Google versucht mit der Datenbrille Glass einen Neuanfang. Der Verkauf der ersten Version an Verbraucher werde eingestellt, zugleich solle das Projekt in einem eigenständigen Bereich aber fortgeführt werden, erklärte das Unternehmen am Donnerstag. Die Leitung des neuen Geschäftsbereichs soll Tony Fadell übernehmen, der sich damit noch stärker zum Hardware-Boss des Internetkonzerns entwickelt.
Der ehemalige Apple-Manager, der unter anderem massgeblich an der Entwicklung der iPods beteiligt war, kam vor einem Jahr zu Google, als der Konzern für über drei Milliarden Dollar die von ihm mitgegründete Firma Nest übernahm.
Das Unternehmen wurde durch ihre via Internet vernetzten Thermostate bekannt. Mittlerweile entwickelt Nest sich mit Kooperationen und Übernahmen zum Mittelpunkt der Google-Pläne zur Vernetzung von Alltagstechnik.
Google hatte Glass – die Computerbrille mit Kamera, Internet-Anschluss und einem kleinen Bildschirm über dem rechten Auge – im Frühjahr 2012 medienwirksam vorgestellt. In der Öffentlichkeit stiess Google Glass vor allem aus Sorge um die Privatsphäre auf Ablehnung. Viel Kritik kam aus Europa.
Träger einer Google Glass bezogen aber auch in San Francisco Prügel. Zudem kämpfte die erste Version sogar nach einer Modifizierung mit kurzen Batterielaufzeiten und wurde im Betrieb zu warm.
Das Projekt war bisher beim Forschungslabor Google X angesiedelt, das viel Aufmerksamkeit von Mitgründer Sergey Brin bekommt. Er hatte die Brille auf der Entwicklermesse Google I/O im Juni 2012 vorgestellt und galt als treibende Kraft hinter Glass.
Zuletzt zeichnete sich jedoch ab, dass das Interesse von Software-Entwicklern, Programme für die Datenbrille zu schreiben, mit dem ausbleibenden breiten Marktstart nachliess.
Im Zuge des nun auslaufenden «Explorer»-Programms haben schätzungsweise einige Zehntausend Testnutzer vor allem in den USA die Brille für rund 1500 Dollar gekauft. Die Kooperationen mit Unternehmen und Software-Entwicklern sollen weitergehen, hiess es.
Google vermarktete Glass zuletzt stärker als Werkzeug für spezialisierte Aufgaben am Arbeitsplatz. In Deutschland laufen zum Beispiel Projekte in der Autobranche. Darüber hinaus wurden am Donnerstag zunächst keine konkreten Pläne zur Zukunft von Glass bekannt.
Für dieses Jahr wird mit einer neuen Version gerechnet – Ankündigungen dazu gab es aber bisher nicht. Man werde zukünftige Varianten zu sehen bekommen, «wenn sie fertig sind», hiess es in einem Eintrag beim Online-Netzwerk Google Plus.
Die bisherige Glass-Projektleiterin Ivy Ross solle die operative Führung der Sparte behalten, werde aber Fadell unterstehen, hiess es. Möglicherweise ist es eine Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise, Test-Nutzern ein noch weitgehend unfertiges Produkt in die Hand zu geben, statt es erst intern zur Marktreife zu führen. Die ersten Versuche mit Glass hätten gezeigt, was für Verbraucher und Unternehmen wichtig sei, sagte Fadell dem Technologie-Blog The Verge.
(mak/dpa)