Die Welt ist mal wieder untergegangen. Aber das ist nicht so schlimm. Es erlaubt mir, mit einer Gruppe von Rangern, den Sheriffs der Endzeit, durch eine gesetzlose USA zu wandern und mutierte Killertomaten zu Ketchup zu verarbeiten – Nur eines von vielen abgefahrenen Abenteuern, die man im kürzlich erschienenen «Wasteland 2» erleben kann.
Das Rollenspiel mit rundenbasierten Kämpfen ist der direkte Nachfolger von «Wasteland» aus dem Jahre 1988, das wiederum als Inspiration für die berühmte «Fallout»-Reihe diente. «Wasteland 2» wurde vor zweieinhalb Jahren als eines der ersten Games über Kickstarter finanziert. Knapp drei Millionen US-Dollar wurden über die Crowdsourcing-Plattform gesammelt. Am 18. September ist das Spiel schliesslich in der finalen Fassung für PC, Mac und Linux erschienen. Und wer über die etwas verstaubte Grafik hinwegsehen kann, erhält ein paar wertvolle Tipps, wie man den Gefahren der Ödnis ein Schnippchen schlägt.
Suchen Sie sich eine Gruppe. Das lenkt nicht nur die Aufmerksamkeit blutrünstiger Ganoven von Ihnen ab, alleine ist das Überleben schlicht unmöglich. Glauben Sie mir. Einsame Wölfe finden in der Wüste nichts zu fressen. Das musste ich am eigenen Leib erfahren, als ich beim Charaktererstellen in der Eile vergass, drei Begleiter mitzunehmen. Solo werden Sie sogar von einer stacheligen Kröte platt gemacht.
Sie haben richtig gelesen. Eine der unterschätztesten Fähigkeiten in der Post-Apokalypse ist das Reparieren von defekten Toastern. Man weiss nie, was man darin findet. Gut möglich, dass jemand sein einzigartiges Scharfschützengewehr darin versteckt hat. Geräumiger als man denkt, diese Toaster.
Bei den zahlreichen Begegnungen mit den Ödland-Bewohnern gilt es, die richtige Mine an den Tag zu legen. Mal ist der harte Hund gefragt, ein andermal der Klugscheisser. Falls Ihnen gespaltene Persönlichkeiten nicht liegen, teilen Sie die Rollen einfach auf wie bei einem kleinen Theatergrüppchen.
Auch wenn Nahkampf-Raufbolde dank Wolverine-Klauen, Plasma-Hämmern oder Macheten nicht zu unterschätzen sind, geht nichts über ein ordentliches Scharfschützengewehr. Im einen Moment drehen die Gegner noch Däumchen, im nächsten wissen Sie nicht mehr, wo ihr Kopf steht. Bis die restlichen Vasallen zu Ihnen vorgedrungen sind, hat sich das Feld schon ordentlich ausgedünnt.
Damit meine ich nicht, der Katze ein paar mal «pss pss pss» hinterher zu rufen. Echte Tierfreunde verstehen jedes Wort das Kläffer, Ratten oder Ziegen von sich geben. Neben interessanten Gesprächen erhält man auch tatkräftige Unterstützung der Vierbeiner. Aber scharen Sie nicht zu viele Flohfänger um sich oder es kann in gewissen Abschnitten zu Stau kommen – oder sie meutern und wollen sich fortan Bremer Stadtmusikanten nennen – kann man nie ausschliessen.
Ich frag mich ja immer, wer überall die ganzen Tresore, Kisten und sonsterlei Zeugs unbeaufsichtigt rumliegen lässt, nur damit ein dahergelaufener Ranger wie ich alles abstauben kann. Aber man soll dem geschenkten Gaul nicht ins Maul schauen. Und so gehört die Fähigkeit verschlossene Behälter zu knacken oder Computer zu hacken zu den essenziellsten. Sollte mal ein Versuch scheitern, hilft, wie das im echten Leben halt so ist, ein kurzer Klick auf die Quick-Load-Taste.
Das Ödland ist voll mit versteckten Schätzen. Jeder kleine Maulwurfhügel, jedes Grab könnte wertvolle Munition oder Verbandsmaterial verbergen. Wer eine besonders gute Wahrnehmung besitzt, dem entgeht nichts. Einfach aufpassen, dass man nicht die Grossmutter ausbuddelt, während der Sohn vor dem Friedhof auf und ab geht.
Wenn es etwas gibt, das im gesetzlosen Endzeitszenario wichtiger ist, als blaue Bohnen zu verschiessen, ist es, diese wieder aus den Gliedmassen pulen zu können. Am besten Sie rekrutieren oder trainieren gleich zwei Weisskittel für Ihr Grüppchen. Wenn nämlich der erste ins Gras oder besser in den Staub beisst, kann ihn der Kollege wieder zusammenflicken. Dass man bei den Kurpfuschern nicht innert kürzester Zeit aussieht wie Frankensteins Monster grenzt an ein Wunder.
Soll heissen: jeder sollte verschiedene Waffen benutzen. Das sorgt nicht nur für mehr Abwechslung wenn es darum geht, die Horden an Gegnern in die ewigen Jagdgründe zu schicken, es verhindert auch, dass man die rar gesäte Munition teilen muss. Schrotflinte, Sturmgewehr, Energiewaffen und vielleicht noch ein schmucker Raketenwerfer gehören in jedes Inventar – auch wenn man dafür kaum Munition findet.
Wenn Sie all diese Tipps beherzigen, bleibt nur noch zu sagen: «Wasteland 2» ist ein grossartiges Spiel mit einem immensen Umfang. Die klassischen Rollenspiel-Elemente werden nicht jedermanns Sache sein und diverse Bugs verhindern noch ein ungetrübtes Spielvergnügen, aber im Grossen und Ganzen, haben die Entwickler Inxile mit «Wasteland 2» einen würdigen Nachfolger abgeliefert, der nicht nur Fans des Originals gefallen dürfte.
«Wasteland 2» ist erhältlich auf Steam für PC, Mac und Linux. Ich habe eine eigens erworbene PC-Version getestet.