Blogs
Yonnihof

Shut the fuck up!

Bild
Bild: shutterstock
Yonnihof

Shut the fuck up!

Worüber ein Teil von uns zu schweigen hat, aber nicht sollte...
06.08.2014, 12:0007.08.2014, 13:32
Mehr «Blogs»

Über gewisse Themen spricht man nicht. Wer das definiert hat und wer «man» ist, ist dabei nicht wirklich klar und irgendwie auch nicht wichtig. Lohn, bzw. Geld allgemein, Psychotherapie und alles aus dem Genitalbereich ist hier bei uns in der schönen Schweiz Spitzenreiter in der Psssssst-Kategorie. 

Neben diesen Themen, über welche gemäss Schweizer Understatement-und-Prüderie-Kodex generell nicht geredet werden darf, gibt es nun aber auch Fragen, bei denen nur ein Teil der Bevölkerung mitreden darf und der Rest gefälligst den Rand zu halten hat. 

Hier meine persönlichen Top 3 der Shut-the-fuck-up-Liste: 

1. Kinderlose über Kinder

Ich als Kinderlose darf zwar babysitten und Gotti sein, aber bhüet mi de Hüehnervogel, sollte ich mich erdreisten, einen kritischen Kommentar über die schoggiverschmierten Hoffnungsträger der Nation abzugeben. Nein. Solange ich keinen kleinen Erdenbürger aus mir rausgequetscht habe, weiss ich «imfall eifach überhaupt nöd, wie das isch» und «wart’s nur ab, bis du mal Mueter bisch». Selbstverständlich weiss ich nicht, wie das ist – aber ich denke auch, dass mein Begriff vom Kinderhaben (und auch der vieler anderer Kinderloser) nicht so weit von der Realität entfernt liegt, wie viele Eltern das denken. Ich habe grössten Respekt allen Eltern gegenüber und Kinder grosszuziehen ist ein Fulltime-Job. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht auch mal was sagen darf, wenn der kleine Johannes-Sebastian mir um fünf Uhr abends (by the way: am Feierabend meines Fulltime-Jobs) im Supermarkt zum zehnten Mal das Wägeli von hinten in die Achillessehne rammt. Er ist nur ein Kind. Ja, das ist richtig. Und Kinder brauchen Freiraum und Entfaltungsmöglichkeiten. Bin ich völlig mit einverstanden. Nur glaube ich auch, dass diese Grenzen haben sollten – und dass auch ich als Kinderlose solche Grenzen einfordern darf, ohne ein Unmensch zu sein. 

2. Männer über Gleichberechtigung

Ich bin sehr emanzipiert. Von klein auf wurde ich so erzogen, dass Buben und Mädchen von ihren Rechten her genau gleich sind, dass ich alles machen und alles werden kann, was ich will. Ich weiss, dass das ein grosses Privileg ist, welches bei weitem nicht jedes Mädchen geniessen durfte. 

Frauenrechte waren und sind ein ungeheurer Kampf und ich glaube, dass sich Männer dadurch für eine ganze Generation von Frauen zu einer Art Feindbild entwickelt haben (z.T. durchaus zurecht). Ich sage nicht, dass es keine Männer mehr gibt, die Frauen unterdrücken und benachteiligen wollen (das ist ein Charakterproblem und es gibt genauso viele charakterschwache Frauen). 

Es gibt aber auch viele Männer, die völlig okay sind mit der Gleichberechtigung. Und dann gibt’s solche, die auch mitreden wollen, vielleicht auch ab und an mal kritisch sind und die ihre Seite der Geschichte mit einbringen wollen. Die Emanzipation hatte auch für die Männer Folgen. Ganz generell. Man verlangte auf einmal mehr Einfühlungsvermögen von ihnen, dass sie auch auf die Kinder schauten – Dinge, die sie schlicht nicht gelernt hatten. RECHT SO!, mag man sagen. Stimmt auch, aber das alles war – auch ganz neutral betrachtet – für die Männer eine grosse Umstellung. Völlig unabhängig davon, ob sie damit einverstanden waren oder nicht. 

Und trotzdem wird ihnen oft sofort der Mund verboten, wenn sie sich mit einbringen wollen. Ich selber bin der Meinung, dass Gleichberechtigung nur dann stattfinden kann, wenn beide Geschlechter bei deren Umsetzung auch wirklich gleich berechtigt sind. Frauen sind zwar gesetzlich noch immer im Hintertreffen (und das ist nach wie vor ein Skandal), aber was die Mitsprache in Gleichberechtigungsfragen angeht, sind es in meinen Augen die Männer – und das finde ich schade. 

3. Alle über den Nahostkonflikt

Mehr zum Thema

Ja, jetzt komme auch ich noch mit diesem Thema. Weil es mich, ganz ehrlich, komplett überfordert. Ich lese und lese und lese und versuche mir, ein Bild zu machen. Und überall sind Meinungen (voll okay), die dann von anderen auseinander genommen werden (irgendwie auch okay) und schlussendlich kann man hier eigentlich denken und machen, was man will, es ist immer falsch. 

Bild

Und so habe ich mich am Ende einfach gar nicht geäussert.

Denn: Wer (im Rahmen) israelkritisch ist, ist Antisemit, wer die Palästinenser kritisiert, unterdrückt eine Minderheit, wer neutral zu bleiben versucht, ist eine Polit-Pussy, wer findet, dass «da unten» Hopfen und Malz verloren ist, ist ein/e Ignorant/in, wer die schlimmen Bilder anschaut, schadet den Opfern, wer sie nicht sehen will, ist ein Feigling... und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass wir so sehr damit beschäftigt sind herauszufinden, durch welche Brille wir dieses Thema betrachten sollen, dass wir teilweise fast vergessen, dass es einfach eine fucking Tragödie ist, dass jedes einzelne verlorene Menschenleben eine himmeltraurige Verschwendung ist und dass ein Konflikt, der bereits 66 Jahre andauert, in seinem menschlichen Elend von uns wahrscheinlich nie wird begriffen werden können. 

Yonni Meyer
Sie gilt als Schweizer Facebook-Phänomen: Yonni Meyer schreibt als Pony M. über ihre Alltagsbeobachtungen – direkt und scharfzüngig. Tausende Fans lesen mittlerweile jeden ihrer Beiträge. Bei watson schreibt die Reiterin ohne Pony – aber nicht weniger unverblümt.
Pony M. auf Facebook

Yonni Meyer online
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
9
Mercedes-Benz G 580 mit EQ Technologie – alles im Übermass
Bald ist sie da: Die seit mehreren Jahren versprochene und erwartete elektrische G-Klasse. Wie ihre Grösse ist auch ihr Datenblatt überdimensional. Eine Betrachtung des neuen Fahrzeugs.

Oha! Sie wird nicht EQG heissen, wie es fast alle erwartet haben, sondern «G 580 mit EQ-Technologie». Ein langer Name, der eher an eine Rakete als an ein Auto erinnert. Er zeigt aber auch, dass die elektrische G-Klasse tatsächlich zur G-Familie gehört und einfach den elektrischen Antrieb – in einer eigenen Architektur – übernimmt, ohne auch nur einen Funken der Abenteurerqualitäten zu verlieren, für die sie bekannt ist.

Zur Story