Digital
Google

Funktioniert dieser Google-Maps-Trick? So täuscht man angeblich Stau vor

Ein Mann, ein Karren. Allein auf der Strasse – weil Google Maps den anderen Verkehrsteilnehmern einen vermeintlichen Stau anzeigt?
Ein Mann, ein Karren. Allein auf der Strasse – weil Google Maps den anderen Verkehrsteilnehmern einen vermeintlichen Stau anzeigt?bild: simon weckert

So einfach fabriziert man auf Google Maps (angeblich) einen Verkehrsstau

Ein deutscher Künstler demonstriert mit einem Handkarren und 99 Smartphones, wie man angeblich den Verkehrsfluss manipulieren kann.
03.02.2020, 16:0804.02.2020, 13:36
Mehr «Digital»

Ein Berliner Künstler sorgt seit dem Wochenende mit 99 Smartphones für Aufregung. Diese legte er in einen kleinen Anhänger und marschierte damit langsam durch eine Nebenstrasse der deutschen Hauptstadt. Hier erfährst du das Wichtigste zum Projekt #googlemapshacks.

Was ist das für ein Google-Maps-Hack?

Die Idee klingt bestechend; Man gaukelt Google Maps vor, dass sich eine grössere Anzahl Smartphone-User nur im Schritt-Tempo auf einer Strasse bewegen. Dann nimmt der Karten- und Navigationsdienst an, dass dort ein Stau herrsche, und leitet andere Verkehrsteilnehmer um, so dass man am Ort des angeblichen Staus allein auf der Strasse ist.

Dazu nehme man einen Handkarren und lege 99 Handys (nicht im Flugmodus, mit Verbindung zu Google) rein. Dann zieht man den Karren durch eine Stadt und kann beim Kartendienst mitverfolgen, wie sich der Strassenabschnitt, auf dem man sich bewegt, in Echtzeit rot färbt = Stau.

Wer hat's ausprobiert?

Angeblich ein deutscher Kunstschaffender, der mit seiner Aktion in Europa und Übersee für Schlagzeilen sorgt.

Simon Weckert beschreibt sich selbst bei Twitter als «Künstler aus Berlin mit dem Schwerpunkt in der digitalen Welt – mit allem, was mit Code und Elektronik zu tun hat, unter der Reflexion aktueller gesellschaftlicher Aspekte».

Seine ungewöhnliche Aktion im (sehenswerten) Video:

Die Idee sei ihm auf einer Demonstration gekommen, als er einen Blick auf Google Maps geworfen habe.

Sein Beschrieb des «Google-Maps-Hacks»:

«99 Smartphones werden in einem Handkarren transportiert, um einen virtuellen Stau in Google Maps zu erzeugen. Durch diese Aktivität ist es möglich, eine grüne Strasse rot zu machen, was sich in der physischen Welt auswirkt, indem die Autos auf einer anderen Route navigieren, um nicht im Stau stecken zu bleiben.»

Nach Publikwerden der Aktion werden bei Twitter auch Zweifel geäussert, ob das überhaupt funktioniere. Sicher ist: Wer die modernen Kartendienste kontrolliert, hat viel Macht. Im Prinzip können die Betreiber solcher Online-Dienste das Nutzerverhalten beeinflussen und manipulieren. Die Bewegungsdaten sind zudem (in Massen) wertvoll und können zu verschiedensten Zwecken ausgewertet werden.

Der Aktionskünstler zitiert den deutschen Architekten und Designer Moritz Ahlert:

«Mit seinen Geo-Tools hat Google eine Plattform geschaffen, die es Nutzern und Unternehmen ermöglicht, auf neuartige Weise mit Karten zu interagieren. Das bedeutet, dass Machtfragen im Diskurs der Kartographie neu formuliert werden müssen. Doch in welchem Verhältnis stehen die Kunst des Ermöglichens und die Techniken der Überwachung, Kontrolle und Regulierung in den Karten von Google?»

Funktioniert das wirklich?

Warum soll Googles künstliche Intelligenz, bzw. Navigations- und Kartensoftware, 99 Smartphones, die praktisch am gleichen Ort sind und sich langsam vorwärts bewegen, für motorisierte Verkehrsteilnehmer halten?

Bei Twitter melden sich skeptische Stimmen, die bezweifeln, dass #googlemapshacks funktioniere.

Ein User vermutet, Google würde erkennen, wenn sich 99 Smartphones am gleichen Punkt befinden (und sich im Fussgängertempo in die genau gleiche Richtung bewegen), und dann würden die entsprechenden Signale herausgefiltert.

Der mit angeblich 99 Smartphones gefüllte Handkarren:

Bild
bild: simon weckert

Der Künstler betont in einem Interview, dass er für sein Projekt nur Android-Smartphones verwendet habe.

«So wie bei jedem anderen Android-Smartphone auch uploaden wir unsere Daten, meist unbewusst. In meinem Fall ist die Geolocation der Daten von Interesse, die über drei Verfahren ermittelt werden können. WiFi, GPS und Mobile Data (Triangulations-Berechnung). Somit ist es möglich, den Standort zu ermitteln.»

Bei Google Maps könne man sogar sehen, ob eine Ampel funktioniere. Um bei seinem Experiment die Strasse wirklich «komplett rot» zu bekommen, habe er ein bis zwei Stunden an jeder Stelle verbracht und sei mit seinem Karren «wie ein voll beladener Reisebus» hin und her gefahren.

Hoffentlich ergreife Google Massnahmen, um so etwas in Zukunft zu verhindern, kommentiert der US-Techblog 9to5Google, da dies «wahrscheinlich von jemandem mit den richtigen Ressourcen missbraucht werden könnte».

Ganz sicher nicht funktionieren würde der Trick auf einer vielbefahrenen Strasse, weil Google dann von anderen Smartphones, bzw. Usern, widersprüchliche Signale erhielte.

Wie reagiert Google?

Google hat watson auf Anfrage folgende allgemeine Stellungnahme zukommen lassen:

«Google ist bestrebt, möglichst umfassende, genaue und benutzerfreundliche Karten bereitzustellen. Verkehrsinformationen stammen aus verschiedenen Quellen, darunter aggregierte und anonymisierte Daten von Personen, die Standortdienste aktiviert haben, und Beiträgen von der Google-Maps-Community. Verkehrsdaten werden kontinuierlich aktualisiert und wir veröffentlichen Ergebnisse nur, wenn wir ein hohes Mass an Vertrauen in ihre Richtigkeit haben.»
Matthias Meyer, Google Schweiz

Etwas später wurde ergänzt:

«Ob mit dem Auto, mit dem Karren oder mit dem Kamel, wir freuen uns über die kreative Verwendung von Google Maps, da wir dadurch die Funktionsweise von Karten im Laufe der Zeit verbessern können.»
Funktioniert dieser angebliche Google-Maps-Hack?

Quellen

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die 21 besten Krimis bei Google Street View
1 / 23
Die 21 besten Krimis bei Google Street View
Auch Superhelden brauchen mal ein Päuschen.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Zuviel am Handy? Dr. Watson weiss, woran du leidest
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
52 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Raffaele Merminod
03.02.2020 16:22registriert Februar 2014
"Hoffentlich ergreife Google Massnahmen, um so etwas in Zukunft zu verhindern" ???
Ja denn in Zukunft besitzt jeder 99 Handys und hat genug Zeit um so was zu machen ...

Egal, ich finde diese Art von Kunst jedenfalls lustig :-)
45519
Melden
Zum Kommentar
avatar
Silverstone
03.02.2020 16:27registriert März 2014
Das hab ich per Zufall vor ein zwei Jahren selber live erlebt!
Und zwar hat mir Google Maps auf einem Streckenabschnitt einen Stau angezeigt, auf welchem in Tat und Wahrheit dann aber nur ein sehr grosser Fahrradverkehr zu sehen war.
Ich ging damals schon davon aus, dass Google die Bewegungsprofile fehlinterpretierte...
Könnte man als Fluchtwagenfahrer sehr gut brauchen ;)
1936
Melden
Zum Kommentar
avatar
AfterEightUmViertelVorAchtEsser___________________
03.02.2020 16:42registriert August 2017
The Italian Job 3.0 😉
363
Melden
Zum Kommentar
52
Julian Assange darf hoffen: USA wollen Einstellung der Strafverfolgung prüfen
Hoffnung für den Wikileaks-Gründer Julian Assange: Die USA prüfen, ob sie das Strafverfahren gegen ihn einstellen wollen.

Ihm wird Geheimnisverrat in grossen Umfang vorgeworfen. Seine Anhänger feiern ihn als eine Art digitalen Robin Hood. Die US-Strafbehörden sehen Wikileaks-Gründer Julian Assange als Verräter und forderten bislang von Grossbritannien seine Auslieferung. Doch das könnte sich ändern. Die USA wollen nach Worten von US-Präsident Joe Biden ein australisches Ersuchen prüfen, die Strafverfolgung des inhaftierten Wikileaks-Gründers einzustellen. «Wir prüfen es», antwortete Biden am Mittwoch im Weissen Haus auf eine entsprechende Frage. Indes plädierte Wikileaks-Chefredakteur Kristinn Hrafnsson in London für eine «politische Lösung» in dem Fall. Dort protestierten Assanges Anhänger anlässlich des fünften Jahrestags seiner Festnahme in Grossbritannien.

Zur Story