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Benzin-Auto weiterfahren oder durch E-Auto ersetzen: was ist besser?

Jeder vermiedene Kilometer schont die Umwelt, aber wenn es ein Auto braucht, ist ein E-Auto die beste Wahl.
Jeder vermiedene Kilometer schont die Umwelt, aber wenn es ein Auto braucht, ist ein E-Auto die beste Wahl. bild: mercedes

Benzin-Auto möglichst lange weiterfahren oder durch E-Auto ersetzen: Was ist besser?

Eine neue Studie widerlegt ein hartnäckiges Vorurteil gegen Elektroautos mit aktuellen Zahlen. Moderne E-Fahrzeuge fahren nicht nur deutlich sauberer als Verbrenner – ihr Vorteil wächst rasant.
21.07.2025, 09:2721.07.2025, 11:18
Christopher Clausen / t-online
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t-online

Gegen E-Autos gibt es immer noch zahlreiche Vorurteile: Neben der teils immer noch unzureichenden Ladeinfrastruktur in einigen Regionen (trotz spürbarer Fortschritte) und der komplexen Rohstoffgewinnung für die Batterien führen Kritiker häufig auch ein weiteres Argument ins Feld: die CO2-Bilanz von E-Autos, die aufgrund der Produktion der Energiespeicher nicht besser sei als die von Verbrennern. Eine neue Studie räumt mit zumindest dem letztgenannten Vorbehalt auf.

E-Autos sind dem International Council on Clean Transportation (ICCT) zufolge über den kompletten Lebenszyklus hinweg die mit Abstand klimafreundlichsten Pkw – und ihr CO2-Vorteil gegenüber Benzin- und Diesel-Autos wächst rapide. Für ihre Untersuchungen haben die Forscher aktuelle Daten zu Fahrzeugproduktion und Energiemix mit denen aus dem Jahr 2021 verglichen.

Das Resultat der Studie ist eindeutig

Ein vollelektrisches Auto, das heute in Europa verkauft wird, verursacht demnach 73 Prozent weniger Treibhausgasemissionen als ein vergleichbarer Benziner – inklusive Batterieproduktion. 2021 lag der Unterschied noch bei 49 Prozent.

Grund für die Verbesserung ist hauptsächlich der steigende Anteil erneuerbarer Energien im europäischen und internationalen Strommix, der sich sowohl beim Bau der Autos als auch beim Fahren niederschlägt. Der Anteil erneuerbarer Energien legte laut EU-Statistikbehörde Eurostat, die die «Automobilwoche» zitiert, von 9,6 Prozent im Jahr 2004 auf 24,5 Prozent im Jahr 2023 zu. Bis 2045 könnte dieser Anteil Prognosen zufolge sogar auf mehr als 80 Prozent steigen. Aber auch die steigende Effizienz der E-Antriebe ist ein wichtiger Faktor, heisst es.

17'000 Kilometer bis zum Gleichstand mit Diesel und Benziner

Als Basis für die Studie liegen eine durchschnittliche Nutzungsdauer von 20 Jahren für heutige Neuwagen sowie der von der EU von 2025 bis 2044 prognostizierte Energiemix zugrunde. Die ICCT-Studie berücksichtigt alle Emissionen über den Lebenszyklus hinweg: von der Gewinnung der Rohstoffe und der Produktion über den Betrieb bis zum Recycling. Auch reale Verbrauchsdaten flossen in die Berechnungen ein. Der oft kritisierte «CO2-Rucksack» der Batterieproduktion relativiert sich dabei deutlich: Nach rund 17'000 Kilometern ist er ausgeglichen. Anders gesagt: Nach ein bis zwei Jahren sind E-Autos im Schnitt umweltfreundlicher als Verbrenner.

Benzin-Auto zu Ende fahren oder durch neues E-Auto ersetzen: Was ist besser?
Der Mythos, dass es für die Klimabilanz besser sei, ein Verbrenner-Auto möglichst lange zu Ende zu fahren, als durch ein neues E-Auto zu ersetzen, ist wissenschaftlich durch mehrere Studien längst widerlegt. Das gilt nur für Verbrenner, die weniger als 3000 Kilometer pro Jahr zurücklegen, also nur für eine kleine Minderheit aller Benzin- und Diesel-Autos. In allen anderen Fällen ist der Kauf eines E-Autos ökologischer. «Hochgerechnet auf die gesamte Schweizer Personenwagenflotte würde sich aus Klimasicht bei rund 90 Prozent der Verbrenner der Ersatz durch ein Elektroauto der gleichen Fahrzeugklasse lohnen», heisst es in einer neuen Schweizer Studie (PDF).

Der Mythos rührt daher, dass viele Menschen die CO₂-Emissionen von Verbrennern während der Nutzung unterschätzen und insbesondere die Emissionen der Batterieproduktion bei E-Autos überschätzen. Dazu kommt, dass E-Auto-Akkus viel länger halten, als viele vermuten. (oli)

Realität holt Traumwerte von Plug-ins ein

Während Elektroautos stark von der saubereren Stromerzeugung profitieren (inzwischen 73 bis 78 Prozent weniger Emissionen als Verbrenner), stagniert die Klimabilanz anderer Antriebsarten: Plug-in-Hybride emittieren 30 Prozent weniger CO2 als Benziner. Das liegt primär daran, dass die Autos mit «Doppelherz» im Alltag deutlich seltener elektrisch gefahren werden als angenommen. Vollhybride (also jene, die sich nicht mit Stecker aufladen lassen) verursachen über den ganzen Lebenszyklus nur rund 20 Prozent weniger Emissionen als klassische Verbrenner.

Ein Verbrenner mit E10-Benzin kommt im Schnitt auf 235 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilometer, reine E-Autos auf 63 Gramm, bei Ladung mit Ökostrom sogar nur auf 52 Gramm, wie folgende Tabelle verdeutlicht.

Emissionen von Benzin-, Diesel-, Erdgas-, Hybrid-, Plug-in-Hybrid-, Elektro- und Wasserstoff-Auto im Vergleich

E-Autos (Battery EV) haben gegenüber Verbrennern rund 40 % höhere Emissionen aus der Produktion. Diese werden nach rund 17'000 Kilometern oder ein bis zwei Jahren in der Nutzung ausgeglichen.
E-Autos (Battery EV) haben gegenüber Verbrennern rund 40 % höhere Emissionen aus der Produktion. Diese werden nach rund 17'000 Kilometern oder ein bis zwei Jahren in der Nutzung ausgeglichen. bild: International Council on Clean Transportation icct

Auch Wasserstofffahrzeuge wurden in die Berechnungen einbezogen: Wenn sie mit Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen betrieben werden, stossen sie auf ihren gesamten Lebenszyklus hinweg 79 Prozent weniger Treibhausgase aus. Mit dem derzeit gängigen Wasserstoff aus Erdgas sind es 26 Prozent.

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349 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ali_der_aal
21.07.2025 10:03registriert September 2016
Wenn man mal diese unnötig grossen SUV aus der Welt schaffen könnte wäre die Bilanz auch viel besser. Ob Elektro oder Verbrenner, diese Dinger machen in 99% der Fälle einfach keinen Sinn.
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Amarillo
21.07.2025 10:18registriert Mai 2020
Glücklich die Wohlstandskinder, bei denen der Kauf eines neuen Autos nur von Erwägungen zum Umweltschutz abhängt. Der Pöbel muss sich hingegen überlegen, ob er sich das leisten kann. Wenn bei der alten Karre grosse Reparaturen drohen, wird einem die Entscheidung abgenommen. Auf dem Elektro-Occasionsmarkt sind aktuell viele Teslas vertreten, da andere erst jetzt technisch aufgeholt haben + verkaufsmässig abheben, und bestenfalls in ein paar Jahren als Occasion verfügbar sind. Darf man nun einen Occasion-Tesla kaufen? Oder ist etwas mehr CO2 hinnehmbar für Anti-Musk? Gar nicht so einfach...
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Ohniznachtisbett
21.07.2025 10:13registriert August 2016
Dass die Hybride gugus sind, war schon lange klar. Wenn diese Plug-in Hybride, tatsächlich 40km und vorallem innerhorts nur mit Strom fahren würden, wärs ja noch seins. Aber der Benziner schaltet dauernd ein. Das Gewicht von zwei Antrieben ist auch nicht zu unterschätzen. Wenn ich dann höre, dass ein plug-in Hybrid im echten Schnitt 6.1 l /100km säuft, mit deutlich weniger Leistung als mein 10 jähriges Auto, noch ein klassischer Verbrenner, da bin ich im Vollmix bei 8.4 l, das hätt ich vor 10 Jahren auch schon haben können, einfach mit weniger Leistung. Entweder richtig Strom oder gar nicht.
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