Liebe Carolin,
Ihre Frage, sie liegt jetzt schon ein ganzes Weilchen in meiner Inbox. Ich musste erst einige Wochen mit dem Thema schwanger gehen, bevor ich endlich begriff, dass es nicht angehen kann, dass man sich als Kolumnistin zu jedem Thema ausbreitet, nur zu diesem nicht. Davor hatte ich das Gefühl, dass jeder sich schon dazu geäussert hat, dass es meine Gedanken dazu nicht auch noch braucht. Aber dann kam dieser Tag, mit dem besagten Bild und ich stand endlich auf und übernahm endlich Verantwortung.
Ich wollte, genau wie Sie, ganz direkt helfen und einer Familie ein Zimmer in meiner Wohnung anbieten. Aber mit wem ich auch telefonierte, es gab keine, die ein solches Angebot hätte nutzen können. Im Moment kommen kaum Flüchtlinge in die Schweiz. Die politischen Hürden sind zu hoch, imaginären Mauern von ausländerfeindlichen Parteien erbaut, zu dick.
Darum habe ich mich entschieden, das zu tun, was wir Schweizer am Besten können; zu spenden. Noch mehr zu spenden, als ich es eh schon tue und andere Menschen dafür zu gewinnen, es auch zu tun. Ich habe meine Community mobilisiert und sagenhafte 164 Menschen haben MSF, Unicef, Amal ou Salam Suisse oder eine vergleichbare Organisation unterstützt und mir ihre Spendennachweise geschickt. 164 Menschen haben ihr Herz und ihr Portemonnaie geöffnet und damit ein paar Menschen auf der Suche nach einer lebenswerten Zukunft eine wärmende Decke umgelegt.
Ich habe versprochen, all diese Menschen in meiner Kolumne persönlich zu verdanken. Und das will ich heute tun. Jede einzige Mail hat mein Herz berührt und mich im Glauben an ein starkes Wir gestärkt. Jede einzige Mail war mehr als nur der besagte Tropfen auf den heissen Stein. Dieses Engagement mit einer Auflistung von Namen zu würdigen, war mir darum zu wenig. Mir geht es darum aufzuzeigen, wozu wir imstande sind, wenn wir gemeinsame Sache machen. Wenn wir gemeinsam aufstehen und unsere Stimmen zu einem lauten Chor erheben.
All diesen Menschen ein Kränzli winden und beweisen, wie viel ein Schulterschluss bewirken kann! Die Künstlerin Gina Graeser hat dies mit einer Illustration getan, die es besser nicht zeigen könnte; sie hat aus dem Faden der Solidarität Flügel gewoben für ein Flüchtlingskind, welche unsere Unterstützung braucht. Sie hat aus den Herzen der 46 anonymen Spender einen Ausweg ermöglicht, wo keiner zu vermuten war. Diese Arbeit hat sie mir und uns allen geschenkt, als Zeichen des Engagements und unserer unerschütterlichen Kraft. Lasst uns die Bilder hinaustragen und erkennen, dass jeder Einzelne von uns diese Welt zu einer besseren machen kann, heute und hier!
Wir sind in der Pflicht, unser Potenzial zu nutzen und unsere Stimmen zu erheben, wo immer wir können. Wir müssen den Weg zu einer menschenwürdigen Politik ebnen, indem wir an der Urne klare Zeichen setzen und unsere Regierung an ihre humanitäre Aufgabe erinnern. Jedes deutliche Wort auf Facebook, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Jedes gesetzte Kreuz auf dem Wahlzettel eine klare Ansage nach Bern. Wir haben es in der Hand, eine gemeinsame Zukunft zu bauen, die den Kindern dieser Welt eine Heimat bietet.
Eine kürzlich gestartete Onlinepetition braucht 50'000 Menschen, die sich für einen humanitären Umgang der Schweiz mit der Flüchtlingskrise einsetzen. Lasst uns unsere Verantwortung übernehmen, im Wissen darum, dass wir im privilegiertesten und sichersten Land dieser Welt leben und es der reine Zufall ist, hier geboren worden zu sein.
Lasst uns mutig sein und Liebe wagen!
In grosser Dankbarkeit und Liebe. Ihre Kafi.