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Natur pur – Ferien auf dem Erlebnishof

Die Nachhalterin
Frisch vom Baum schmecken die Kirschen am besten.Bild: Jennifer Zimmermann
Nachhalterin

Natur pur – Ferien auf dem Erlebnishof

Wer sagt, dass man für Ferien weit reisen muss? Nur acht Kilometer von Zürich entfernt liegt der Demeter-Bauernhof Tüfi in Adliswil. Hier tauche ich einen Tag lang in das Landwirtschaftsleben ein, packe mit an und übernachte im Stroh. Am nächsten Tag geht’s via Tierpark Langenberg durch den Sihlwald zu den Tropfsteinhöhlen in Baar.
06.08.2021, 07:5821.06.2023, 10:06
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Contentpartnerschaft mit WWF
Dieser Blog ist eine Contentpartnerschaft mit WWF. Die Beiträge werden von der freischaffenden Journalistin Jennifer Zimmermann verfasst.

Jennifer lebt (meist) vegetarisch, duscht (zu) oft (zu) lange und wühlt zum Unbehagen mancher Familienmitglieder (fast) immer in den «Gratis zum Mitnehmen»-Kisten am Strassenrand. Als «Die Nachhalterin» schreibt sie in Zukunft für den WWF über Themen, die uns alle etwas angehen (sollten). Wer herausfinden möchte, wo er/sie in Sachen Nachhaltigkeit steht, dem sei der Footprintrechner ans Herz gelegt.

Es handelt sich nicht um bezahlten Inhalt.

Die Spatzen pfeifen von den Dächern, die Rauch- und Mehlschwalben ziehen ihre Bahnen und auf dem Tüfihof in Adliswil wird gerade das Frühstück serviert. Joghurt aus der eigenen Kuh- und Schafmilch, Müesli, frisches Brot, Käse und Kaffee. Seit 17 Jahren führen der 58-jährige Thomas Meier und seine 52-jährige Partnerin Heidi Reber den Erlebnishof Tüfi. «Alles dreht sich um den Hof. Das Leben, die Arbeit und die Verwirklichung von Idealen», sagt der ursprünglich gelernte Sozialpädagoge Meier.

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Eine Rauchschwalbe.Bild: Jennifer Zimmermann

Zu Demeter sei er zufällig gekommen. Das Spezielle daran sei unter anderem dies: «Wir führen den Hof biologisch-dynamisch. Das bedeutet nicht nur das Weglassen von Giftstoffen und künstlichen Substanzen, wie das bei einem Bio-Hof der Fall ist, sondern darüber hinaus, dass wir den Betrieb als Ganzes begreifen. Er bekommt selbst ein Wesen und hat wie ein Organismus einen substanziellen Kreislauf.» Überall würden sie versuchen, das «Wesensgemässe» zu suchen, so auch bei den Tieren. Die Kühe etwa sind, wie das bei Demeter der Standard ist, alle behornt.

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Ein Huhn kann bis zu acht Jahre alt werden. Auf dem Tüfihof werden sie nicht, wie sonst üblich, nach einem Jahr geschlachtet, wenn sie nicht mehr die volle Legeleistung erbringen.Bild: Jennifer Zimmermann

Zum Hof gehören 24 Hektar Land, 16 Pferde, 10 Milchkühe, Kälber, Milchschafe, zwei Schweine, Hühner, Bienen und eine Katze. Daran angegliedert ist ein Naturhort und zudem bietet der Tüfihof Schulklassen an, vor Ort Schule zu halten. «Der Erlebnishof Tüfi will ein Bauernhof wie im Bilderbuch sein. Ein Ort zum Schauen und Anfassen», ist auf der Webseite zu lesen.

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Auf dem Tüfihof können sich die Schweine wesensgemäss im Dreck und Schlamm suhlen.Bild: Jennifer Zimmermann

Elf Tage arbeiten, drei Tage frei

Zum Anfassen und Mithelfen werde ich heute zu genüge kommen. Ich begleite den 22-jährigen Sandro, der hier ein sechswöchiges Praktikum macht. Los geht es mit dem Abfüllen von rund 140 Litern Kuhmilch. Zuvor wurde sie schonend pasteurisiert, das heisst auf 65 Grad erhitzt und eine halbe Stunde warmgehalten. So werden Keime abgetötet, die die Milch schnell sauer werden lassen, lerne ich.

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In der Molkerei mit Haarnetz für die Hygiene.Bild: Jennifer Zimmermann

In der Molkerei, die gleich neben dem Hofladen liegt, etikettiere ich die Milchflaschen, während Sandro die Milch abfüllt und mir von seinem Alltag erzählt: «In der Regel arbeiten wir elf Tage und haben dann drei Tage frei. Der Tag beginnt um sechs Uhr morgens, unter anderem mit dem Ausmisten der Kuh- und Pferdeställe, und endet um 18.30 Uhr ebenfalls mit Ausmisten. Bei den langen Tagen bin ich jeweils froh, kann ich in der eineinhalbstündigen Mittagspause noch ein kleines Nickerchen einlegen.» Man gewöhne sich aber schnell an die langen Arbeitstage und die körperliche Arbeit.

Kirschen ernten, Schafe eintreiben, Kühe melken und eine Nacht im Stroh

Der Nachmittag wird von einem selbst gepflückten Dessert eingeläutet. Zusammen mit Sandro ernte ich in luftigen Höhen Kirschen. Diejenigen, die verhagelt wurden, wandern gleich in den Mund, der Rest wird auf dem Hofladen verkauft. Auf der Wiese unter uns spielen die Kälber, auf der Sportanlage nebenan hören ein paar Basketballspieler deutschen Hip-Hop. Wäre der nicht, man würde sich fernab aller Zivilisation wähnen.

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Sandro bei der Kirschenernte.Bild: Jennifer Zimmermann

Als Nächstes wollen die Schafe von der Weide geholt werden. «Hossa! Los .. hü, hossa!», ruft Sandro, um sie zusammenzutreiben. Als wir mit der ganzen Herde entlang der Sihl zum Hof zurückspazieren, machen einige Picknicker grosse Augen. Manche Schafe grasen noch gemütlich am Wegrand, gehen dann aber lammfromm und zielstrebig zurück zum Hof.

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Immer schön der Sihl entlang: Spaziergang zurück zum Hof.Bild: Jennifer Zimmermann

Im Kuhstall treffe ich auf den 31-jährigen Remo, der die Kühe melkt. Dies wird morgens und abends gemacht. Pro Mal gibt eine Kuh zwischen fünf und zehn Liter Milch. Remo macht die vierjährige Ausbildung zum Demeter-Landwirt und ist schon bald ein Jahr auf dem Tüfihof in Ausbildung. «Das Bauernleben ist wahnsinnig vielfältig», antwortet er auf die Frage, was ihm von all seinen Aufgaben am besten gefällt. Wie bei der Lehre üblich, wechselt er jedes Jahr den Hof. Letztes Jahr war er auf einem Winzerbetrieb, als nächstes will er zu einem Gemüsebauern.

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Remo stimuliert das Euter mit Holzwolle, damit die Milch besser fliesst. Bild: Jennifer Zimmermann
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Jede Kuh gibt pro Melkgang zwischen fünf und zehn Liter Milch.Bild: Jennifer Zimmermann

Nach einem Tag voller Eindrücke und einer Kuschelrunde mit den sehr knuddligen Schafen freue ich mich auf meine erste Nacht im Stroh. Ich krieche in den Schlafsack und bin erstaunt, wie bequem das Bett aus Stroh ist und wie gut es riecht. Von den gurrenden Tauben im Dach und lauthals quakenden Fröschen werde ich in den Schlaf gelullt.

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30 Franken inkl. Frühstück kostet die Nacht im Stroh für Erwachsene, Kinder zahlen 15 Franken.Bild: Jennifer Zimmermann

Velotour durch den Sihlwald

Am nächsten Tag geht’s weiter mit der vollen Ladung Natur. Mit dem Fahrrad radle ich via Tierpark Langeberg durch den Naturerlebnispark Sihlwald, der nur vierzig Minuten vom Tüfihof entfernt liegt.

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Ein Alpensteinbock-Baby: Zwischenhalt im Tierpark Langenberg, der gratis zugänglich ist.Bild: Jennifer Zimmermann

Der Sihlwald ist der grösste naturbelassene Buchenmischwald des Schweizer Mittellandes und wird seit dem Jahr 2000 sich selbst überlassen. Im Schneckentempo krieche ich die Kieswege entlang und bin froh, verläuft der Weg, den ich via Tobelstrasse nehme, kaum steil. Zudem sorgen die umgefallenen Bäume und Totholz für viel Abwechslung in Form von unüblichen geometrischen Gebilden.

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Naturwald Sihlwald: ein 1100 Hektar grosser Buchenwald.Bild: Jennifer Zimmermann
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Schöne Details am Wegrand.Bild: Jennifer Zimmermann

Abkühlung in den Höllgrotten Baar

Via Sihlbrugg und Lorzentobel erreiche ich die Höllgrotten in Baar. Diese Tropfsteinhöhlen liegen 22 Kilometer vom Tüfihof in Adliswil entfernt und gemäss Google Maps hätte ich für die Strecke bloss eine Stunde und zehn Minuten brauchen sollen ... nun gut, nach etwa doppelt so langer Zeit und vielen Zwischenstopps für Fotos und Essen, freue ich mich schon auf eine Abkühlung in den Höhlen. Hier herrscht nämlich eine konstante Temperatur von 10 Grad.

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Die erste Grotte wurde 1863 entdeckt; weitere Teile davon 1892 und 1902. Seit 1887 sind sie öffentlich zugänglich.Bild: Jennifer Zimmermann

Für zwölf Franken kann die Höhle selbstständig durchwandert werden (April–Oktober, 9–17 Uhr), was etwa 45 Minuten dauert. Die Rekrutenschüler, die gleich hinter mir die Höhle betreten, geben unter lautem Gegröle zum Besten, was wir von unserer Schulzeit bestimmt alle noch wissen: Stalaktiten werden die Tropfsteine genannt, die von oben nach unten wachsen, Stalagmiten heissen die Gebilde, die von unten nach oben verlaufen.

Dank den vielen Infotafeln in der Höhle lernen die Besuchenden aber noch einiges mehr. So etwa, dass die Höllgrotten weltweit einzigartig sind. Mit ihren 3000 Jahren sind sie nämlich sehr jung und bildeten sich an der Oberfläche, während andere Grotten im massiven Felsuntergrund durch unterirdisch abfliessendes Wasser während Millionen von Jahren entstanden sind.

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Detailansicht der Tropfsteingebilde.Bild: Jennifer Zimmermann

Nach einem wohlverdienten «Höllbier» radle ich an den Bahnhof Baar und nehme den Zug nach Hause. Mein Entschluss für die Sommerferien steht fest: Ich reise nicht ins Ausland und freue mich schon darauf, weitere Ausflüge in der landschaftlich vielfältigen Schweiz zu machen.

Welche Kurztrips in der Schweiz könnt ihr empfehlen? Teilt sie mit uns in den Kommentaren!

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