Apple lässt externe Firmen Gespräche auswerten, die die Sprachassistentin Siri via iPhone, Apple Watch oder HomePod aufgezeichnet hat. Einer dieser Auftragnehmer sagte der britischen Zeitung «Guardian», darunter seien «zahllose Aufnahmen von privaten Unterhaltungen zwischen Ärzten und Patienten, Geschäftsverhandlungen, offenbar kriminellen Vorgängen und sexuellen Begebenheiten». Die Sprachaufzeichnungen würden zusammen mit Standortdaten der Nutzer sowie Kontakt- und App-Daten übermittelt.
Apple bestätigte den Bericht des «Guardian» indirekt und versuchte gleichzeitig zu beschwichtigen: Weniger als ein Prozent der Siri-Aufnahmen würden von Menschen analysiert. Man wolle so primär die Diktierfunktion verbessern. Im Weiteren würden die Apple-IDs der Nutzer nicht mit ihren Siri-Anfragen verknüpft. Mitarbeiter der Auftragnehmer, welche die Gespräche analysieren, sagen jedoch, manche Nutzer seien durchaus identifizierbar.
Viele der aufgezeichneten Aufnahmen entstehen offenbar unabsichtlich, zum Beispiel, weil jemand etwas sagt, das so ähnlich wie «Hey Siri» klingt. Unbeabsichtigte Aufzeichnungen sollen besonders oft bei der Apple Watch und dem HomePod vorkommen. Der Informant wandte sich an den «Guardian», weil Apple seine Nutzer nicht explizit informiere, dass absichtliche und unabsichtliche Siri-Aufnahmen von Menschen mitgehört werden können.
Bereits vor einigen Monaten wurde publik, dass auch bei Amazon und Google ein kleiner Teil der Sprachaufnahmen via Alexa bzw. Google Assistant von Menschen nachträglich angehört und analysiert wird, um die Assistenten zu verbessern.
Überraschend sei «der Rückgriff auf menschliche Mitarbeiter indes nicht», schreibt Spiegel Online. Auch wenn die virtuellen Assistenten als künstliche Intelligenzen betrachtet würden, könnten sie etwa neue Dialekte nicht selbständig erkennen.
Apple, Amazon und Google schreiben zwar im Kleingedruckten, dass Aufnahmen ihrer Sprachassistenten ausgewertet werden können, aber nicht, wie das im Detail abläuft. Man könnte auch sagen: Die grossen Techkonzerne lassen die User bewusst im Dunkeln. Nun fliegt ihnen ihre Verschleierungstaktik um die Ohren. Denn: Solche Vorkommnisse sind das Gegenteil des seit Anfang 2019 von Apple verbreiteten Werbeslogans: «Was auf Ihrem Telefon passiert, bleibt auf Ihrem Telefon.»
Bleibt die Frage: Wer hat noch Lust, Siri, Alexa oder irgend einen anderen Sprachassistenten zu nutzen?
(oli)