19 Uhr im Stübli des «Karl der Grosse»: Eine Sängerin, eine Ärztin, ein Schreiner und eine Journalistin schütteln sich das erste Mal die Hand – eine Kleinst-Auswahl von 15 Millionen Menschen, die die Quizduell-App auf ihrem Handy installiert haben.
Quizduell spielt die Smartphone-Generation, wenn die Alten finden, dass diese jungen Egomanen im Zug nicht mehr miteinander sprechen, sondern nur noch auf ihr Handy starren. Quizduell spielen sogar die skeptischen Social-Media-Nutzer, weil das Spiel legitimiert wird durch eine althergebrachte Dualität: Die Wissens-App kürt den Schlausten und straft den Dummen.
In Rubriken wie «Draussen im Grünen», «Im Labor», «Die 2000er», oder «Glauben & Religion» fragt die App Allgemeinwissen ab. Mit diesem Rezept hat sie einen Siegeszug durch die Appstores angetreten: Trotz kilometerweiter Entfernung macht sie es möglich, dass Freunde sich miteinander messen und sich Revanche um Revanche bieten, nur um herauszufinden: Wer von uns beiden ist der Schlauere? Sogar die ARD hat diesen Reiz erkannt und will Quizduell ins Fernsehen bringen – bisher erfolglos.
Einmal im Monat, am Mittwochabend im «Karl der Grosse» fällt diese Kilometer-Barriere. Beim «Quizduell from Hell» sitzen sich echte Menschen gegenüber. Die Smartphones bleiben dennoch auf dem Tisch. Verbunden durch das Internet beginnt der Kampf ums Wissen.
Die Ärztin, das «himmlschaf», geht konzentriert ans Werk. Der Schreiner «Hobbypiraarrr» spielt zum ersten Mal und wähnt sich trotzdem schon siegessicher. Die Sängerin ist schon etwas angetrunken. Drei Runden spielt jeder gegen jeden. Dann gibt's Verlierer und Gewinner-Finals. Wie lautet das chemische Zeichen von Zink? Wann Wurde Ban Ki-moon Generalsekretär der Vereinten Nationen? Woraus werden Königsberger Klopse gemacht? Wird «Hobbypirraarr» gerade immer attraktiver? Woher weiss der den ganzen Kram?
Was denken wohl die Leute am Nebentisch, wenn vier junge Menschen sich schweigend über Smartphones gebeugt gegenüber sitzen und sich zwischendurch über Zink oder den höchsten Gott im Hinduismus unterhalten?
Das Kulturzentrum «Karl der Grosse» bringt an diesem Abend die Welten zusammen: Reale soziale Interaktion verbunden durch Web 2.0. Wo hätten sich die Ärztin, die Sängerin, der Schreiner und die Journalistin sonst gemeinsam an einen Tisch gesetzt? Es ist die vollendete Integration des Smartphones in unser Leben. Hier ist man kein Asozialer, weil man auf dem Handy tippt, hier ist man Teil der Gruppe, weil man es tut.
Am Ende gewinnt «Hobbypiraarrr». Der Schreiner holt die meisten Punkte. Die Ärztin geht als zweite aus dem Rennen. Die Siegerehrung wird grosszügig mit Bier übergossen. «Hobbypiraarrr» entpuppt sich als Geografie-Student auf dem zweiten Bildungsweg, «himmlschaf» weiss Geschichten aus dem Geburtssaal und die Sängerin sinniert über die aussergewöhnlichen Bedingungen dieser Zusammenkunft.
Doch so ungewöhnlich war dieses Treffen gar nicht: Weder schlechter noch besser als ein Lotto-Abend und eigentlich die perfekte Single-Börse: Niederschwellige Kontaktmöglichkeiten über das Spiel, unterstützt durch das Smartphone, unseren ständigen Begleiter.
Quizduell from Hell Vol. III: Am 10. Juni 2014 um 19 Uhr im «Karl der Grosse» in Zürich.