Seit dem frühen Montagmorgen sind im Iran landesweit Tankstellen von einem Softwareproblem betroffen, das offenbar durch einen Hackerangriff ausgelöst wurde.
Die technische Störung habe sich unter anderem auf das Bezahlsystem an Zapfsäulen ausgewirkt. An rund 70 Prozent der Tankstellen in dem Land mit knapp 90 Millionen Einwohnern sei die Arbeit dadurch eingeschränkt.
Bei Telegram und X (Twitter) bekannte sich eine pro-israelische Gruppierung zu der Cyberattacke und nahm Bezug auf Irans Unterstützung der israelfeindlichen Terrororganisation Hamas sowie der Hisbollah-Miliz im Libanon:
Und an die Adresse des politischen und religiösen Oberhauptes des Iran, Ali Chamenei, gerichtet, hiess es:
Weiter erklärten die Hacker, dass sie noch viel mehr Schaden hätten anrichten können.
Irans Regierung hat seinen Erzfeind Israel für einen mutmasslichen Hackerangriff auf Tankstellen verantwortlich gemacht: «Der zionistische Feind und Amerika wollten aufgrund ihres Scheiterns in anderen Bereichen unser Volk auf diese Weise herausfordern und belasten», sagte Ölminister Dschawad Odschi laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna.
Präsident Ebrahim Raisi beauftragte Odschi, das Problem unverzüglich zu lösen und der Ursache nachzugehen. Die Öffentlichkeit müsse angemessen und rechtzeitig informiert werden, hiess es in einer Mitteilung des Präsidialamts.
Auch die auf Wirtschaftsnachrichten spezialisierte iranische Agentur Ilna berichtete über einen israelischen Hackerangriff als mögliche Ursache für die Störung. Experten arbeiteten an einer schnellen Behebung der Probleme, hiess es in einer Erklärung der staatlichen Raffineriegesellschaft (NIORDC). In der Stellungnahme war die Rede von einer Verschwörung durch Irans Feinde.
Das ist nicht öffentlich bekannt.
Die israelische Zeitung «The Times of Israel» hat am Montag berichtet, dass eine pro-israelische Hackergruppe mit dem Namen «Gondscheschk-e Darande» (räuberischer Sperling) den Angriff für sich reklamiere.
Wie Recherchen von watson zeigen, finden sich beim Messenger-Dienst Telegram und bei X mehrere Postings einer entsprechenden Gruppierung. Die anonym bleibenden Urheber haben auch Screenshots veröffentlicht, die belegen sollen, dass sie in fremde Rechner eingedrungen sind.
Die pro-israelische Hackergruppe hat auch schon früher gegen Ziele im Iran zugeschlagen und bei Cyberattacken angeblich sogar physischen Schaden angerichtet.
Im Juni 2022 bekannte sie sich zu Cyberangriffen auf mehrere iranische Stahlwerke im Vormonat. Ein von der Gruppe geteiltes Video mit dem Datumsstempel vom 27. Juni zeigte angeblich die Beschädigung von Anlagen und einen anschliessenden Brand, der von Feuerwehrleuten bekämpft wurde.
Schon damals betonten die mutmasslichen Angreifer, sie hätten die Cyberattacke sorgfältig durchgeführt, um unschuldige Personen nicht zu gefährden. Die angegriffenen Unternehmen würden internationalen Sanktionen unterliegen und hätten ihre Geschäftstätigkeit trotzdem fortgeführt.
Ebenfalls im Juli 2022 veröffentlichte die Gruppe fast 20 Gigabyte an gestohlenen Daten mit Unternehmensdokumenten, die die Zugehörigkeit der Werke zu den Islamischen Revolutionsgarden belegen sollten. Die entsprechenden Postings waren auf Englisch und auf Persisch gehalten.
Dieselbe Gruppe bekannte sich auch zu einem «Wiper»-Malware-Angriff auf das iranische Eisenbahnsystem im Juli 2021. Diese Attacke führte Berichten zufolge zu weitreichenden Zugverspätungen und -ausfällen im islamistischen Land.
Bei der Cyberattacke wurde auf den Bildschirmen der Zugfahrpläne eine Nachricht angezeigt, in der verärgerte Passagiere aufgefordert wurden, sich mit Beschwerden an das Büro des Obersten Führers des Iran zu wenden.
Bei einem weiteren Angriff auf den staatlichen iranischen Dienst, der den Kauf von Benzin subventioniert, wurde im Oktober 2021 eine ähnliche Nachricht an den Zapfsäulen angezeigt. Dies veranlasste Beobachter zu der Annahme, dass die Angriffe darauf abzielten, die iranische Regierung im Rahmen einer Vergeltungsaktion zu destabilisieren.
Das ist nicht bekannt.
Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim, die der einflussreichen Revolutionsgarde (IRGC) nahe steht, dementierte Sorgen über einen möglichen Preisanstieg oder Knappheit an Kraftstoffen. Das Problem an den Zapfsäulen sei technisch, hiess es in einem Post auf Telegram.
Benzin wird im Iran staatlich stark subventioniert. Vor vier Jahren hatten hohe Benzinpreise ausgehend von der Arbeiterschicht eine Welle an Protesten ausgelöst, die der Staat gewaltsam niederschlagen liess.
Mit Material der Nachrichtenagentur Keystone-SDA