Corina lebt ein Leben, von dem viele nur träumen: Die 32-jährige Thurgauerin, eine langjährige Freundin meiner Schwester, hat der Schweiz den Rücken gekehrt und führt mit ihrem Freund Phil, der aus Barbados stammt, ein Surf- und Yoga-Camp. Die beiden haben an der nördlichen Pazifikküste Nicaraguas ein grosszügiges Anwesen gemietet, von dessen Terrasse aus man einen herrlichen Blick hat auf einen mehrere Kilometer langen Sandstrand.
Das paradiesische Stück Land gehörte einst einem nicaraguanischen Drogensboss. Von der zwielichtigen Vergangenheit ist jedoch nichts mehr zu spüren. Einen Wachmann mit Waffe, wie es an vielen Orten Zentralamerikas üblich ist, sucht man hier vergeblich.
Mehr noch, nicht einmal die Türen sind verriegelt. Corina: «Bei uns ist alles klein und übersichtlich. Wir haben pro Woche nur 20 bis 30 Gäste und nochmals soviel Personal. Die Gästezimmer sind deshalb genauso wenig abgeschlossen wie unser Haus, das etwas abseits steht.»
Über zwei Jahre lang funktionierte das problemlos. Vor ein paar Wochen wurde einem Gast aber das Smartphone aus dem Zimmer gestohlen. «Es war ein Schock für uns», sagt Corina. Denn weil zum Zeitpunkt des Diebstahls alle Gäste an einem Lagerfeuer sassen, kam nur das Personal infrage. «Doch wir hatten keine Ahnung, wer es war.»
Corina und ihr Freund Phil drohten mit der Polizei, um Druck auszuüben auf den unbekannten Langfinger. Weil das aber keine Wirkung zeigte, machten sie ihre Drohung wahr. «Das war ein Fehler», sagt Corina rückblickend, «denn die Polizei machte alles nur noch schlimmer!»
Das Fiasko begann damit, dass die Beamten Geld sehen wollten, um sich der Sache überhaupt anzunehmen: «Weil unser Camp so abgeschieden ist, sagten sie, dass sie nur zu uns rausfahren, wenn wir die Unkosten übernehmen.» Als die Herren in Uniform dann endlich da waren, wurde es noch schlimmer: «Die Polizisten nahmen weder Ermittlungen auf, noch befragten sie unsere Mitarbeiter. Stattdessen bestimmten sie den Erstbesten, dessen Name von einem Unbekannten geäussert worden war, als Tatverdächtigen.»
Der Unglücksrabe war ein Nicaraguaner, der im Surfcamp als «Mädchen für alles» tätig ist. Er wurde von den Polizisten auf der Stelle mitgenommen und in Untersuchungshaft gesteckt – ohne Anhörung, ohne Beweise. Corina und Phil waren schockiert. Sie versuchten, den jungen Mann freizukriegen. Doch das war nicht so einfach: «Nun verlangten die Beamten eine Kaution für die Freilassung. Zudem sollte unser Gast seine Anzeige zurückziehen – obwohl er gar nie eine offizielle Anzeige gemacht hatte.»
Weil sie keine andere Wahl hatten, erfüllten sie die Forderungen der Polizei. Ihr Mitarbeiter kam frei, doch das Intermezzo kostete sie rund 250 US-Dollar. Was für Corina jedoch noch schlimmer ist: Der bestohlene Gast musste sich mit der nicaraguanischen Polizei herumplagen, obwohl er in dieser Woche eigentlich nur Sonne, Strand und Surfen im Kopf haben wollte.
Das Smartphone ist bis heute nicht wieder aufgetaucht. Und wer es gestohlen hat, weiss ebenfalls niemand. Corina: «Vielleicht war es tatsächlich jener Angestellte, den die Polizei als Sündenbock abgestempelt hat – vielleicht aber auch nicht.»
Fest steht einzig: Falls es wieder einmal zu einem solchen Zwischenfall kommen sollte, wird es sich Corina zweimal überlegen, ob sie die Polizei anrufen soll. Und meine Freundin Lea und ich wissen jetzt, wieso die meisten unserer Fahrer in Zentralamerika nur abwinken und den Kopf schütteln, wenn wir auf die Polizei zu sprechen kommen.
Ich bin froh in einem Rechtsstaat zu leben in der die Polizei nicht korrupt ist.
Es gibt nichts schlimmeres als eine Staatsgewalt die machen kann was sie will,mit wem sie will, und wann sie will.
Da muss noch viel passieren, bis diese einem Rechtsstaat wuerdig ist.
So manche Probleme sind darin verstrickt, von der miserablen Bezahlung der Beamten (sie brauchen fast Bestechungsgelder, um zu ueberleben!) bis hin, dass sich in gewissen Laendern die Polizei noch im Geiste der vorangegangenen Diktaturen verhalten.
Es sind jedoch Bemuehungen im Gange, dieses riesige Problem etwas in vernuenftige Bahnen zu leiten.
Wie erfolgreich, das steht in den Wolken.
Schoen, dass Corina und Ihr Partner in dubio pro reo angewandt haben!