Die grosse Achillesferse der Elektroautos ist ihre Reichweite. Natürlich ist eine halbe Stunde Ladepause nach einer längeren Fahrt zumutbar – die Frage ist nur, wie lange diese Fahrt zuvor war.
Um den Verbrauch von Autos, auch von Verbrennern, zu bestimmen, gibt es verschiedene normierte Tests. Seit dem 1. September 2018 gilt in Europa der WLTP-Prüfzyklus (Worldwide harmonized Light vehicle Test Procedure) als das Nonplusultra. Er ersetzte das NEFZ-Verfahren (Neuer Europäischer Fahrzyklus).
Bei Elektroautos kann mit den WLTP-Angaben nicht nur der Verbrauch in Kilowattstunden berechnet werden, sondern auch die Reichweite mit einer Ladung.
Doch der WLTP-Test hat einen Haken.
Im Alltagstest werden die WLTP-Angaben selten erreicht. Das gilt für Verbrenner, die statt den angegeben 6 Litern pro 100 Kilometer eben doch 7-8 schlucken. Das gilt aber auch für Elektroautos, die nicht, wie vom Hersteller versprochen, 400 Kilometer mit einer Ladung schaffen, sondern in der Realität eher 300.
Deshalb sind echte Reichweitenvergleiche von Elektroautos so interessant. Sie zeigen, welches Fahrzeug im praktischen Gebrauch tatsächlich die Nase vorn hat.
Den jüngsten Vergleich organisierte Watson, Mat Watson vom YouTube-Kanal carwow. Er verglich neuere Fahrzeuge verschiedener Hersteller und testete, welche Strecken tatsächlich zurückgelegt werden können.
Und die sechs Fahrzeuge sind:
Die Reihenfolge laut Herstellerangaben lautet in der Theorie:
Bevor sich der Tross von London aus in Richtung Norden bewegte, wurden sämtliche Fahrzeuge voll aufgeladen und über Nacht in der Kälte stehen gelassen. Das führte dazu, dass durch die Entladung bereits einige Kilometer verloren gingen. Alle Fahrzeuge wurden in den effizientesten Modus gebracht, die Klimaanlage wurde auf 20 Grad eingestellt und jedes Auto wurde zum Laden eines Smartphones genutzt.
Während des Tests zeigte das Thermometer sieben Grad an. Elektroautos mögen keine tiefen Temperaturen und die WLTP-Werte entstehen bei Temperaturen von 14 und 23 Grad – also deutlich elektrofreundlicheren Bedingungen als sie Watson vorfand. Anyway. Es war für alle kalt. Fahrzeuge, die mit Kälte besser klarkommen, waren aber im Vorteil.
Und so weit kamen die Fahrzeuge:
Als erster machte der zweitteuerste Wagen, der Mercedes EQC, schlapp. Er gab nach 312 Kilometern auf. Trotzdem: Das ist immerhin eine Strecke von Konstanz bis nach Como.
Und auf den zweitteuersten Wagen folgt gleich das kostspieligste Exemplar. Der e-Tron kostet nicht nur am meisten, er hat auch die grösste Batterie (95 kWh). Trotzdem hat es «nur» für 331 Kilometer gereicht. Die Zürcher Kantonspolizei scheinen weder Kosten noch Reichweite zu interessieren. Sie hat sich entschieden, diesen Wagen für den Einsatz zu testen.
Drei Kilometer weiter als das Fahrzeug mit der grössten Batterie kam dasjenige mit der kleinsten. Nach 334 Kilometern war für den Japaner Schluss, der über 40'000 Franken günstiger ist als der e-Tron.
Gleich ein Stück weiter fuhr der Jaguar. Er schaffte eine Strecke von knapp 359 Kilometern. Das reicht von Konstanz bis nach Mailand, oder natürlich auch in die andere Richtung. Denn welcher Mailänder möchte nicht dauernd nach Konstanz?
Die zweitlängste Strecke legte das günstigste Fahrzeug zurück. Der Südkoreaner fuhr eindrückliche 410 Kilometer! Die Nachfrage für das Ausdauer/Preiswunder ist allerdings derart gross, dass lange Wartezeiten in Kauf genommen werden müssen.
Klarer Sieger ist das Long-Range-Model-3 von Tesla mit 434 Kilometern. Das ist eine Strecke von Konstanz bis nach Alessandria (vor Genua). Wenn man denn die A13 nimmt und nicht die A2, wie das jeder normale Mensch machen würde, der mit einer einzigen Ladung von Konstanz bis nach Alessandria stromern möchte.
(tog)
Wer nicht 400km am Stück fahren will, ist besser bedient mit einem Fahrzeug mit 200km Reichweite. Man fährt so nicht einen unnötigen schweren Akku in der Gegend herum.