Woher beziehen dopende Athletinnen und Athleten die verbotenen Substanzen? Oft sind verschreibungspflichtige Medikamente im Spiel, wenn in der Welt des Sports Betrug begangen wird. Und längst nicht immer steht ein Arzt bei diesen illegalen Aktivitäten als Pate zur Seite.
Eine Studie aus Australien sagt, dass im Jahr 2020 nur in 17 Prozent aller Verstösse mit anabolen Steroiden Personen aus dem Gesundheitssektor involviert waren.
Im Internet sind medizinische Produkte auch ohne Rezept einfach zu bestellen. Es gibt dafür zwei Vorgehensweise, legal sind beide nicht. Zum einen bestellt man bei einem ausländischen Anbieter. Bleibt das Paket beim Zoll hängen, dann ist der Weg zum Käufer kurz. Mehrere aktuelle Dopingfälle im Schweizer Sport kamen so ans Licht.
Schwieriger sind die verschlungenen Pfade im sogenannten Darknet zu verfolgen. Da bleiben Händler und Käufer anonym, bezahlt wird mit Kryptowährungen, geliefert wird nicht durch die herkömmliche Post. Allerdings ist dort auch das Risiko um ein Vielfaches höher, nicht das zu erhalten, was man eigentlich wollte.
In den vergangenen Monaten gingen sowohl die Wada wie auch ein Team von australischen Wissenschaftlern der Frage nach, wie weit das Darknet als Ursprung des Dopings im Spitzensport eine Rolle spielt. Die Wada kommt dabei zum Schluss, dass im Darknet nur ein Bruchteil der Einkäufe auf illegalen Marktplätzen zu Dopingzwecken dienen - zumindest nicht im Spitzensport.
Denn die Kehrseite der Anonymität von solchen Bestellungen ist das gesundheitliche Risiko. Bei Testkäufen durch verdeckte Ermittler der Wada enthielten 83 Prozent aller Produkte nicht die deklarierten Inhaltsstoffe oder zumindest eine stark abweichende Konzentration. Als Schlussfolgerung geht die Wada davon aus, dass Profisportler nicht bereit sind, ein solches Risiko einzugehen.
Nicht ganz so eindeutig ist die Quintessenz der australischen Forscher. Sie stellen fest, dass Dopingjäger noch immer wenig Kenntnis über Angebot und Ausmass von Käufen im Darknet und über die Beschaffungspraxis der Betrüger haben. Sie schreiben von einer «Verschärfung des Dopingproblems» durch Darknet-Verkäufe.
Angeboten werden neben anabolen Substanzen auch Wachstumshormone, EPO, Stoffwechsel-Modulatoren und Abführmittel. Dies bei hoher Verfügbarkeit und sehr tiefen Kosten. Einzig für sogenannte Beat-2-Agonisten – Asthmamittel zur Vergrösserung der Lungenkapazitäten wie Salbutamol oder Clenbuterol – scheint im Darknet keine Nachfrage zu bestehen.
Hergestellt werden die angebotenen Medikamente in speziellen Untergrund-Labors speziell für den Schwarzmarkt. Zwei Drittel aller Bestellungen im Darknet betreffen Drogen. Dopingmittel machten bei einer Erhebung von 2017 lediglich 2.9 Prozent davon aus. Bei ihren Nachforschungen in den vergangenen Monaten stiessen die Australier auf 72 verschiedene Produkte, die auf der aktuellen Verbotsliste der Wada stehen.
Bestellt werden bekannte Dopingprodukte. Weder die Studie der Wada noch jene aus Australien ist auf Substanzen gestossen, welche den Dopingjägern noch nicht bekannt waren.
Um besser für die immer bedeutender werdende Bezugsquelle «Internet» gewappnet zu sein, empfehlen die Wissenschaftler den Antidoping-Behörden die Erarbeitung von Strategien zur Überwachung dieser Aktivitäten. Dafür müssten sie vermehrt auch mit Experten für Cyberkriminalität zusammenarbeiten.
Der Blick auf das Darknet bleibe jedoch eine Momentaufnahme. Es ist als Handelsplattform wie eine Hydra. Kaum wird ein Marktplatz von den Strafverfolgungs-Behörden erkannt und eliminiert, tauchen schon die nächsten zwei auf. Gefunden werden die Betreiber nur in den seltensten Fällen. Und wenn, dann liegt der Fokus der Polizei auf schlimmeren Dingen als auf Dopingmitteln für fehlgeleitete Sportler.
(aargauerzeitung.ch)