. Neon war die einzige Möglichkeit, einen geformten Körper herzustellen, der Licht bringt.» Mit dem Aufkommen von LED in den Nullerjahren habe sich alles verändert.

LED beeinträchtigt Neon-Nachfrage, lässt sie aber nicht sterben

«Plötzlich konnte man LED in die Buchstaben oder Leuchtkästen einbauen. Von einem Tag auf den anderen gab es viel weniger Arbeit», erzählt Bärtschi.

Viele Neonglasbläsereien hätten deswegen aufgeben müssen. «Vorher gab es schweizweit sicher etwa 30 von uns. Jetzt sind wir vielleicht fünf.» Viele davon – auch er selbst – hätten LED aber mittlerweile in ihr Angebot eingeschlossen, erklärt der Berner. «Natürlich gibt es Einsatzgebiete, in denen LED geeigneter ist als Neon. Aber um offenen Neon kommt man fast nicht herum. Es ist wie mit Plastik und Holz: Beides funktioniert, aber es stellt nicht das gleiche dar.»

Wie überlebte Bärtschi selbst den «LED-Knick»? Er habe das Glück, gelernter Elektriker zu sein, erzählt der Neonglasbläser. «Zudem hatte ich in Interlaken zwölf Jahre lang ein Tandem-Standbein als Deltapilot. Ohne das wäre ich nicht durchgekommen.»

Highlight: Harald-Naegeli-Figur am Schiffbau Zürich

Über mangelnde Aufträge kann sich Didu Bärtschi heute nicht beklagen. Es gebe viele etablierte Firmen, die auf echtes Neon setzen würden.

«Schliesslich ist es auch ein wertiges Produkt», schmunzelt der 60-Jährige. «Neon ist dreidimensional und bringt den ‹Magic Glow› mit sich – das macht es unverkennbar.» Nicht nur Unternehmen wie Globus, Swarovski oder Cartier haben Bärtschi bereits beauftragt – auch für diverse Künstler hat er schon gearbeitet.

Ein Auftrag, der Bärtschi besonders in Erinnerung bleibt, ist die Herstellung der Strichfigur von Harald Naegeli, die seit 2019 den Eingang des Schiffbaus Zürich ziert.

«Das war mir eine riesengrosse Ehre, weil Naegeli der Sprayer der Schweiz war», so Didu Bärtschi. Er habe ihn sogar kennengelernt. «Naegeli ist ein wunderbar charismatischer Mensch. Solche sollte es mehr geben.»

Handwerk soll weitergegeben werden

Über die Neonglasbläserei sagt Bärtschi, er mache sie viel zu gerne. Auch, wenn sie eben Nerven brauche und sich nicht einfach in Wochenendkursen erlernen lasse. «Es ist wie bei einem Musikinstrument: Man muss dran bleiben und üben, üben, üben.»

Er sei auch mit Neonglasbläsern aus New York in Kontakt, erzählt der 60-Jährige. Aber dort gebe es immer weniger, die das Handwerk ausüben. Wie steht es denn um Bärtschi selbst? «Ich mache weiter, bis ich ins Gras beisse», lacht er. Unter den Berufsleuten bemühe man sich, die Neonglasbläserei nicht aussterben zu lassen und das Handwerk weiterzugeben. So glaubt auch er selbst: «Es wird schon jemand kommen, bei dem ich das Feuer in den Augen sehe.»

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