Die Arbeitswelt hat schon bessere Tage erlebt. Hotels und Fluggesellschaften kämpfen ums Überleben, Industrie und Energiekonzerne treten auf die Kostenbremse. Wer einen Job hat, versucht, ihn zu behalten. Wer ihn verloren hat, muss sich umsehen – und das über die eigene Branche hinaus.
Taucht ein passendes Jobangebot auf, heisst es: rasch bewerben! Kernstück einer Bewerbung ist das CV, auch ein Motivationsschreiben wird oft verlangt. Für Personen, die seit Jahren mit Bewerbungen nichts am Hut hatten, beginnt der Bewerbungsprozess mit einem Steilanstieg. Es fragt sich: Wie müssen diese zwei Dokumente daherkommen?
Rebecca Greter war viele Jahre im Personalwesen tätig und hat sich auf Bewerbungsunterlagen spezialisiert (siehe Infobox). Sie weiss, worauf Personalverantwortliche achten.
Frau Greter, Personalverantwortliche wenden sechs Sekunden auf, um ein CV durchzusehen. Was heisst das für Bewerbende?
Das heisst vor allem: nicht ausführlich werden. Ein Recruiter will nicht mit seitenlangen Informationen erschlagen werden. Welche meiner Leistungen sind für den Recruiter interessant? Das ist die Frage, die man sich stellen muss.
Sie schlagen einen Perspektivenwechsel vor.
Richtig. Es empfiehlt sich, aus Sicht des Recruiters zu denken und dessen Informationsbedürfnis rasch und übersichtlich zu befriedigen.
Was gehört zwingend ins CV?
Die klassischen Inhalte sind seit Jahren die gleichen: Bewerbungsfoto, Personalien, berufliche Stationen, Aus- und Weiterbildungen, sprachliche und IT-Skills – und je nach Stelle auch Angaben zu freiwilligen Tätigkeiten, speziellen Hobbys oder Interessen.
Was lässt man weg?
Heimatort, AHV-Nummer, Geburtsort, studentische Tätigkeiten von vor zig Jahren, Vereinsaktivitäten, Militärkarriere – das sind Angaben, die nur Platz rauben.
Was ist mit der Gliederung?
Eine gute Leserführung ist wesentlich. Ist man ein Sprachtalent, gehören die sprachlichen Kompetenzen auf die erste Seite. Besitzt man aktuelle und für die Stelle wichtige Weiterbildungen, auf die erste Seite damit. Die relevanten Informationen müssen also gleich am Anfang stehen und ins Auge springen.
Wie lang darf das CV sein?
Optimal sind zwei Seiten. Bei einer Bewerbung auf eine Senior-Position dürfen es auch drei sein.
Genügen Stichworte oder formuliere ich Sätze?
Das kann nicht eindeutig entschieden werden. Wenn Sätze, dann klare Aussagen machen und keine langen Sätze bilden. Am besten die Tätigkeiten mit Erfolgen verknüpfen. Bei Stichworten darauf achten, dass diese nachvollziehbar sind.
Braucht es ein Deckblatt?
Nein. Das Deckblatt ist ein Relikt aus Zeiten der Papierbewerbung. Es bietet meist keinen Mehrwert.
Wie gehe ich mit Lücken im Lebenslauf um?
Lücken im Werdegang sind keine Schande! Projektbasiertes Arbeiten nimmt immer mehr zu, befristete und unbefristete Anstellungen können sich abwechseln, und wir unternehmen gern auch mal eine Reise oder gönnen uns ein Sabbatical. Niemand steht daher unter Rechtfertigungszwang. Bei Lücken von mehreren Monaten kann jedoch transparent mitgeteilt werden, was in der Zeit gemacht wurde; sei dies eine aktive Stellensuche, sei dies eine berufliche Neuorientierung oder ein privates Projekt.
Gehören Referenzkontakte ins CV?
Nicht zwingend. Referenzen werden in der Regel erst nach dem Vorstellungsgespräch kontaktiert und können folglich im Gespräch vorgelegt werden. Der Satz «Bei Bedarf werden Referenzen gerne angegeben» gehört auf jeden Fall nicht ins CV.
Geben Sie uns noch einen absoluten Expertentipp.
Die Gestaltung des CV soll den Inhalt nicht überblenden. Wenn der Inhalt nicht zielführend vermittelt wird, bringt das schönste Layout nichts.
Oft wird ein Motivationsschreiben verlangt. Wie wichtig ist dieses Schreiben?
Das Kernstück einer Bewerbung ist und bleibt das CV. Indem man sich bewirbt, hat man seine Motivation in der Regel bereits ausgedrückt. Ein Motivationsschreiben kann also nur noch unterstreichen, was mich antreibt und was mir wichtig ist. Wenn man seine Qualifikationen im CV nicht zielführend vermittelt, wird dieses Schreiben oft gar nicht erst gelesen.
Wie beschreibe ich, was mich antreibt und mir wichtig ist? Knapp, knackig, informativ und sympathisch – und am besten verknüpft mit den Anforderungen aus der Stellenbeschreibung.
Muss ich auf meine Kompetenzen eingehen, die mich für die Stelle auszeichnen?
Man möchte mit dem Schreiben Vertrauen wecken und zeigen, dass man die richtige Person für die Stelle ist. Insofern kann man auf die eigenen Schlüsselqualifikationen eingehen. Aber – wie bereits erwähnt – durch eine konkrete Verknüpfung mit den Anforderungen. Das CV ist als Factsheet zu verstehen. Geht aus ihm etwa hervor, dass ich zwanzig Jahre Führungserfahrung mitbringe, dann kann ich im Schreiben aufführen, was mir in der Führung wichtig ist, wie ich Mitarbeitende fördere und wie ich mich selber als Führungsperson einschätze.
Wie baue ich das Motivationsschreiben auf?
Früher wurden gerne Faustregeln hierfür abgegeben. Das Resultat waren Floskelschleudern, die leider immer noch verbreitet sind. Wichtiger als der formale Aufbau ist eine offene und zugängliche Formulierung. Sie erhöht die Chance, dass das Anschreiben gelesen wird und mir sogar Pluspunkte bringt, weil ich mich als Mensch spürbar mache und sympathisch wirke.
Was verstehen Sie unter «offener und zugänglicher» Formulierung?
Vielleicht beschreibt es «authentisch und direkt» besser. Viele Ausschreibungen nutzen inzwischen eine eher informelle Sprache, etwa die Ansprache per Du. Das erleichtert es, sich nicht nur als Fachperson, sondern auch als Mensch zu positionieren.
Darf ein Motivationsschreiben länger sein als eine Seite?
Nein.
Eintrittstermin, Gehaltsvorstellung: Gehört das hinein?
Eine Gehaltsvorstellung sollte nur angegeben werden, wenn diese in der Stellenausschreibung oder von der Ansprechperson gefordert wird. Ein Eintrittstermin kann aufgeführt werden, wenn beispielsweise eine rasche Verfügbarkeit erforderlich ist und diese auch erfüllt werden kann.
Wie schliesse ich am besten ab?
Klar und schnörkellos. Auch hier gilt: keine Floskeln!
Wem empfehlen Sie, Unterstützung beim Erstellen von CV und Motivationsschreiben zu holen?
Wenige besitzen die Kernkompetenz, ein CV oder ein Motivationsschreiben zu erstellen. Diese Kompetenz ist für ihren Job absolut ohne Bedeutung. Daher ist es in Ordnung, sich Unterstützung zu holen. Kommt hinzu, dass es Aussenstehenden oft leichter fällt, zu entscheiden, welche Inhalte relevant sind und welche nicht. Auch die Gefahr von zu viel Extravaganz und von fragwürdigem Design kann durch das Vier-Augen-Prinzip oder durch die Befragung eines Experten verhindert werden.
Gibt es Websites oder Bücher zum Thema, die Sie empfehlen?
Es gibt unzählige Websites und Bücher dazu. Sie bieten ähnliche Ratschläge, trotzdem lassen sie die Bewerbenden oft ratlos zurück. Mein Tipp: Fast jeder kennt eine Person, die selbst in der Rekrutierung tätig ist oder die eine andere Person kennt, die in diesem Bereich arbeitet. Es lohnt sich, diesen Kontakt zu nutzen, um die eigenen Unterlagen prüfen zu lassen oder ein Feedback einzuholen.
Bei mir würde ich etwa 3-4 Minuten schätzen, wenn ich die Arbeitszeugnisse auch noch miteinbeziehe... So viel Zeit schuldet man doch einem Bewerber, mindestens...