2017 – nach der Präsentation des Konzeptes des ID.Buzz am Genfer Autosalon – konnte VW nicht mehr verbergen, dass seine Ingenieure schon länger an einem Rezept für den Bulli-Nachfolger arbeiteten. Kein Wunder angesichts der Beliebtheit des Autos. Und man hatte sich eine ziemlich intelligente Marketingstrategie ausgedacht, um die neue ID-Serie nachhaltig zu etablieren. Trotzdem dauerte es dann noch bis 2022, bis der ID.Buzz schliesslich im endgültigen Design auf den Markt kam.
Effektiv beruht der ID.Buzz auf einer verlängerten Version der MEB-Plattform, die für die gesamte vollelektrische ID-Serie von Volkswagen verwendet wird. Das Batteriepack befindet sich unter dem Boden, der Motor sitzt auf der Hinterachse – nette Anspielung oder Zufall? –, und der vordere Bereich kommt ohne grössere mechanische Bauteile aus, was eine sehr vertikale Front und einen kleinen Wendekreis ermöglicht und sehr begrüssenswert ist.
Von der Grösse her wirkt der ID.Buzz sehr kastig, aber die geschwungenen Linien gleichen diesen Eindruck sofort wieder aus. Die Vorderseite macht sogar ein durchaus freundliches Gesicht. Das Fahrzeug punktet auch mit seinen Massen: Während die Länge mit 4,7 m eher durchschnittlich ist, wird bei der Breite nicht gespart: satte 2,2 m. Dazu noch 1,9 m Höhe, und Sie ziehen den Kopf ein und legen die Ohren an, um in der Tiefgarage nirgendwo anzustossen.
Im Inneren befindet sich eine ähnliche Einrichtung wie bei den anderen Modellen der Serie (ID.3, ID.4 und ID.5). Das Design ist in jedem Fall modern, wird aber nicht lange über die Qualität der Materialien hinwegtäuschen, die bei Weitem nicht dem Preis von 73 000 Franken gerecht wird, der das Fahrzeug kosten soll. Die Flugzeug-Tablets auf der Rückseite der Vordersitze sieht man sich auch lieber einfach nur an, aus Angst, dass sie uns beim Bedienen in den Händen hängen bleiben.
Auch wird der ID.Buzz seinem Familienanspruch nur wenig gerecht: Stauraum gibt es kaum, und die cleveren USB-Anschlüsse in den Türen trösten kaum darüber hinweg, dass etwa noch nicht einmal ein simples Ablagefach über dem enormen Armaturenbrett vorhanden ist. Der Innenraum selbst wiederum ist unglaublich geräumig, und der Kofferraum schluckt 1121 bis 2123 Liter Fracht.
Zu beachten ist, dass die Rückbank zwar klapp- und schiebbar ist (1/3-2/3), aber nicht entfernt werden kann. Die Modularität des ID.Buzz ist begrenzt, aber VW bietet einen Katalog an, um ihn individuell auszustatten und aus ihm den Anschein eines Vans zu machen, der bereit ist, Sie bis ans Ende der Welt zu fahren. Nachdem Sie an der Kasse waren, natürlich.
Raus ins Freie, auf in die Weite, Van Life, wie es in den sozialen Netzwerken gefeiert wird ... schön und gut … aber mit dem Bulli, nicht mit dem ID.Buzz. Es sei denn, dass die aufgereihten Säulen der Ladestationen einen ganz besonderen Charme auf Sie ausüben. Denn im ID.Buzz steckt lediglich eine 77-kWh-Batterie für ein 2,5-Tonnen-Fahrzeug, das aerodynamisch eher schwerfällig ist. Rechnen Sie trotz der angegebenen Reichweite von 422 km (WLTP) im Alltag eher mit 300 bis 350 km und sogar mit noch weniger auf Autobahnfahrten oder im Winter. Auch wenn das Schnellladen wirklich schnell ist (oft wurden 120 bis 130 kW beobachtet) und die Batterie in 30 bis 40 Minuten bis zu 80 % aufgeladen ist, zwingt die geringe Batteriekapazität zu häufigen Stopps auf langen Strecken.
Beim Fahrverhalten ist der ID.Buzz einer Limousine ziemlich ähnlich. Die Leistung ist insgesamt gut (204 PS/310 Nm). Die Wankstabilität ist solide, die Wendigkeit ordentlich. Das Batteriegewicht kommt dem zugute. Um allerdings die Auswirkungen des stolzen Gewichts auszugleichen, setzt das Fahrzeug auf eine sehr starke Dämpfung. Bei den harten Sitzen und einer Stabilität, die höher hätte ausfallen können, ist man am Ende froh, dass man häufig Stopps zum Aufladen einlegen muss, damit man sich die Beine vertreten kann ...
Der VW ID.Buzz ist eine echte Gewissensfrage. Er ist angenehm zu fahren und mehr der Minivan als der Bulli des 21. Jahrhunderts. Und das trotz seines unstrittigen Sympathiepotenzials. In vielen Punkten könnte er gelungener sein, sowohl bei der Innenausstattung als auch beim technologischen Gehalt. Ausserdem geht es hier wie bei allen Elektrofahrzeugen darum, das Modell auf die Nutzung abzustimmen, für die es vorgesehen ist. Und in dieser Hinsicht zeigt der VW ID.Buzz schnell seine Grenzen auf.
Zu guter Letzt sorgen das Tarifsystem von Volkswagen und die zwingende Notwendigkeit, in der Optionsliste nach Ausstattung zu suchen, dafür, dass der ID.Buzz schon fast unverfroren daherkommt. Mit Preisen von fast 85 000 Franken hat unser Testmodell, das weder in der Präsentation noch in der Ausstattung anmassend wirkte, Mühe im Vergleich zum VW California Ocean der Premiumklasse, der allerdings von einem Verbrennungsmotor angetrieben wird. Aber der California ist ja auch mit einer Küchenzeile, hochwertigem Mobiliar und einem aufklappbaren Alkoven für vier Schlafplätzen zum Übernachten im Freien ausgestattet und lässt sich für ein Wochenende oder im Urlaub kurzum in ein Häuschen auf Rädern verwandeln. Lifestyle oder Art de vivre? Das liegt ganz bei Ihnen.
Ich verdiene recht gut, würde mir aber niemals ein Auto für 80k kaufen.