Update: Facebook versucht laut Business Insider mit einem internen Memo, die erzürnten Mitarbeiter zu besänftigen. «Wir arbeiten eng mit Apple zusammen, um unsere wichtigsten internen Apps sofort wieder zu aktivieren.»
Die Story:
Apple hat am Mittwoch mit einer drastischen Massnahme auf die Enthüllungen zu Facebooks umstrittener «Research»-App reagiert. Der Facebook-Konzern könne ab sofort keine internen iOS-Apps mehr an die Mitarbeiter oder andere Personen verteilen, Apple habe die entsprechenden digitalen Zertifikate blockiert, berichtete The Verge.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Der «Shutdown» betrifft nicht die im App Store verfügbaren Apps. Aber:
Eine nicht namentlich genannte Quelle, die mit der Situation vertraut sei, verriet dem US-Techblog, dass Vorab-Versionen von Facebook, Instagram, Messenger und anderen in Entwicklung befindlichen Apps nicht mehr funktionierten.
Betroffen seien auch Apps, die Facebook-Angestellte nur innerhalb des Unternehmens verwenden, zum Beispiel für den Transport oder das Essen in Mitarbeiterkantinen.
Facebook behandle dies intern als «kritisches Problem», da die betroffenen Apps nicht mehr auf den Geräten der Mitarbeiter (iPhones, iPads und Macs) funktionieren.
Es sehe so aus, als ob Facebook nicht der einzige Konzern sei, der das System von Apple missbrauche, berichtete Tech Crunch am Mittwochabend. Auch Google habe eine App an den App-Store-Kontrollen vorbei auf die Geräte von Usern ausgeliefert, die nicht zum Unternehmen gehören.
Google lasse auf iPhones eine App namens Screenwise Meter laufen, die eine starke Ähnlichkeit mit der von Facebook vertriebenen «Research»-App aufweise. Also mit der Anwendung, die inzwischen von Apple blockiert wurde.
Ursprünglich sei Screenwise für User ab 13 Jahren zugänglich gewesen, genau wie Facebooks Research-App. Mittlerweile müsse bei Google der Hauptnutzer 18 sein – es könnten sich aber minderjährige Familienmitglieder beteiligen.
Wie Facebook locke auch Google Freiwillige mit finanziellen Anreizen. Sie sollten eine VPN-App installieren, um die Überwachung und Auswertung des Datenverkehrs zu ermöglichen. Als Belohnung für die Teilnahme an dem Online-Marktforschungsprogramm winkten Gutscheinkarten.
Obwohl Google transparenter sei als Facebook, was die Funktionsweise der Datensammel-App betreffe, verstosse es immer noch gegen Apples Richtlinien, so Tech Crunch.
Ein Apple-Sprecher hatte zuvor erklärt, dass das Unternehmen keinerlei Verstösse dulden werde.
Tech Crunch hatte in der Nacht auf Mittwoch publik gemacht, dass Facebook das Developer Enterprise Program von Apple missbräuchlich verwendete, um auf den iPhones von jugendlichen Usern eine «Research»-App zu installieren.
Gegen ein monatliches Entgelt von 20 Dollar ermöglichten Teenager dem Konzern mit dem Installieren einer VPN-App umfassenden Zugriff. Die Research-App konnte die gesamten Online-Aktivitäten an Facebook übermitteln, inklusive Unterhaltungen in Chat-Diensten, verschickte Fotos, Adressen besuchter Websites sowie den Aufenthaltsort. Und auch die Einkäufe bei Amazon sollten die Probanden preisgeben.
Die für das Tracking verwendete iOS-App verstösst gegen die Datenschutz-Richtlinien, die Apple 2018 verschärfte.
Apples Developer Enterprise Programm ist dafür gedacht, dass Organisationen und Dritt-Entwickler Apps einem begrenzten Nutzerkreis ausserhalb des App Stores zugänglich machen können. Diese sogenannten «Unternehmens-Apps» sind nur für den internen Gebrauch gedacht, etwa zu Testzwecken, wenn es darum geht, Beta-Versionen zu testen.
Weil sich Facebook nicht an diese Bestimmung hielt, widerrief Apple die digitalen Zertifikate, die überhaupt erst ermöglichen, dass solche Apps auf iOS-Geräten laufen.
The Verge erklärt:
Zwischen Facebook und Apple war es schon 2018 zu Spannungen gekommen. Apples Konzernchef Tim Cook kritisierte Facebook-Chef Mark Zuckerberg öffentlich nach Bekanntwerden des Datenskandals um Cambridge Analytica. Es brauche eine gesetzliche Regulierung für Facebook.
Facebook hatte es zunächst in Stellungnahmen so klingen lassen, als würde es die umstrittene iPhone-App freiwillig deaktivieren. Für Android will man die App weiterhin betreiben.
Bislang nicht geäussert hat sich der Konzern, ob man gegen die Bestimmungen zum Apple Developer Enterprise Program verstossen hat. Hingegen wird betont, dass das Marktforschungsprogramm mit den Teenagern bereits seit 2016 und in korrektem Rahmen verlaufen sei. Die Minderjährigen hätten nur mit dem Einverständnis der Eltern mitgemacht.
Das US-Medium Recode erinnert daran, dass Facebook auf Apple angewiesen sei, um seine Apps (Instagram, WhatsApp etc.) an iPhone-User auf der ganzen Welt auszuliefern.
Es sei unwahrscheinlich, dass Apple Facebook, Instagram oder WhatsApp aus dem App Store lösche, schreibt Recode. Es werde aber interessant sein, zu beobachten, ob Apple versuche, Facebook noch auf andere Weise zu bestrafen.
Das Gleiche könnte schon bald für Google und dessen ebenfalls sehr populäre iOS-Apps gelten.
Weiterführende Dokumente: