Auf den ersten Blick wirkt «Medina Wasl» wie ein Themenpark, der seine besten Jahre hinter sich hat. Die Moschee mit ihrer blauen Kuppel versprüht den kindlichen Charme von 1001 Nacht. Doch zum Vergnügen weilt niemand in dieser Attrappenstadt mitten in der Mojave-Wüste Kaliforniens: Hier werden Nato-Soldaten für ihren Einsatz im «War on Terror» vorbereitet.
Für viele Amerikaner ist der Kriegseinsatz die erste Reise ins Ausland. Deshalb lernen sie in «Medina Wasl» nicht nur Sprengfallen zu entschärfen und Taliban zu jagen. Wüstenstaub, verkleidete Statisten und Strassenverkäufer sollen einen ersten Eindruck von der fremdartigen Umgebung vermitteln, in der sie sich bald zurechtfinden müssen, und den unweigerlichen Kulturschock ein wenig abfedern.
Einen Schritt weiter geht die US-Armee in ihrem Ausbildungszentrum im bayrischen Hohenfels. Dort fehlt der Wüstenstaub, dafür sprechen die deutschen Statisten eine Sprache, welche die Soldaten nicht verstehen. Als der amerikanische Fotograf Eric White erfuhr, dass als Afghanen verkleidete Deutsche Amerikaner ausbilden, war er so fasziniert von der Idee, dass er sie vor Ort portraitierte (siehe Bilder unten). «Alles hier ist sehr professionell und die Deutschen nehmen ihre Aufgabe sehr ernst», sagte er gegenüber der «Huffington Post».
Auch Grossbritannien schult seine Soldaten in den kulturellen Besonderheiten Afghanistans. Im Unterschied zu den Einrichtungen in Kalifornien und Bayern allerdings direkt vor Ort. In ihrem Camp Bastion im Süden des Landes haben die Briten ein künstliches Dorf errichtet. Die Statisten werden allesamt aus der Lokalbevölkerung rekrutiert.
Hunderte Stützpunkte hat die Nato bereits dicht gemacht oder an die afghanische Armee übergeben. Wenn Ende 2014 das Gros der westlichen Truppen das Land verlassen und keine neuen mehr nachrücken, werden auch wohl die Klein-Afghanistans nicht mehr gebraucht. Wie eine mögliche Nachnutzung von «Medina Wasl» aussehen könnte, hat das US-Militär bereits aufgezeigt: Seit jeher können sich interessierte Zivilisten für Führungen anmelden, und das gratis. «Wussten Sie, dass Afghanistan nur 20 Autominuten von Fort Irwin in Kalifornien entfernt liegt?», heisst es auf der Website.