Vor zwei Monaten habe ich dem Zürcher Entwicklerstudio Gbanga einen Besuch abgestattet. Damals steckte die Sammelaktion auf der Crowfunding-Plattform Indiegogo noch in den Startlöchern. Nun hat die Kampagne geendet. Rund 10’000 US-Dollar sind zusammengekommen – fast 50’000 weniger als gefordert. Für den Kopf der Firma, Matthias Sala, kein Grund aufzugeben.
«Wir sind stolz auf unsere 106 Funders (Unterstützer des Projekts, Anm. d. R.), die uns mit ihrem finanziellen Engagement bestärken, das Projekt weiter voranzutreiben. Jetzt dauert es einfach etwas länger». Da man nun gezwungen ist, auch andere Aufträge anzunehmen, um sich über Wasser zu halten, verschiebt sich der Veröffentlichungstermin von August auf Oktober.
Den Grund für das Scheitern der Kampagne sieht Sala primär beim geforderten Betrag. «Wir haben gemerkt, dass vergleichbare Projekte nur einen Bruchteil verlangen.» Die kritische Masse habe wohl ebenfalls gefehlt, meint der Kopf der Firma. «Vielleicht war auch das Video zu kompliziert und die Leute haben unser Konzept nicht verstanden oder sie fanden das Spiel einfach Mist», spekuliert Sala mit einem Grinsen.
Was immer es war, nun muss Gbanga mit rund 15 Prozent der gefordertem Investitionssumme auskommen. Dank Flexible Funding darf das Studio das Geld trotz des Scheiterns der Kampagne behalten.
Während die Sammelaktion lief, ist man bei Gbanga nicht auf der faulen Haut gelegen. Die Kampagne habe wahnsinnig viel zu tun gegeben: täglich Updates posten, Flyers und kurze Filmchen erstellen, dazu kam die ganze Social-Media-Arbeit. «Man unterschätzt den Aufwand, dabei ist allein Social Media ein 100-Prozent-Job. Daneben kommt man fast zu nichts mehr», sagt Sala.
Zwischen Tweets und Facebook-Einträgen gelang es dem Team doch noch zwei drei Dinge zu erledigen. Beispielsweise ist es im Openworld-Mafia-Game nun möglich, in Autos zu steigen und herumzufahren. Neue Texturen wurden geschaffen und Wasser eingebaut. «Das klingt immer so bizarr, wenn man das sagt», schmunzelt Sala.
Insgesamt sei viel Detailarbeit betrieben worden. Ausserdem musste eine Demo-Version für die Entwicklermesse GDC in San Francisco erstellt werden, die im März stattgefunden hat.
Zusammen mit anderen Schweizer Studios war Gbanga in San Francisco, um sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und Publishern ihr Projekt vorzustellen. Das Feedback zur gezeigten Demo sei im Grossen und Ganzen positiv ausgefallen, meint Sala. «Die meisten fanden es cool und waren beeindruckt, dass sich ein so kleines Team wie wir an ein MMO wagt». MMO steht für Massive Multiplayer Online und beschreibt Multiplayer-Games, die von zahlreichen Spielern gleichzeitig gespielt werden.
Kritik sei aber auch zu vernehmen gewesen. «Besonders kritisch sind andere Entwickler», sagt Sala. «Die sind selbst Gamer und fangen gleich an rumzunörgeln: das kennt man schon aus diesem Spiel und das hier könnte noch verbessert werden». Insgesamt habe er sich aber über die Rückmeldungen gefreut. Dafür hat sich an der GDC abgezeichnet, dass «Famiglia» noch einiges an Arbeit braucht.
Was Gbanga oft zu hören bekam, war, dass das Spiel zu kompliziert sei. Daher ist man vom ursprünglichen Plan, die Welt detailgetreu nachzubilden, wieder abgerückt. «In den nächsten paar Wochen vereinfachen wir die Welt und schaffen neue 3-D-Modelle. Wir testen übertriebende Proportionen mit kleineren Gebäuden. Das sieht dann aus wie im Swissminiatur», erklärt Sala. Die realitätsgetreue Nachbildung ist etwas, das viele Entwickler zu Gunsten des Spielerlebnisses opfern.
Auch wegen der verpatzten Kampagne will man viele Aspekte des Spiels neu überdenken. Die Minigames, die man als Gangster spielen musste, um neue Fähigkeiten zu erlernen, könnten beispielsweise automatisiert werden. Dabei gilt es immer wieder abzuwägen, ob neue Mechaniken oder Anpassungen nicht von gewieften Gamern ausgenutzt werden können, um sich unfaire Vorteile im Spiel zu verschaffen.
Parallel dazu muss das Studio konstant an der Vermarktung arbeiten. «Wir sind mit verschiedenen Publishern im regelmässigen Austausch». Eine neue Webseite soll den bestehenden und kommenden Supportern als Plattform dienen, für News, Filme und Bilder rund um den Entwicklungsprozess. Auf der Seite wird es auch eine Möglichkeit geben, Geld zu spenden. Ein Paypal-Knopf soll Nachzügler und Neuankömmlinge zur Kasse locken.
Fazit: Es waren ereignisreiche zwei Monate für Gbanga. Nun wird sich zeigen, ob das erhaltene Feedback fruchtet und die geplanten Änderungen zum erhofften Resultat führen.
Teil 1 von «So entsteht ein Videospiel» finden Sie hier.