Energie Wasser Bern (ewb) und die Kraftwerke Oberhasli (KWO) sind Grossbetriebe in der Energiebranche – in beiden war Reto Nause im Verwaltungsrat. Er vertrat als städtischer Energiedirektor die Interessen der Aktionärin Stadt Bern. Das gesammelte Know-How macht sich der Mitte-Politiker nun zunutze, wenn er Ende Jahr nach 16 Jahren im Gemeinderat zurücktritt und seine Brötchen wieder anderweitig verdienen muss. «Ich bin quasi auf dem Markt», sagt er auf Anfrage.
Nun hat sich Nause ein erstes Mandat geschnappt: Er ist neuer Verwaltungsrat der Energie Grosshöchstetten AG.
«Ich wurde angefragt, ob mich ein solches Mandat interessiert – und das tut es», sagt Nause. Energiepolitik liege ihm am Herzen, und hier gehe es um lokale, greifbare Fragen der Energieversorgung. Einen Bezug zu Grosshöchstetten hatte Nause bisher nicht, ausser von gelegentlichen Ausflügen. Das sei aber kein Problem gewesen im Bewerbungsverfahren.
Die Energiewende mit dezentraler Solarproduktion und Fernwärme bringe überall Herausforderungen, sagt Nause, egal ob bei kleinen Versorgern oder bei den grossen städtischen Werken. Insofern könne die Energie Grosshöchstetten AG vom Wissen profitieren, das er in der Stadt Bern und in den Verwaltungsräten grosser Energieunternehmen gesammelt hat.
Präsidentin des Verwaltungsrats der Energie Grosshöchstetten AG ist Gemeindepräsidentin Christine Hofer. Nach teilweise erzwungenen Rücktritten bestand der VR nur noch aus Mitgliedern des Gemeinderats, was nicht optimal gewesen sei. Deshalb habe man Fachleute gesucht – und gefunden. «Wir haben einen sehr guten Eindruck von Reto Nause gewonnen», sagt Hofer.
Neben Reto Nause sind Clément Dupin und Simon Mühlheim neu im VR. Beide sind oder waren Kadermitarbeiter der BKW und bringen viel Fachwissen mit. Ende des vergangenen Jahres hatte es Streit um den geplanten Wärmeverbund «Neuhuspark» gegeben, daraufhin setzte der Gemeinderat vier von fünf VR-Mitgliedern ab und übernahm vorübergehend selber das Zepter. Der Wärmeverbund soll nun mit hoher Priorität fertiggestellt werden, dazu sei die Sanierung des Stromnetzes wichtig, um den Strom aus den privaten Photovoltaik-Anlagen aufnehmen zu können.
Nause bleibt hauptberuflich in der Politik, er ist im Herbst für die Mitte-Partei in den Nationalrat gewählt worden. Für sein Mandat als einfacher Verwaltungsrat in Grosshöchstetten erhält er 5000 Franken, sofern er an allen Sitzungen teilnimmt. Die Entlöhnung der Verwaltungsratsmitglieder wurde deutlich nach oben angepasst. Die Präsidentin erhält 12'000 Franken, der Vizepräsident 7'500.
Auf der anderen Seite ächzen die Kundinnen und Kunden unter enormen Strompreisen. «2024 kostet die Kilowattstunde 45 Rappen, das ist enorm viel», sagt Präsidentin Christine Hofer. Nur sehr wenige Gemeinden im Kanton Bern haben höhere Preise. Die Energie Grosshöchstetten AG wurde von der Strompreisexplosion im Zuge des Ukrainekriegs erwischt, der auch andere kleine Werke traf, die den Strom auf dem freien Markt beschaffen. Für die enormen Preise könne die AG allerdings nichts, der Stromeinkauf war schon vor Jahren ausgelagert worden.