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30.08.2014, 19:14
Rafi Hazera
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Wie Sie sich im öffentlichen Verkehr korrekt verhalten.

1. Ob im Tram oder Bus: Lassen Sie die anderen Passagiere nicht vorher aussteigen, sondern drängeln Sie an Ihnen vorbei. Dies ist der effizienteste Weg für alle und beschleunigt den Ein- und Aussteige-Prozess um das doppelte. Chauffeur und andere Fahrgäste werden Ihnen für die gewonnene Zeit danken.

2. Deponieren Sie Ihre Tasche auf dem Nebensitz, auch wenn das Fahrzeug voller Mitreisender ist. Ein Extrasitz für Ihr Gepäck ist nämlich im Ticket inbegriffen. Ignorieren Sie die Hinweise von Sitzplatzsuchenden. Sollte der Störefried auf seinem Sitzwunsch beharren, sollten Sie diesem allerhöchstens mit einem verachtenden Schnauben und einem lauten «Tsk!» nachkommen.

3. Duschen Sie nicht. Nie. Duschen ist unnatürlich. Dies weiss man spätestens seit der französischen Barock-Epoche. Körpergerüche lassen sich mit einem halben Liter Parfum fast gänzlich übertönen. Dies erfreut alle Mitreisenden. Denn wenn Sie Ihr Parfum gerne riechen, tun dies alle anderen auch. Extra-Tipp: Ein dampfender Döner und Chanel N° 5 ergänzen sich olfaktorisch hervorragend.

4. Stellen Sie die Musik Ihres Mp3-Players so laut ein, dass Mitreisende Ihren guten Geschmack auch dann noch mitgeniessen können, wenn Sie Kopfhöhrer tragen. Im Zweifel entkoppeln Sie die Kopfhöhrer und lassen die Musik direkt aus dem Gerät laufen. So stellen Sie sicher, dass auch wirklich das ganze Fahrzeug von Ihrer musikalischen Überlegenheit überzeugt wird. 

5. Ist nur noch ein Sitzplatz frei und eine entgegenkommende Person signalisiert ein Interesse daran, sollten Sie sich dem Sitzplatz mit grossen, schnellen Schritten bis leichtem Jogging nähern. Grinsen Sie nach erfolgreicher Sitzplatzergatterung den unterlegenen Mitreisenden an. Machen Sie dazu das international gültige Victory-Zeichen mit Zeige- und Mittelfinger. Oder aber das andere international gültige Handzeichen, mit nur dem Mittelfinger. Es lohnt sich, den ganzen Vorgang zu Hause mehrmals zu üben. Begeben Sie sich dazu mit einem Stuhl in den längsten Raum Ihrer Wohnung. Noch besser: Sie üben im Trammuseum an realen Fahrzeugen.

6. Husten oder niesen Sie Ihrem Vordermann möglichst oft in den Nacken oder ins Gesicht. In vielen Kulturen ist dies ein Zeichen der Zuneigung und Sympathie. Nette Gespräche folgen unmittelbar. Desweiteren ist so ein kleiner Wasserspritzer bei jeder Witterung eine willkommene Erfrischung. 

7. Nur weil 7 uniformierte Männer in das Fahrzeug stürzen, heisst das noch lange nicht, dass das wirklich Kontrollöre sind. Transportunternehmens-Logo auf der Kleidung hin oder her. Bleiben Sie misstrauisch und fragen Sie jeden einzelnen lautstark nach seinem Ausweis. Ihre Mitreisenden werden Ihren autonomen Lebensstil erkennen, alle sofort ihre Jobs kündigen, um fortan ebenfalls glücklich am Bahnhof Bier zu trinken. 

8. Der Öffentliche Verkehr bietet die beste Umgebung für lautstarke Telefonate. Es ist wichtig, dass Sie Ihr unmittelbares Umfeld an Ihren Anliege teil haben lassen. Denn geteiltes Leid ist halbes Leid. Und die Bitch hätte jetzt gestern wirklich nicht das gleiche Kleid zur Party anziehen müssen, wo sie nämlich ganz genau wusste, dass Sie das auch tun.

9. Die Fahrzeit vergeht wie im Flug, wenn Sie sie dazu nutzen, Ihre Nägel zu schneiden. Auch die Verwendung von Haarspray verzaubert das Ambiente der schnöden Fahrgastzelle im Nu.

10. Wenn die Fahrt mit Ihren geplagten Füssen auf dem gegenüberliegenden Sitz für Sie bequemer ist, sollten Sie sich keinesfalls von Hygiene-Gugus und Lächerlichkeiten wie gesundem Menschenverstand aufhalten lassen.

11. Stellen Sie sich an der Haltestelle, kurz vor der Einfahrt des Fahrzeugs, maximal 3 Zentimeter vor die andere wartende Person. Ihr Windschatten wird ihr den Einstieg erleichtern und sie wird sich für den Gefallen herzlich bedanken.

12. Kratzen Sie mit einem Schlüssel Ihren Namen in die Scheibe. Damit durchbrechen Sie die Monotonie der immer gleichen Aussicht für alle Pendler und bleiben sogleich namentlich in bester Erinnerung.

Hier finden Sie Rafi Hazeras Hipsterlitheater.
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Rafi Hazera
Rafi Hazera ist Grafiker, Comedian, Zürcher und das Herrchen des Zukkihunds. Rafi ist extrem schön. Und auch weise. Das ist Allgemeinwissen. Und er hat den Text für dieses Kästli natürlich nicht selber geschrieben. Wenn ihn jemand fragt, warum sein Blog auf watson «Hipsterlitheater» heisse, obwohl er gar nicht immer über Hipster blogge, dann lacht Rafi laut und sagt der Person, dass ihm ihre Meinung völlig schnurz sei und er manchmal auch an die S-Bahn-Türe lehne, obschon dies ausdrücklich nicht erwünscht wird. So ein ungehobelter Rowdy ist er nämlich.


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Rafi erklärt dem Zukkihund die Welt. Erfolglos.
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