Die aus der Querdenker-Szene hervorgegangene Partei «dieBasis» ist gehackt worden: Die Gruppe Anonymous ist offenbar an die Daten aller Mitglieder gelangt. «dieBasis hat ein Problem: uns», erklärt das Hackerkollektiv. Die Daten sind offenbar echt. Der deutsche watson-Medienpartner t-online hat Einblick bekommen und Stichproben prüfen können. Anonymous kündigte weitere Veröffentlichungen und Auswertungen an. Es ist aber nicht damit zu rechnen, dass Anonymous die Daten einfacher Mitglieder veröffentlicht.
Der Datensatz gibt unter anderem Aufschluss über Name, E-Mail-Adresse, Anschrift, Kontodaten, Telefonnummer und Funktion der mehr als 10'000 Mitglieder. Auch Beitritts- und Geburtsdatum und Höhe des Mitgliederbeitrags gehen daraus hervor. Es finden sich auch Informationen zu vorherigen oder zusätzlichen Mitgliedschaften in anderen Parteien.
Zum Beleg gab die Gruppe in einem Text Beispiele zu Daten prominenter Mitglieder. So veröffentlichte die Gruppe ein Foto des Hauses, in dem «Querdenker»-Anwalt Markus Haintz wohnt.
Welcher prominente Querdenker wohnt in einer 1,1 Mio Euro teuren Villa mit 11 Zimmern und diesem schicken Badezimmer und bettelt trotzdem um Spenden? Auflösung heute ab 20 Uhr #leaks #querdenken #optinfoil pic.twitter.com/s1BPBD9e5I
— Anonymous Germany 🏴☠️ (@AnonNewsDE) April 18, 2021
Von Anwalt Rainer Fuellmich, der eine angeblich milliardenschwere Schadenersatzklage wegen der PCR-Tests angekündigt und dafür über eine Million von leichtgläubigen Menschen eingesammelt hat, veröffentlicht die Gruppe, dass er nur den Mindestbeitrag von 3 Euro monatlich zahlt.
Der Vorstand der Basis hat eine Anfrage von t-online zunächst noch nicht beantwortet. Bereits in der Nacht gab es aber eine kurze Information an Mitglieder. In Telegram-Gruppen der «Basis» fand sich die offenbar kopierte Nachricht: «Wir wurden heute ausgespäht und über vermutlich gestohlene Zugangsdaten wurden umfangreiche Informationen aus unserer Mitgliederverwaltung durch ein Programm abgegriffen», heisst es dort. Die Polizei sei informiert. In Chat-Gruppen reagierten Mitglieder entsetzt.
«dieBasis» war zur Landtagswahl in Baden-Württemberg angetreten und hatte dort sehr knapp die Ein-Prozent-Grenze verfehlt, die den Zugang zu staatlicher Parteienfinanzierung eröffnet. «dieBasis» ist ein Sammelbecken für Menschen, die die Gefahr des Coronavirus für überschätzt und die Massnahmen für übertrieben halten. Sie bemüht sich aber, breiter aufgestellt zu sein und sich als Partei für «Freiheit», «Machtbegrenzung», «Achtsamkeit» und «Schwarmintelligenz» nicht den Anschein einer reinen Corona-Partei zu geben.
Das Hackerkollektiv teilte t-online über Twitter-Direktnachrichten mit, es seien keine Zugangsdaten gestohlen worden. Die Mitgliederdaten seien bei «dieBasis» unverschlüsselt abrufbar gewesen. «Strafanzeige steht ihnen frei, aber am Ende sind sie schon selbst schuld, es war nicht verschlüsselt.» Bei dem Vorgehen dürfte es sich dennoch um strafbares Ausspähen von Daten handeln. Das Hackerkollektiv nimmt sich dieses Recht, wenn es in Gruppierungen demokratiefeindliche oder verschwörungsideologische Bestrebungen sieht.
Mit der sogenannten Brute-Force-Methode hatten die Aktivisten Adressen mit möglichen Ordnernamen für Abfragen durchprobiert und Rückmeldungen erhalten, welche Ordner dann auch existieren. «Viele Ordner waren für alle lesbar, ohne Passwort-Abfrage.»
Bevor DieBasis-Partei mit "Die Daten wurden kompliziert geklaut" oder "Geklaut durch Unterwanderung" kommt: Nein!
— Anonymous Kollektiv (@AnonKollektiv) April 19, 2021
Sie lagen frei im Netz.
Alles was mit ihrer Software bearbeitet wurde, lag danach temporär in einem Open Directory für X Stunden zum Download (kein pwd usw). pic.twitter.com/McQ4qlsBaU
Anonymous lud die Dokumente demnach herunter. Automatisiert seien alle 30 Minuten Dateien heruntergeladen worden, weil das Herunterladen auf einen Schlag wegen der Datenmenge hätte auffallen können. Offenbar gab es sogar einen Hinweis: Am 13. April twitterte Anonymous ein Bild einer Katze, die die Geste für «ich sehe dich» macht.
Anonymous ist im Rahmen seiner OpTinfoil («Operation Aluhut») in den vergangenen Monaten schon mehrfach gegen «Querdenker» und deren Umfeld vorgegangen. So war bereits die Seite der Vorgängerpartei «Widerstand2020» nicht mehr erreichbar, und Anonymous hatte vorgeführt, dass die angebliche Mitgliederzahl nicht echt war. Die Gruppe veröffentlichte aber auch tiefergehende Recherchen zu Akteuren der Szene.
Anonymous ging im Rahmen der OpTinfoil auch gegen den rechtsextremen Verschwörungserzähler Attila Hildmann oder den Schweizer Sektenführer Ivo Sasek vor, der versucht von der Corona-Pandemie zu profitieren.
Nach der aktuellen Spähaktion schreibt Anonynmous nun offenbar mit den erbeuteten Adressen die Basis-Mitglieder selbst auch an, um über die Aktion zu informieren. Dort heisst es: «Weil deine Partei lieber den Umsturz des Systems plant, als sich um deine Daten zu kümnmern, wissen wir alles von Dir.»
Manche dürften bereits zum zweiten Mal Post von dem Hackerkollektiv erhalten: Anonymous war auch an die E-Mails von Samuel Eckert gelangt, einer Ikone für manche Anhänger der Szene, der die Existenz des Coronavirus anzweifelt.
Die Hintergründe zur Aktion gegen «dieBasis»
Mir ist die Lage viel zu ernst und auch mein Gewissen funktioniert da in eine andere Richtung, als dass ich da auch nur einen Rappen Kapital raus schlagen könnte.
Ich verachte solche Menschen eher.
Danke, Anon...