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Ausschreitungen seien in Bern «nicht auszuschliessen»

Polizeikräfte stehen Jugendlichen während Ausschreitungen in Nanterre, ausserhalb von Paris, gegenüber.
Polizeikräfte stehen Jugendlichen während Ausschreitungen in Nanterre, ausserhalb von Paris, gegenüber.Bild: Keystone/AP/Christophe Ena

Ausschreitungen seien in Bern «nicht auszuschliessen»

Nach den Ausschreitungen in Frankreich nach dem Tod eines 17-Jährigen kam es am Wochenende auch in Lausanne zu Auseinandersetzungen von Jugendlichen mit der Polizei. Auch in Bern gab es in der Vergangenheit mehrere Beispiele von Polizeigewalt.
04.07.2023, 09:0804.07.2023, 09:08
Sophie Deck / ch media
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Dass die Unruhen in Frankreich und am Wochenende auch in Lausanne auf den Kanton Bern übergreifen, ist laut Einschätzung der Kantonspolizei Bern «nicht auszuschliessen». Aktuell hätten sie aber keine Hinweise darauf, informieren sie und schreiben: «Selbstverständlich beobachten wir die Lage laufend und treffen Massnahmen, wo nötig.»

Fälle von Polizeigewalt bewegten auch im Kanton Bern in der Vergangenheit die Öffentlichkeit. Hier einige Beispiele:

Die letzten beiden Fälle wurden von der Kantonspolizei hauptsächlich mit zwei Argumenten verteidigt: Auf Videos, in denen Polizisten Gewalt anwenden, sehe man meist nicht, was genau zuvor passiert sei. Und die körperliche Gewalt, die Polizisten in manchen Fällen anwenden, könne von aussen zwar brutal wirken, sei aber Teil des normalen Vorgehens.

Kantonspolizei Bern schoss 2020 ein Dutzend Mal

Der Auslöser für die Ausschreitungen in Frankreich war der Tod eines Jugendlichen, der bei einer Verkehrskontrolle erschossen wurde. 2020 wurde laut «Berner Zeitung» schweizweit zwölf Mal von der Polizei auf jemanden geschossen. Dabei starben zwei Menschen. Im Vergleich zu anderen Ländern würden Schweizer Polizisten selten zur Waffe greifen. Das bestätigt eine Auswertung der Konferenz der Kantonalen Polizeikommandantinnen und -kommandanten der Schweiz aus dem Jahr 2019, die zeigt, dass die Zahlen in den Jahren davor ähnlich waren.

Einer davon war der Fall von Martin M., der im Jahr 2020 in Adelboden von der Sondereinheit Enzian erschossen wurde. Die «Berner Zeitung» hat den Fall vergangene Woche in einer zweiteiligen Serie aufgearbeitet. Martin M. hatte sich in seinem Zimmer verschanzt und die Polizei brach die Tür auf. M. hatte eine Waffe in der Hand, die er nicht abfeuerte. Ein Polizist schoss fünf Mal auf ihn. Die Untersuchungen zum Fall wurden von der Staatsanwaltschaft zuerst eingestellt. Dagegen beschwerte sich die Familie und dem wurde stattgegeben. Seit diesem Monat laufen die Untersuchungen wieder.

Nur wenige Verurteilungen bei Anklagen wegen Amtsmissbrauchs

91 Anklagen wegen Amtsmissbrauchs gab es im Kanton Bern laut Bundesamt für Statistik in den zehn Jahren von 2012 bis 2021. 82 dieser Fälle sind aufgeklärt. In sechs davon kam es zu einer Verurteilung. Die Zahlen zu den registrierten Straftaten und den Verurteilten könne man aber nicht ohne weiteres vergleichen, warnt die Polizei. «Straftaten werden nicht immer auch im Jahr der polizeilichen Registrierung abgeurteilt.» Die Kriminalstatistik enthalte auch keine Informationen über später eingeleitete Justizverfahren, was bedeute, dass Freisprüche und Verfahrenseinstellungen nicht berücksichtigt werden.

Der Kanton Bern schuf 2015 eine Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben, die für Ermittlungen gegen Polizisten zuständig ist. Diese Abteilung arbeitet laut Kanton weniger eng mit der Polizei zusammen. Einigen, darunter auch Menschenrechtsorganisationen, reicht dieser Schritt jedoch nicht. Die fordern eine komplett unabhängige Instanz zur Klärung von Fällen von Polizeigewalt.

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