Die Sicherheitsfirma Hold Security hat einen Scoop gelandet: 1,2 Milliarden Passwörter und Nutzernamen sollen russische Kriminelle erbeutet haben, meldet das Unternehmen. Doch Details zu dem digitalen Raubzug sind bisher kaum bekannt. Wichtig wäre zum Beispiel zu wissen, wer überhaupt betroffen ist, wie alt die Daten sind, ob die Passwörter im Klartext vorliegen oder verschlüsselt sind.
Nur so viel: Von 420'000 Websites soll das Material stammen, unter anderem betrieben von grossen Unternehmen. Eine Sicherheitslücke in Datenbankabfragen soll schuld sein. Statt wichtiger Details findet man auf der Website von Hold Security Werbung für einen «Breach Notification Service». Seitenbetreiber sollen gegen eine Jahresgebühr von 120 Dollar erfahren, ob ihre Seiten verwundbar und ihre Nutzer vom Diebstahl betroffen sind.
Gegenüber «Forbes» sprach Firmenchef Alex Holden von einem «symbolischen Preis». Schliesslich müsse seine Firma zunächst verifizieren, dass den Seitenbetreibern, die sich für den kostenpflichtigen Service anmelden, diese auch tatsächlich gehörten.
Kashmir Hill von «Forbes» kritisiert nun, wie der Milliarden-Hack an die Öffentlichkeit gelangt ist. Die «New York Times», die zuerst von dem Diebstahl berichtet hatte, hätte einen Hinweis auf die Profitabsichten der Sicherheitsfirma geben sollen. Es gebe in diesem Fall eine ziemlich direkte Verbindung zwischen Panikmache und der Absicht, Geld zu verdienen.
Einzelnen Nutzern will die Firma in den kommenden 60 Tagen einen «Identity Protection Service» anbieten. Wer eine Voranmeldung für den Dienst ausfüllt, soll auch mitgeteilt bekommen, ob er von dem Diebstahl betroffen ist. Die Voranmeldung sei «kostenlos» und «ohne Verpflichtung», heisst es. Man darf davon ausgehen, dass der künftige «Service» kostenpflichtig wird.
Natürlich müssen Sicherheitsfirmen Geld verdienen. Aber die Art und Weise, wie in diesem Fall Betreiber von Webseiten zur Kasse gebeten werden und Nutzer zu einer Voranmeldung für ein Produkt gedrängt werden, sorgt nicht nur bei «Forbes» für Skepsis: Hier wird versucht, mit der Angst ein Geschäft zu machen.
«Du bist gehackt worden», heisst der Blogeintrag auf der Webseite von Hold Security. Ob von angeblich russischen Kriminellen oder vom geschickten Marketing einer Sicherheitsfirma, wird sich erst noch herausstellen. (ore)