Liebe Maria
Eigentlich darf ich nicht am PC sitzen, weil ich einen Nerv eingeklemmt habe. Aber da der Daviscup gewonnen ist und mich nichts mehr vor dem TV hält, habe ich unbändige Lust, mich Ihrer Frage zuzuwenden.
Ich bin dank meiner doppelten Staatsbürgerschaft soeben zum zweiten Mal in einem Jahr Weltmeisterin geworden und gerade furchtbar stolz auf die Schweiz. Wofür wir statistisch gesehen 1300 Jahre brauchen würden, haben wir in 17 geschafft, und ach, Glücksgefühle! In diesen Momenten fühle ich mich meinem Heimatland natürlich sehr verbunden und ich bin dann auch kurz sehr stolz darauf, Schweizerin zu sein.
Aber auch in solchen Momenten vergesse ich keine Sekunde die Tatsache, dass es reiner Zufall und unendlich viel Glück ist, in der Schweiz geboren worden zu sein. Es ist kein Verdienst und schon gar kein Anrecht. Es ist einfach so passiert, wie es auch hätte passieren können, dass ich 3763 km weiter südöstlich in Syrien geboren wäre. Oder sonst wo auf der Erde, wo es nicht annähernd so privilegiert zu leben ist, wie bei uns. Mir ist diese Ungerechtigkeit jeden Tag bewusst und ich kann das System der Landesgrenzen nicht wirklich verstehen. Diese Idee, sich und seinen angeblich zustehenden Reichtum mit Mauern und Grenzen gegen weniger privilegierte Zeitgenossen abzuschotten.
Dieses Gedankengut ist in mir so stark verankert, dass ich zwar jederzeit mit einem in dieser Frage komplett andersdenkenden Menschen diskutieren und ein Bier trinken, aber niemals meine Liebe und das Bett teilen kann. Für mich ist Solidarität eine Frage der Menschlichkeit und ich könnte kein Kind mit einem Mann zeugen, dem diese abgeht.
Die Ecopop-Vorlage ist eine fremdenfeindliche Sauerei, die sich unter dem Feigenblatt des Umweltschutzes versteckt. Auch mir liegt die Natur am Herzen, aber Umweltverschmutzung hält sich – wie die Liebe übrigens auch – nicht wirklich an Landesgrenzen. Aber darum geht es bei dieser Initiative auch nicht wirklich. Es geht darum, den eigenen Reichtum möglichst mit niemandem zu teilen und sich seinen Arsch auf dem gut gehüteten Gold breit zu sitzen (um das Ansinnen einer anderen Initiative grad auch noch ins Bild zu nehmen...). Es geht hier um den nackten Egoismus und die Überheblichkeit allen anderen Menschen gegenüber, die verdammt nochmal etwas weniger Glück hatten, bei der Zuteilung der Nationalität. Ich bin in ein System hineingeboren worden und es ist meine Aufgabe, auch über den Tellerrand von diesem zu schauen.
Sie mögen es nun sehr krass finden, aber ich würde mir das mit diesem Mann wirklich nochmals gut überlegen. Es geht hier nicht nur darum, dass der Eine für die Goldreserven oder die Pauschalsteuer stimmt und der Andere dagegen. Solche Abweichungen mag eine Beziehung easy verkraften. Es geht um das prinzipielle Verständnis von Solidarität und Verantwortung.
Wie kann ein Mann, der ein Vierteljahr durch die Welt gereist ist, nur so eng und kleinherzig denken und fühlen? Haben Sie beide die ganze Zeit in Luxusressorts verbracht oder haben Sie auch mal etwas von der «anderen Welt» gesehen, die ausserhalb von Europa Realität ist?
Ich war selber mal kurz mit einem Mann zusammen, dessen Gedankengut sich in diese Richtung bewegt hat und mir hat es furchtbar auf die Libido geschlagen. Heute bin ich (Tochter eines Einwanderers) mit dem Sohn eines Einwanderers verheiratet und froh, dass ich diese Gespräche nicht mehr führen muss!
Mit bestem Gruss. Ihre Kafi.
Gerade politische Grundsatzdiskussionen sollten in einer funktionierenden Beziehung Platz finden. Wenn man einfach davon ausgeht, dass der Rest vom Umfeld 'die richtige Meinung hat' und der eine Querschläger darum verteufelt werden muss, sollte man ernsthaft über die eigene Meinungsbildung nachdenken.
Ob Kafis Libido nur von nickenden Männern gereizt wird intressiert einfach niemanden, schon gar nicht in Bezug auf diese Frage.
Dieser Kantiaufsatz mit Formulierungen wie bspw. 'dessen Gedankengut sich in diese Richtung bewegt hat' hat in solch einem Onlinemagazin einfach nichts verloren und erweckt leider den Eindruck es sei gar keine politische Diskussion nötig, sondern lediglich ein Kampf zwischen grundsätzlich Guten und grundsätzlich Bösen. Aber es wird nach wenigen Zeilen schon klar, dass Leute wie Kafi statt Argumente einfach leere, abgenutzte Worthülsen verwenden um eine moralische Überlegenheitsposition zu suggerieren.
(Einfach zu erkennen am prinzipiellen Urteilen über Andersdenkende: Wer nicht gegen Ecopop ist hat keine Ahnung von der Welt ausserhalb Europas oder denkt nicht über den Tellerrand, oder ist fremdenfeindlich oder egoistisch, kleinherzig usw. kurz: Polemisches polarisieren, keine Argumente) ... Bsp.: Wenn deine einzige Idee dazu ist, dass Ecopopverfechter ihren Reichtum nicht teilen wollen, wie erklärst du dir dann bitte, dass eines der Hauptgegenargumente die Warnung vor massivem Verlust an Wirtschaftswachstum ist?
Es ist eifach beschämend und nervtötend, immer wieder auf diese inkompetent verfassten, argumentationslosen, selbstherrlichen, naiven, möchtegern meinungsbildenden 'Artikel' zu stossen die hier offenbar ganze Seiten füllen dürfen.
Wichtiger Tip an Maria: Setze dich lieber mit deinem zukünftigen Ehemann auseinander statt deine Zeit hier zu verschwenden. Lerne diese Ecke seiner Person auch noch kennen/verstehen...nimm dabei (deinen eigenen Überzeugungen entsprechend) Einfluss darauf!
Ach und wer jetzt denkt ich nehme die Rubrik zu ernst, keine Sorge, hierher verirr ich mich nicht mehr.
Ich könnte nicht mit jemandem zusammen sein, der oder die Ja zu Ecopop stimmt, also in einer derartigen Grundsatzfrage so verschieden zu mir tickt. Aber meine Grundsätze sind mir wichtig genug, um sie alle zwei Jahre mal zu erwähnen.