Die Justizministerinnen und Justizminister von Österreich, Deutschland, der Schweiz, Luxemburg und Liechtenstein haben erhebliche Bedenken gegen die Pläne der EU-Kommission im Kampf gegen Bilder missbrauchter Kinder im Netz geäussert.
In einem gemeinsamen Schreiben, das der deutsche Justizminister Marco Buschmann und die vier Mitunterzeichnenden an die EU-Amtskolleginnen und -kollegen geschickt haben, heisst es, die Bekämpfung von sexuellem Kindesmissbrauch im Internet habe für sie grosse Bedeutung.
Der Schutz der Bevölkerung vor anlassloser Überwachung sei jedoch ein hohes demokratisches Gut. «Der vorliegende Verordnungsentwurf findet aus unserer Sicht hier nicht die richtige Balance und könnte möglicherweise sogar für den Kinderschutz kontraproduktiv sein», heisst es im Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Zu den Gegnern der Chatkontrolle gehört Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, die seit Anfang Jahr das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement leitet.
Die schwedische EU-Innenkommissarin Ylva Johansson hatte im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung vorgelegt, um die Verbreitung von Darstellungen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, einzudämmen. Kritiker nutzen dafür das Schlagwort «Chatkontrolle».
Die deutsche Regierung hatte bereits im April erhebliche Bedenken gegen den Vorschlag der EU-Kommission vorgebracht. Vor allem die sogenannte «Chatkontrolle» lehnt sie ab, wie aus der Stellungnahme hervorgeht, die zwischen den Ministerien für Familie, Justiz, Inneres und Digitales abgestimmt worden war. Darin heisst es: «Aus Sicht der Bundesregierung sind wesentliche Änderungen im Verordnungsentwurf erforderlich, damit diese aus deutscher Sicht zustimmungsfähig wird.»
Die fünf Justizminister und Justizministerinnen verwiesen in ihrem Brief unter anderem auf eine Einschätzung des Juristischen Dienstes des Rates und eine Folgenabschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Europäischen Parlaments. Beide Gutachten hätten ergeben, dass umfassende Änderungen an dem Vorschlag notwendig seien.
«Es ist ein Vorschlag der Kommission, insofern ist es erst einmal die Aufgabe der Kommission, den Forderungen nachzukommen, die einzelne Mitgliedstaaten als Stellungnahme abgeben», sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums am Freitag in Berlin. Für die Bundesregierung sei es wichtig, den Einsatz von Massnahmen, die zu einer Schwächung oder Umgehung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung führen, «durch konkrete technische Anordnungen im Verordnungsentwurf auszuschliessen».
(dsc/sda/dpa)