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2. Staffel von The Last of Us für alle Nicht-Gamer

Jagt Mutanten und keine Narcos: Pedro Pascal als Joel in «The Last of Us».
Jagt Mutanten und keine Narcos: Pedro Pascal als Joel in «The Last of Us».bild: Liane Hentscher/HBO
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2. Staffel von «The Last of Us» – für alle Nicht-Gamer

12.04.2025, 10:1914.04.2025, 08:53
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Dies ist ein komplett spoilerfreier Review. Vergebt mir deshalb, wenn ich manchmal etwas unkonkret herumeiere – um den heissen Brei herumschreibe. Aber ich möchte euch das Vergnügen nicht verderben.

So.

Und nun zu etwas Videogame-Geschichte: Als der zweite Teil, «Part Two», des Erfolgsgames «The Last of Us» (TLoU) herauskam, war die Kontroverse enorm. Die Presse und professionelle Kritiker feierten das Game als absolutes Meisterwerk, manche Fans des ersten Teils fühlten sich aber vor den Kopf gestossen und organisierten ein gezieltes Downvoting auf der einflussreichen Rating-Plattform Metacritic. Dies führte dazu, dass Metacritic sein Votingsystem überarbeiten musste.

Warum ich das erzähle?

Weil es essentiell ist für die zweite Staffel der Serie – die einen Teil (aber nur einen Teil) von «Part Two» umfasst.

So.

Er soll mal Chef in Jackson werden: Young Mazino (l.) als Jesse.
Er soll mal Chef in Jackson werden: Young Mazino (l.) als Jesse. bild: Liane Hentscher/HBO

Ellie und Joel leben seit ein paar Jahren in Jackson – der Kleinstadt, die sie am Ende der ersten Staffel zusammen erreichen. Ellie ist nun volljährig und entsprechend in der Sturm- und Drangzeit. Comics sind nicht mehr so ihr Ding, dafür die lebensfrohe Dina. Ausserdem will sie endlich Verantwortung in der Community übernehmen, sprich: auf Patrouillen-Rundgängen möglichst viele Infizierte von ihrem Leid befreien – und endlich unter den Rotorblättern von Helikopter-Dad Joel hervorkriechen. Dieser wiederum, der zu Beginn der ersten Staffel seine leibliche Tochter verlor und jetzt mit Übervorsicht über Ellie wacht, hat mit der Emanzipation seiner Ziehtochter seine liebe Mühe.

Der Trailer der zweiten Staffel von «The Last of Us»

Wir erinnern uns: Weil Joel nicht wollte, dass Ellie beim Versuch der Herstellung eines Impfstoffes stirbt, massakrierte er am Ende der ersten Staffel die gesamte Belegschaft eines Spitals. So weit geht Joel also, um nicht noch einmal eine Tochter zu verlieren. So weit geht er für die Liebe.

Es ist die Hauptfrage in dieser zweiten Staffel: Welche Opfer nehmen die ProtagonistInnen für die Liebe in Kauf?

Lesbische Liebe: Ein Problem in den USA – aber auch in Jackson. Nicht aber für HBO.
Lesbische Liebe: Ein Problem in den USA – aber auch in Jackson. Nicht aber für HBO.bild: Liane Hentscher/HBO

Joels Standpunkt ist bekannt. Wie weit aber geht Ellie? Oder Dina – die lebensfrohe Komplementärprotagonistin zu Ellie – oder Jesse, der umsichtige designierte Chef von Jackson? Oder Abby, eine Leidtragende von Joels Rachefeldzug? Und wie sieht das bei den Überlebenden-Gruppierungen ausserhalb von Jackson aus, die auch im postapokalyptischen Amerika nichts Schlaueres zu tun haben, als sich grausam zu bekriegen?

Die zweite Staffel von «The Last of Us» erweitert das Feld – es wird kompliziert. Und so wird aus der übersichtlichen Zweisamkeit des Road-Trips der ersten Staffel ein wildes Alle-gegen-alle, das mit dem Ende nach sieben Folgen den Zuschauer aufgewühlt und mit vielen Fragen alleine lässt. Eine dritte Staffel, das ist klar, ist zwingend.

Und was hat das mit der Kontroverse um das Videospiel zu tun?

Zum einen fahren die Macher von «The Last of Us» einen konsequent inklusiven Kurs. Das steht dem aktuellen Trend in den USA diametral entgegen – und das passte bereits einigen Game-Fans nicht. Den Anpassungswillen an die Trump-Doktrin, beispielsweise von Netflix und Amazon, kann man bei «The Last of Us» nicht erkennen. In anderen Worten: Wäre «The Last of Us» ein Buch, es würde unter der Regierung Trump/Vance aus den Bundes-Bibliotheken verbannt: «Wir haben versucht, den Schreib- und Entwicklungsstil so gut wie möglich von äusseren Einflüssen zu schützen», erklärte TLoU-Erfinder Neil Druckman gegenüber watson im Videocall. «So entsteht die beste Kunst – wenn man ein bisschen subversiv ist und Risiken nimmt.»

Abby (2. von rechts) ist eine der Leidtragenden von Joels Massaker.
Abby (2. von rechts) ist eine der Leidtragenden von Joels Massaker.Liane Hentscher/HBO

Zum Anderen – das wiegt viel schwerer – hat Druckman die Tendenz, die Grenzen zwischen Gut und Böse so gut wie möglich zu verwischen. Seine Figuren wollen einfach nur überleben – nach ihren eigenen Regeln und Vorstellungen. Und das birgt Konflikte, die immer und immer wieder tödlich enden. Die Aufhebung der traditionellen Gut-Böse-Grenzen macht die Serie einerseits interessanter – aber auch anspruchsvoller und schwer verdaulicher. Das ist nicht jedermanns Sache, denn TLoU steht konträr zur aktuellen Tendenz zur Bipolarität, bei der jeder stets und immer weiss, zu welcher Gruppe er gehört – und auch warum.

In TV-Serien, in denen der Zuschauer zu den Charakteren eine gewisse Distanz wahrt, enthält die Vorgehensweise weniger Zündstoff als in einem Game, bei dem die Spieler aktiv die Rolle der Figuren einnehmen (die sie unter Umständen nicht mögen). Hier liegen die eigentlichen Stärken der zweiten Staffel von TLoU: Die (stets berechtigten) Motive der Akteure werden präziser als im Game dargestellt – und die Macher haben den Mut, die Zuschauer immer wieder auch einmal ratlos zurückzulassen, wer denn nun im Recht sei. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Warum, das lernen wir bei TLoU aus sehr verschiedenen Blickwinkeln.

Dass die Helden der ersten Staffel so etwas vom Sockel geholt werden und es deshalb erneut zu einem gigantischen Aufschrei unter TLoU-Fans kommt, halte ich für eher unwahrscheinlich. Auch wenn der grausame Überlebenskampf mit letzter Konsequenz – und (wie oft bei HBO) mit enorm viel Brutalität – gezeigt wird.

Neben dieser schonungslosen Spiegelung der Gesellschaft glänzt die zweite Staffel erneut mit viel Herz(Schmerz), Tempobrüchen und Überraschungen. Ellie darf auch mal drei Minuten ein Lied singen – dafür geht’s bei der Einführung der neuen Gruppierungen ziemlich schnell. Ich bin mir nicht sicher, ob Zuschauer ohne Kenntnisse des Games damit nicht ein wenig überfordert werden.

Auch eine Querschlägerfolge wie die sensationelle Episode mit Bill und Frank aus der ersten Staffel gibt es. Erneut geht sie so richtig unter die Haut – wie die Performance von Pedro Pascal (Joel) und Bella Ramsey (Ellie). Von den neuen Charakteren hat mich vor allem Kaitlyn Dever als Abby überzeugt. Abby erhielt damals von einer Gruppe der Game-Fans dermassen viel Hass ab, dass HBO zusätzliches Sicherheitspersonal am Set aufbot, als Dever vor der Kamera stand: «Ich war mir der Sache natürlich bewusst», sagt sie uns im Interview, «aber die Kontroverse um Abby hätte mich nie daran hindern können, die Rolle zu übernehmen. Es ist eine Rolle – und ich hoffe, die Leute können zwischen fiktiven Charakteren in einem Game oder einer TV-Serie und einem echten Menschen unterscheiden.»

Bleibt noch die Bewertung: Ich gebe der zweiten Staffel mit 8,85 eine leicht bessere Note als der ersten (8,6). Dies deshalb, weil das Kernthema aus noch mehr Perspektiven ausgeleuchtet wird – und dies einfach grausam unterhaltsam ist. Warum keine 10? Weil mich Ellie in der ersten Folge – aber nur der ersten – ein bisschen nervte mit ihrem pubertären Getue. Ja, call me a dad ... Zudem gab's auch Abstriche, weil die verschiedenen Nebenschauplätze noch etwas konfus zusammengewürfelt waren. Das wird sich aber sicherlich in der dritten Staffel entwirren. Möge sie nicht erst in zwei Jahren folgen. Danke!

Hier wird Elon Musk beim Gamen getrollt

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