Liebe Chloé
Wenn ich Ihre Frage so lese, dann schreibe ich innerlich bereits eine hübsche lange Anleitung zum Unglücklichsein. Selbstverständlich könnte man für solche Fälle auch auf den Päuli Watzlawick zurückgreifen, aber mein Wegweiser wäre selbstredend noch viel umfassender, bedeutend universeller.
Sie sehen das schon richtig. So viel Glück ist suspekt und darf unter keinen Umständen von Dauer sein. Sie sollten darum noch heute einen Eklat provozieren! Einen Tag länger in dieser unverschämten Glückseligkeit und Sie werden Ihr blaues Wunder erleben. Stehen Sie auf und setzen Sie diesem Hochgefühl ein Ende!
Wo kämen wir schliesslich hin, wenn wir alle so happy und berauscht wären, hä? Wir würden schon heute anfangen, einander ganz ohne Grund zuzulächeln oder Fussgängern ganz ohne Ampel den Vortritt lassen. Wir wären in friedvoller, weil befriedigter Laune und würden dem Kunden vor uns an der Kasse nicht mehr das Einkaufswägeli in die Achillesferse rammen, was der Mode dieses Frühlings sehr entgegenkäme, weil die entblösste Fessel angeblich das Décolleté von morgen ist, (was bei Frauen wie mir die Frage aufwirft, wo man dann mit dem Décolleté von heute hin soll).
Kurzum: Alle Menschen wären beseelt und friedfertig und es würde uns der Wunsch nach Konflikt vollkommen abgehen, wir würden vielleicht sogar vergessen, zu streiten, was früher oder später unweigerlich im Weltfrieden enden würde, was der Schweizer Wirtschaft, die bereits unter dem ach! so starken Franken zu leiden hat und um die Waffenexporte in 72 verschiedene Länder (gerne auch in solche, die sich gegenseitig bekriegen, da wollen wir mal nicht so zimperlich sein!), zittern muss, zusätzlich zusetzen würde. Selbstredend hätten dann 1000 Menschen, die tagtäglich weltweit durch Kleinkaliber-Munition der Ruag, die mit den schmissigen Slogan «together ahead», also soviel wie: «zusammen vorwärts!», sowie «partnerschaftlich für ein Leben» und einem aparten grauhaarigen Herrn wirbt, der dem ehemaligen Chefredakteur von RTL, Peter Klöppel, wie aus dem Gesicht geschnitten ähnelt, sterben müssen, etwas weniger zu zittern.
Aber das Gegenargument der Kritiker, Waffenexporte trügen nur 0,1% zur schweizerischen Wertschöpfung bei – gleich viel wie die Herstellung von Holzfenstern – ist natürlich mehr als lächerlich! Wer kauft heute noch Holzfenster, liebe Chloe? Oder haben Sie je ein Holzfenster gekauft? Na also! Denn während Holzfenster regelmässige und aufwendige Pflege benötigen, sind reine Kunststofffenster weniger anspruchsvoll. Ideal sind übrigens Fenster, die aus verschiedenen Werkstoffen bestehen und die Vorteile der Materialien intelligent vereinen: Aluplast-Fenster sind stabil und pflegeleicht, während beispielsweise Holz-Alu-Fenster eine langlebige und pflegeleichtere Alternative zu den reinen Holzfenstern darstellen. Sehen Sie diese Ausführung doch bitte als Analogie zur Unvergleichlichkeit Ihrer beiden Partner, beziehungsweise Partnerinnen, also ich meine natürlich die Tatsache, dass man eine Frau sowieso gar nie und unter gar keinen Umständen mit einem Mann vergleichen kann. Und umgekehrt auch nicht.
Wenn wir die Zukunft unseres demokratischen Staats, der das Prinzip der Neutralität als einen der wichtigsten Grundsätze der Aussenpolitik der Schweiz besagt und dieses Prinzip der Neutralität dahin gehend definiert, dass ein Staat sich nicht an bewaffneten Konflikten zwischen anderen Staaten beteiligt, dann aber ab und an ein Äuglein zudrückt, wenn eine gut gepolsterte Holzkiste mit Kriegsmaterial den Schweizer Zoll gen Kriegsgebiet verlässt, dann hat das vermutlich damit zu tun, dass diese wunderbare viel zitierte Neutralität nicht als Selbstzweck, sondern immer als ein Instrument der schweizerischen Aussen- und Sicherheitspolitik verstanden wurde und man halt dem Frieden zuliebe auch mal Fünfe grad sein lassen muss.
Was sich natürlich nicht auf Ihre Beziehung bezieht! Seien Sie also bitte vernünftig und übernehmen Sie ein Minimum an Verantwortung! Sie sehen hoffentlich selber, dass Sie mit dem Weiterführen dieser von allen geduldeten Dreiecksbeziehung zum Untergang der Schweizer Wirtschaft beitragen. Sie können mir jetzt schon schwadronieren, dass Sie keinerlei Angst haben. Aber wenn wir erst mal in einer anständigen, von Ihnen verursachten Rezession sind, dann helfen Ihnen auch keine gut isolierten Holzfenster mehr weiter.
Trotzdem mit herzlichem Gruss. Ihre Kafi.