Langsam wird der Platz knapp auf Elon Musks Visitenkarte. Der Geschäftsführer und Miteigentümer von Tesla, Twitter, SpaceX und Boring Company will offenbar seinem Lebenslauf einen weiteren Titel hinzufügen: Stadtbesitzer.
Allerdings stossen die weitreichenden Pläne, die der exzentrische Multimilliardär in Texas verfolgt, auch auf Kritik.
Elon Musk verfolgt angeblich utopische Pläne für eine eigene Stadt. Auf Weide- und Ackerland ausserhalb der texanischen Hauptstadt Austin am Ufer des Colorado River.
Die geplante Stadt soll an Boring- und SpaceX-Einrichtungen grenzen, die sich derzeit im Bau befinden.
Offenbar sollen auch Musks frühere Freundin, die Sängerin Grimes, sowie der umstritten Kanye West in Diskussionen rund um ein mögliches «Elontown» involviert sein.
Musk hat sich gemäss US-Medienberichten schon lange vorgestellt, eine eigene Stadt zu bauen, und vor ein paar Jahren war er seinem Bruder Kimbal Musk behilflich, eine Idee zum Aufbau einer «Off-the-Grid-Community» zu verfeinern.
Durch das «Wall Street Journal».
Dass der Multimilliardär seinen Angestellten in Texas Wohnraum bieten will, ist schon etwas länger bekannt. Doch nun haben US-Journalisten weitreichendere Pläne recherchiert und am Donnerstag in einem Bericht enthüllt.
Weder Elon Musk noch Steve Davis, ein enger Vertrauter Musks und Präsident der Boring-Company, wollten sich auf Anfrage der Journalisten zu den Plänen äussern.
Nicht etwa Elontown oder Muskville, sondern Snailbrook.
Der Name sei eine Anspielung auf das Maskottchen der Boring Company, die Schnecke Gary (aus «SpongeBob»).
Als Musks Unternehmen 2016 mit dem Tunnelbau begann, forderte er die Mitarbeiter auf, Bohrmaschinen zu bauen, die sich «schneller als eine Schnecke» bewegen.
Musk verfolgt schon länger die Idee, den Angestellten in eigens dafür errichteten Gemeinden bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Und dies in unmittelbarer Nähe zu seinen verschiedenen Unternehmungen.
Bei Treffen mit texanischen Landbesitzern und Immobilienmaklern hat er offenbar seine Idee beschrieben: eine Art utopische Kleinstadt, in der seine Angestellten leben und arbeiten können, ohne den Ort verlassen zu müssen.
Und es gibt Pläne, Kinder von Angestellten selber zu unterrichten. Dafür soll ein Haus auf einem der gekauften Grundstücke in eine Montessori-Schule umgewandelt werden.
Musk geht es wohl aber auch darum, die benachbarten Firmenareale in Texas zusammenzuschliessen. Drohnenaufnahmen und YouTube-Videos eines besorgten Anwohners zeigen den Bau von Tunneln zwischen Parzellen von SpaceX und der Boring Company unter einer öffentlichen Strasse.
Das Investitionsvolumen und die Geldgeber sind nicht bekannt.
Musk ist nicht für Transparenz bekannt, daher verwundert es auch nicht, dass wir keine verlässlichen Angaben haben, wie gross die Elon-Stadt tatsächlich werden soll.
Die durchschnittliche Monatsmiete im Bastrop County liegt laut Berichten bei etwa 2200 Dollar, Musk wolle seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ermöglichen, dort für einen Bruchteil dieser Mietkosten zu wohnen.
Laut «Wall Street Journal» sehen Musks Pläne vor, etwa 800 US-Dollar Miete pro Monat für Häuser mit einem oder zwei Schlafzimmern zu verlangen. Mit der Einschränkung, dass sie 30 Tage Zeit hätten, um die Wohnungen zu räumen, wenn sie entlassen würden oder kündigten.
Hier gehen die Meinungen auseinander.
Gegen die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ist nichts einzuwenden. Fragt sich nur, was die unerwünschten Risiken und Nebenwirkungen sind. Ist es sinnvoll, wenn ein privater Unternehmer ein Machtmonopol auf einem Gebiet errichtet, um noch mehr von den Arbeitern zu profitieren?
Der US-Journalist Matt Stick, der für das renommierte «New York»-Magazin schreibt, vertritt ein klare Haltung:
Firmenstädte haben in den USA eine lange Geschichte, wie der Techblog Gizmodo in Erinnerung ruft. Die Ursprünge gingen auf das frühe 19. Jahrhundert zurück, als die amerikanische Kohle-, Stahl- und Textilindustrie boomte.
Schon damals zwangen Unternehmen ihre Arbeiter, in billig erstellten Unterkünften zu hausen und schickten deren Nachwuchs in die firmeneigenen Schulen, wo sie ganz im Sinne des Arbeitgebers indoktriniert wurden.
Musk habe sich in den letzten Jahren zunehmend als rechter «Task Master» erwiesen, der Angestellte nach Lust und Laune entlässt, Sicherheitsvorschriften verabscheut, Diskriminierung am Arbeitsplatz fördert und generell der Meinung zu sein scheine, dass Gesetze für ihn nicht gelten. «Wollen wir wirklich, dass er seine eigene Stadt leitet?»
Es gibt Bedenken, dass die neuen Projekte die Wasserqualität des Colorado River und der Grundwasserströme, die die Brunnen der Region versorgen, gefährden könnten.
Erst kürzlich habe Musks Boring Company bei den Umweltbehörden die Einleitung von bis zu 140'000 Gallonen Industrieabwasser (529'900 Liter) pro Tag beantragt.
Sarah Eckhardt, Senatorin des Bundesstaates Texas, hat eine öffentliche Anhörung zum Thema Umwelt für diesen Monat beantragt, nachdem sie von den Bedenken erfahren hatte.
Sie wolle aber nicht versuchen, Musk aus der Stadt zu vertreiben.
Nein. Der zuständige texanische Landkreis Bastrop County hat noch keinen Antrag von Musk erhalten, die Stadt einzugemeinden. Dies würde mindestens 201 Einwohner und die Genehmigung eines Bezirksrichters erfordern.
Musk habe sich 2022 mit Kanye West und Wests Architektin und jetziger Ehefrau Bianca Censori getroffen, um die städtebaulichen Konzepte «zum Fliessen zu bringen».
Laut eines Informanten des «Wall Street Journal» beinhalteten diese Gespräche allgemeine Ideen und einige «visuelle Mock-ups», führten aber nicht zu konkreten Plänen.
Einige grosse Musk-Projekte seien nie wirklich umgesetzt worden, ruft ein kritischer Kommentator in Erinnerung und bezieht sich dabei auf die Versprechen des Milliardärs, Verkehrsprobleme mit Tunneln zu lösen.
Musk eröffnete im April 2022 im südlichen US-Bundesstaat seine neue Tesla-Fabrik «Giga Texas». Das weitläufige Werk ausserhalb Austins gilt als Produktionszentrum für das Model Y und zukünftige Heimat des Cybertrucks.
Im benachbarten Bastrop County baut Musks Tunnelbaufirma, die Boring Company, ein neues Lagerhaus, während SpaceX eine 12 Hektar grosse Anlage erstellt.
Der vorgeschlagene Snailbrook-Standort für die Angestellten sei nur «eine halbe Meile die Strasse hinauf».
Als Musk 2021 während der Corona-Pandemie mit seinen Unternehmen Tesla und Boring Company nach Texas zog und seine langjährige Heimat Kalifornien verliess, sagte er, er habe die Geduld mit den dortigen Regeln und Vorschriften verloren. Tatsächlich hat die neue Heimat ganz im Süden der USA laxe Baugesetze und wenig Umweltauflagen. Und vor allem bezahlt er als Superreicher viel weniger Steuern.
Der Fairness halber ist zu erwähnen, dass Tesla auch in Kalifornien weiter expandiert, so gilt nun Palo Alto als technischer Hauptsitz. Die Konzernzentrale bleibt aber in Texas.
In den letzten drei Jahren haben juristische Personen, die mit Musk oder seinen Unternehmen verbunden sind, etwa 3500 Morgen Land in der Gegend von Austin aufgekauft, wie offizielle Aufzeichnungen zeigen sollen. Dies würde einer Fläche von 8750 Quadratkilometern entsprechen.
Lokale Beamte sagten dem «Wall Street Journal», sie hätten gehört, dass der Milliardär 6000 Morgen Land in der Region besitze – siebenmal der Central Park in New York.
Bei vielen der vom «Wall Street Journal» verfolgten Immobilien-Deals in Texas mussten die Verkäufer Geheimhaltungsvereinbarungen unterzeichnen.
Die bislang getätigten Immobilienkäufe umfassen offenbar auch Pläne für eine private Residenz für Musk, die sich abseits des Hauptstandortes für seine Arbeiter befinde.
Musk hatte 2020 verlauten lassen, er lebe in einem 50'000-Dollar-Haus, das er von SpaceX miete. Und zwar in Boca Chica Village in Texas, am Golf von Mexiko gelegen.
Berichten zufolge soll sein Hauptwohnsitz jedoch tatsächlich die Villa eines Freundes in Austin sein.
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