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Ukraine

Die Ukraine trifft Russland an der schmerzhaftesten Stelle – beim Öl

Die Ukraine trifft Russland an der schmerzhaftesten Stelle

Europa schafft es nicht, das russische Öl-Geschäft trockenzulegen und hofft auf die Hilfe von US-Präsident Donald Trump. Dabei zeigt die Ukraine, wie man es auch machen kann. Nämlich gleich an der Quelle ansetzen.
25.09.2025, 20:3725.09.2025, 20:37
Remo Hess, Brüssel / ch media

Ein Anruf bei seinem Freund Viktor Orban genügt. Davon ist US-Präsident Donald Trump überzeugt. Er werde es deshalb versuchen und den ungarischen Ministerpräsidenten persönlich darum bitten, kein russisches Öl mehr zu kaufen, so Trump am Dienstag am Rande der UNO-Vollversammlung.

Der Europäischen Union käme das sehr gelegen. Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren versucht sie, Ungarn vom russischen Öl wegzubringen. Vergeblich. Orban und mit ihm sein Nachbarland, die Slowakei, kaufen weiter fleissig Öl (und Gas) in Russland ein. Möglich ist es, weil die beiden Länder eine Ausnahme vom Embargo der EU bekommen haben. Ansonsten hätten sie den Sanktionen nie zugestimmt, für die in Brüssel bekanntlich das Einstimmigkeitsprinzip gilt.

Noch weniger als gegen die eigenen Mitglieder Ungarn und die Slowakei tun kann Europa aber, um Putin das weltweite Öl-Geschäft zu vermiesen. Gegen die Türkei, die sich zur neuen Drehscheibe für russische Rohstoffe gemausert hat, hat sie kaum eine Handhabe. Ebenso kann sie den Ländern in Asien und Afrika nicht verbieten, weiter Öl- und Öl-Produkte wie Diesel und Benzin aus Russland zu beziehen.

Dunkle Rauchschwaden über der Neftekhim Ölraffinerie in Salavat, Provinz Bashkortostan. (Gepostet auf X, 24. September 2025)
Dunkle Rauchschwaden über der Neftekhim Ölraffinerie in Salavat, Provinz Bashkortostan. (Gepostet auf X, 24. September 2025)Bild: Screenshot X

Selenskyj: «Brennende Öl-Lager sind wirksamste Sanktionen»

Doch es gibt ein Mittel gegen Putins Öl-Geschäft, das sich als durchaus effizient zeigt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beschreibt es als «die wirksamste aller Sanktionen», da sie direkt an der Quelle ansetzt: in den russischen Öl-Depots und den Kraftstoff-Fabriken.

Seit August forciert die Ukraine gezielt ihre Angriffe auf Ölraffinerien in Russland. Mindestens 16 von insgesamt 38 Raffinerien wurden per Drohnenattacken getroffen. Viele davon gleich mehrmals, wie die grösste Raffinerie des Landes in Rjasan 180 Kilometer südöstlich von Moskau. Die Anlage hat eine Kapazität von 13,8 Millionen Tonnen pro Jahr.

Obwohl es in der offiziellen Stellungnahme von Russland hiess, dass die ukrainischen Drohnen abgeschossen wurden, berichteten Einwohner der Stadt von Feuer und Rauchsäulen. In sozialen Netzwerken sind etliche Fotos und Videos von brennenden Öl-Tanks zu sehen.

Der jüngste ukrainische Angriff fand am Mittwoch auf die Raffinerie Salavat statt. Sie ist ebenfalls eine der grössten des Landes und befindet sich in der Provinz Bashkortostan, notabene rund 1300 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Laut ukrainischen Angaben war es der zweite Schlag innerhalb einer Woche. Und Ölraffinerien sind komplexe Anlagen: Sie zu reparieren ist nicht eine Aufgabe von Tagen, sondern meist eher von Wochen.

Benzin ist knapp, Russen müssen an Tankstelle Schlange stehen

Die Kampagne scheint nun Früchte zu tragen: Die russischen Einnahmen aus dem Öl-Geschäft brechen laut Berechnungen der Nachrichtenagentur Reuters im September ein. Anfang September waren mindestens 17 Prozent der Verarbeitungskapazität oder 1,1 Millionen Barrel pro Tag lahmgelegt. Die Diesel-Exporte Russlands sinken in diesem Monat auf den tiefsten Stand seit dem Jahr 2020, schreibt die «Financial Times». Zusammen mit dem global gerade tiefen Ölpreis entgehen Russland dadurch Milliarden.

Aber auch innerhalb Russlands haben die ukrainischen Angriffe schmerzliche Auswirkungen. Es kommt zu Engpässen, vor allem beim Benzin. In mehreren Regionen, darunter auch in den besetzten Gebieten der Ukraine, bilden sich seit Wochen zu lange Schlangen vor den Tanksäulen. Ende September wurde sogar ein Exportverbot für Benzin verhängt. Die Grosshandelspreise sind seit Januar um 40 Prozent angestiegen.

Geht das so weiter, dürfte sich die Kraftstoffknappheit bald auch an der Front bemerkbar machen.

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125 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Ali mini äntli
25.09.2025 20:57registriert September 2021
Sollten die Russen über längere Zeit an den Tankstellen warten müssen, dann erinnern sie sich vielleicht, wie es in der UdSSR war.
Diese Zeit will ja Putin zurück, dass man für jeden Scheiss anstehen muss. Desshalb ist das Reich zerbrochen.
Die Ukraine sollte auch gezielt Schnappsbrennereien angreiffen. Wenn der Wodka knapp wird, ist es um die russusche Regierung geschehen.
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Pebbles F.
25.09.2025 20:52registriert Mai 2021
Gut gemacht, Selenskyj! Und egal, was Putin, Lawrow und Trump zusammenlügen: Bitte dranbleiben!
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Flexon
25.09.2025 20:53registriert Februar 2014
Helft der Ukraine, diese Raffinerien zu zerstören. Gebt ihr Freigaben für die Verwendung westlicher Langstreckenwaffen.
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