Nach 90 Minuten hat das Herz 60 Grad Kerntemperatur.Bild: Karin Messerli
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Dies ist die letzte Folge dieses Blogs. Wir möchten uns von Herzen verabschieden.
michael lütscher, karin messerli
Leber und Nieren vom Kalb, die Kutteln vom Rind: Diese Innereien sieht man manchmal noch in der Theke einer Metzgerei. Und hin und wieder auf der Karte eines Restaurants. Aber ein Herz?
Die Frage ist rhetorisch. Selbst in Kochbüchern muss man lange suchen, bis man fündig wird. Zum Stichwort Rindsherz kommt einem Captain Beefheart, der verschrobene wie grossartige amerikanische Bluessänger und Maler, eher in den Sinn als ein kulinarisches Gericht.
Ist das Herz, der zentralste Teil eines Lebewesens, zu heilig, um verspeist zu werden? Kaum, denn die Herzen von Rindern und Schweinen werden ja an Hunde und Katzen verfüttert.
Zwei Herzen auf zwei Arten zubereitet
Das Herz ist einmalig: Organ und Muskel in einem. Der am härtesten arbeitende Muskel. Er arbeitet ja immer – vom ersten bis zum letzten Herzschlag. Bedeutet das, dass Herz besonders zäh ist? Das Filet, dieser unterbeschäftigte Muskel von der Innenseite des Rückens, ist ja so zart.
Geschmortes Rindsherz haben wir schon gegessen. Es war köstlich. Also bestellen wir beim Metzger ein ganzes Rindsherz. Und erhalten zwei Tage später zwei präsentiert. Die beiden sind aufgeschnitten, denn sie sind von den Klappen und Arterien befreit, die zu fest sind, als dass man sie essen könnte. Wir nehmen beide, das Kilogramm zu 9 Franken. So können wir Herz auf zwei Arten zubereiten.
Die watson-Grillblogger
Karin Messerli hat die Leidenschaft fürs Fleisch im Blut: Sie ist die Enkelin eines
Metzgers. Die Foodstylistin hat mehrere Kochbücher verfasst, zahlreiche Magazine und
Beilagen zum Thema Essen produziert und war lange Kochredaktorin der «Annabelle».
Michael Lütscher ist Essensredaktor bei der «Schweizer Familie» und Sachbuchautor
(«Schnee, Sonne und Stars» über die Geschichte des Wintertourismus; «Eine Stadt, ein
Verein, eine Geschichte» über den FC Zürich). Liebt das Feuer und Fleisch am Knochen.
Auf
Facebook findest du die beiden
hier.
Michael: Ein Koch aus Uruguay hat mir erklärt, wie Herz in seiner Heimat zubereitet wird: als Tatar. Oder in Streifen geschnitten und kurz bei viel Hitze grilliert.
Karin: Die Argentinier machen es auch so.
Michael: Das andere Herz grillieren wir indirekt. So stelle ich es mir jedenfalls vor. Zwei Stunden wird es wohl brauchen.
Karin: Das ist zu lang. 90 Minuten sollten reichen.
Schön sehen die beiden Herzen aus. Sehr rot. Fein strukturiert. Das Fleisch ist fettfrei, aber auf der einen Seite von einer dicken Fettschicht eingepackt. Und ja: herzförmig sieht es aus.
Ab auf den Grill mit Herz Nr. 1:
Wir binden eines der beiden aufgeschnittenen Herzen mit Küchengarn zusammen. Und legen es ohne weitere Behandlung oder Würzung auf den Rost, die Fettschicht nach oben. Darunter: eine Aluschale mit etwas Wasser drin, um das Fett und den Saft aufzufangen. Links und rechts davon glühen Briketts und Holzkohle (mit der wir das Feuer entfacht haben, die aber spätetens nach 60 Minuten verglüht). Dann kommt der Deckel auf den Kugelgrill. 180 Grad heiss soll es darin sein und bleiben; weil das Thermometer zu Beginn 200 Grad anzeigt, muss man die Sauerstoffzufuhr drosseln, also die Klappen verengen.
Weil wir keine Erfahrung im Grillieren von Herzen haben, nehmen wir für einmal das Fleischthermometer zu Hilfe. Nach 70 Minuten stecken wir es ins Herz. Um die 50 Grad zeigt es an; das ist zu wenig. Das Fleisch sollte fast, aber nicht ganz durchgebraten sein, also eine Kerntemperatur von etwa 60 Grad haben. Nach 90 Minuten ist es soweit. Der Deckel kommt weg, das Herz bekommt noch zehn Minuten Ruhe.
Noch immer ist das Fleisch rot – jetzt bordeauxrot. Das Fett hat eine gelblich-bräunliche Tönung erhalten und rundliche Formen gebildet.
Bevor wir es aufschneiden, legen wir das Herz auf die Waage. Innereien enthalten mehr Wasser als Muskelfleisch. Was gilt beim Herz? Es wiegt noch 854 Gramm – roh war es 1,154 Kilogramm schwer. Ein Gewichtsverlust von einem guten Viertel. Muskelfleisch verliert beim Erhitzen nur rund einen Fünftel seines Gewichts.
Glatte Schnittflächen, feine Struktur
Dann kommt der grosse Moment: Wir schneiden es auf. Die feine Struktur des Fleisches ist frappant. Die Schnittflächen sind glatt, nicht faserig. Die dünneren Partien des Herzens sind völlig durchgebraten, die dickeren noch rosa.
Wir sind uns einig: Dieses Fleisch schmeckt köstlich. Es erinnert mit seiner süsslichen Note an eine Kalbsleber und auch an Wild. Einmalig aber ist vor allem die Konsistenz: Es hat Biss. Zugleich ist es sehr zart, so dass man es nur wenig kauen muss. Und: Ein Genuss für sich ist das zartschmelzende Fett am Rande der Tranchen.
Die bekannte Formel des «reduce to the max» kommt einem in den Sinn: Das Herz ist wie die Essenz des Tieres. Dieses enorm dichte Fleisch, dieser intensive, fleischige Geruch.
Es folgt Teil zwei:
Vom anderen, noch rohen Herz schneiden wir Scheiben ab, etwa 1,5 Zentimeter dünn. Ein bisschen Salz drauf, auf den Rost über der Glut. Nach kaum zwei Minuten beginnt die Oberfläche zu «schwitzen»; Flüssigkeit tritt aus den Poren. Wir wenden die Stücke, bis nach weiteren ein bis zwei Minuten auch diese Seite schwitzt. Für zehn Minuten ruhen sie abseits der Glut. Dann essen wir sie.
Karin: Sie sind perfekt. Sie sind auf den Punkt gebraten. Aussen knusprig, innen rosa.
Michael: Ja. Das Erstaunlichste finde ich wiederum die Konsistenz. Man beisst das Fleisch ab, und trotzdem ist es zart.
Karin: Chimichurri wäre gut dazu.
Michael. Absolut. Besser jedenfalls als die vielen Salzflocken.
Ansonsten sind wir uns abermals einig: Die Herzsteaks sind ein Genuss. Aber noch besser ist das indirekt grillierte, ganze Herz – eine absolute Delikatesse.
Und hier das Rezept nochmals im Schnelldurchlauf
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What's on the Grill – Teil 12: Herz
Ein erstaunlich günstiger Preis für ein exklusives Stück. (Bild: Karin Messerli)
quelle: karin messerli
Passend zum Herzen: Randen auf dem Grill
Je nach Sorte, ob rund, gelb, länglich oder gestreift, schmecken Randen erdiger oder süsser. Die Zubereitung aber ist für alle gleich:
- Randen samt Schale rundherum mit Olivenöl bepinseln.
- Aufs heisse Gitter, direkt über der mittelheissen Glut (um die 200 Grad), legen.
- Unter Wenden 50 bis 60 Minuten, je nach Grösse, grillieren, bis sie gabelweich sind.
Oder aber die Randen direkt in die graue Glut der Holzkohlen legen: Asche etwas abschütteln und die Randen mit der glühenden Kohle bedecken. Dann schmecken sie am Ende so richtig smoky. Etwas auskühlen lassen, halbieren und das «Fleisch» herauslösen. Etwas zerdrücken, mit Olivenöl, Zitronensaft, Salz und Pfeffer würzen.
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What's on the Grill – Teil 12: Randen
Rote Randen vom Markt: Gleichen die nicht Herzen? (Bild: Karin Messerli)
quelle: karin messerli
Hanna findet Lara scheisse. Und Lara findet mich einen Bünzli.
Kann ja nicht so schlimm sein, dachte ich. Falsch, ich dachte sogar, dass es irgendwie auch Vorteile hat. Ständig Sex, überall, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Und das Schicksal wollte es so. Wenn man denn ans Schicksal glaubt. Was ich nicht tue. Aber nun gut.
Wird schon ein Tier getötet, damit wir es essen können, dann gebietet der Respekt vor diesem Tier, dass wir so viel als möglich davon aufessen. Mein Metzger erklärte mir, dass er bisweilen 70% der geschlachteten Tiere nicht verkaufen könne, weil die Leute nur noch ihre Filets und Plätzli wollen.