Ich gehöre zu denen, die zwar über «Assassin's Creeds» jährliches Erscheinen fluchen, es dann aber doch meistens spielen. Als noch bekannt wurde, dass «Assassin's Creed: Unity» im Paris zur Zeit der Revolution spielen wird, war für mich die Reise in die Vergangenheit ein weiteres Mal gebucht. Leider kommt der Trip nicht ohne Stolpersteine aus. Darum habe ich hier meine sechs Highlights und fünf Enttäuschungen aufgelistet.
Bemerkung: Ich habe das Spiel vor dem 1 GB grossen Patch gespielt, der am Launch-Tag veröffentlicht wird. Ubisoft verspricht sich davon unter anderem eine bessere Performance.
Ubisoft hat es mal wieder geschafft. Im Nachbilden historischer Städte macht dem französischen Entwickler niemand was vor. Geschichtsprofessoren können sich noch stundenlang den Mund fusslig reden, an das Erlebnis von «Assassin's Creed: Unity» reicht es niemals heran. Unfassbar viele Details im Paris des 18. Jahrhunderts stecken. Wenn man an den pompösen Gemäuern der Notre-Dame hochklettert, wünscht man sich, man hätte auf dem letzten Städtetrip etwas besser aufgepasst.
Die originalgetreue Nachbildung der Stadt der Liebe gelingt dank der bombastischen Grafik. Ob bei Tag oder bei Nacht, «Assassin's Creed: Unity» sieht zum Anbeissen aus. Besonders eindrücklich sind die Menschenmassen, die ausnahmsweise mal nicht alle gleich aussehen. In einer Szene sollen gar 10'000 Personen gleichzeitig auf dem Bildschirm zu sehen sein. Damit gelingt eine von Leben strotzende Stadt, wie man sie noch selten gesehen hat. Selbst Los Santos, die fiktive Stadt aus «GTA V» muss sich hier geschlagen geben.
«Assassin's Creed: Unity» macht auch passiv Spass. Meine Freundin schaut mir regelmässig dabei zu, wie ich über Paris' Dächer kraxle und von den höchsten Zipfeln der Stadt das Panorama geniesse.
In Nebenaufgaben, aber auch innerhalb der Hauptstory darf man den Sherlock Holmes mimen – oder besser Inspector Clouseau. Mit der Spezialsicht (Eagle Vision) sucht man nach versteckten Hinweisen, wie Giftspuren oder Blutflecken und befragt Zeugen. Hat man das Gefühl, den Täter entlarvt zu haben, kann man ihn stellen. Und hier kommt gleich mein nächster Punkt ...
Bei jeder Mordaufklärung gibt es verschiedene Tatverdächtige, die man beschuldigen kann. Im Englischen steht auf den betreffenden Personen jeweils in gelber Schrift: accuse (beschuldigen). Da wir uns in Frankreich befinden, schreie ich hingegen laut «J'accuse». Herrlich. Sollten Sie unbedingt versuchen. Gleichzeitig mit dem Finger auf den Fernseher zeigen, ist das Sahnehäubchen.
Abwechslung bringen die Zeitsprünge in andere Zeitalter. Ohne zu viel zu verraten, sei gesagt, dass man dieses Mal mehr als nur ein paar Jahre hin und her reist. Dabei zeigt sich auch, wie viel unverbrauchtes Potential noch in der Serie steckt.
Es ist das Merkmal, das die Serie schon immer ausgezeichnet hat – die Bewegungsfreiheit. Jede Mauer und jeder Turm kann erklommen werden. Das klingt in der Theorie gut, aber in der Realität ist man noch längst nicht am Ziel. Eigentlich sollte man sich mit dem Halten einer einzigen Taste praktisch frei bewegen können. Dabei nervt man sich regelmässig, weil Arno (der Hauptcharakter) die falsche Mauer hochklettert, nicht herunterspringen will und dafür mal spontan in den Tod hechtet. Es ist zum Haare raufen. Besonders nervig ist es, wenn man jemanden verfolgt oder sich auf der Flucht befindet. Man kann sich darauf verlassen, dass Arno just in diesem Moment lieber den Fensterrahmen besteigt, statt nach Draussen in die Freiheit zu klettern. Wenigstens sind die Speicherpunkte fair gesetzt, so dass man selten lange Abschnitte wiederholen muss.
Vor der Veröffentlichung gab Ubisoft bekannt, dass «Assassin’s Creed Unity» nicht mit der vollen Auflösung (1920 mal 1080 Pixel) auf der Xbox One und der PS4 laufen werde. Stattdessen müssen sich die Spieler mit 1440 mal 900 Pixel und 30 Bildern pro Sekunde (FPS), statt der üblichen 60, zufrieden geben. Dadurch erhalte man ein filmischeres Erlebnis, war die Begründung. Eine schamlose Lüge, wenn Sie mich fragen. Ehrlicher wäre die Aussage gewesen, dass man mit 60 FPS niemals so viel Details in das Spiel hätte packen können. Was auch immer der Grund war, es sieht so aus, als ob selbst 30 FPS noch zu viel sind. Regelmässig ruckelt das Spiel. Teilweise so stark, dass man kaum noch steuern kann. Bei grösseren Menschenmassen wird zudem die Bildrate derart reduziert, dass man das Gefühl hat, man klebt fest.
Was mich bei solchen Spielen immer nervt, ist das scheinbare superschnelle Kommunikationsnetz über das Feinde verfügen. Sobald man von einem Gegner verfolgt wird, weiss sofort jeder Soldat in der Stadt, dass der Typ in der blauen Kapuze Staatsfeind Nummer eins ist. Kommt dazu, dass man selbst in dichtesten Menschenmassen erspäht wird. Diese Sehstärke würde jeden Optiker vor Neid erblinden lassen.
Ich verstehe ja, dass man in Openworld-Games versucht, den Spieler möglichst lange bei Stange zu halten, aber wer sich die Karte von Paris in «Assassin's Creed Unity» anschaut, kriegt fast den Koller. Gefühlt tausend Aufgaben warten darauf beackert zu werden. Hier würde ich eindeutig Qualität Quantität vorziehen. Natürlich ist es jedem selbst überlassen, all die Zeichen und Symbole abzuarbeiten, aber ich verspüre leider immer den Drang zur Vollständigkeit. Und wenn ich mir nicht gerade einen Monat frei nehme, kann ich das schlicht vergessen. Wenigstens waren die meisten Quests bisher einigermassen abwechslungsreich.
Während den Ladezeiten kann man sich entspannt einen Kaffee machen. Das war beim Test mit der PS4-Version. Möglich, dass ein PC mit SSD etwas schneller lädt. Jedes Mal, wenn man stirbt, die Schnellreisefunktion benutzt oder eine neue Mission startet, greift man unbewusst zum Handy, um die Zeit totzuschlagen.
Ich habe die PS4-Version von «Assassin's Creed Unity» gespielt, die mir Ubisoft zur Verfügung gestellt hat. Das Spiel ist ausserdem für die Xbox One und den PC erhältlich.