Bisher hat Destiara Talita die Hüllen fallen lassen, um populär zu werden. Jetzt bastelt die 25-jährige Indonesierin an einem Karrierewechsel: Das Männermagazin-Model will ins Parlament. Schliesslich haben es schon andere Stars und Sternchen vor ihr vom Ruhm zum Regieren geschafft. Die frühere Miss Indonesien Angelina Sondakh beispielsweise brachte es in der Regierungspartei zu Prominenz. Jetzt sitzt sie im Knast. Zwölf Jahre wegen Korruption.
Parteien mit klarem Profil, das steckt 16 Jahre nach dem Abgang von Diktator Suharto noch in den Kinderschuhen. Es geht in Indonesien mehr um Gesichter.
«Die Regierungskoalition hat zum Beispiel mehr als ein Dutzend Parteien – wie sollen die Leute da grosse Unterschiede ausmachen?» fragt Sandra Hamid, Leiterin des Jakarta-Büros der Asia-Stiftung aus San Francisco. «Die Leute sehnen sich nach etwas Neuem: Sie wollen neue Gesichter, einen neuen Regierungsstil, und endlich ein Ende der Korruption.» Auf dem Korruptionsindex von Transparency International steht das Land auf Platz 114 von 177.
Talita ist so ein neues Gesicht. «Leute meinen, ich hätte als Politikerin nichts zu bieten, weil ich für sexy Zeitschriften gemodelt habe», sagt die junge Frau im engen Leopardenmuster-Rock und endlos hochhackigen Plateau-Schuhen. «Aber ich kämpfe für Gerechtigkeit, mehr Bildung für die Armen und mehr Macht für Frauen.» Sie tritt für die kleine Gerechtigkeits- und Einigkeitspartei an.
Angel Lelga, bekannt aus billig produzierten Horrorfilmen, die Kritiker als Softporno abtun, will einen Sitz für die muslimische Vereinigte Entwicklungspartei holen. Sie trägt statt knappen Höschen jetzt Kopftuch. Bilder aus ihrem früheren Leben machen in sozialen Netzwerken die Runde.
Ihre Strategie? «Smarte Leute können auch nicht unbedingt das Leben der einfachen Leute verbessern», sagte sie in einem Fernsehinterview. «Wenn du gross rauskommen willst, sind gar nicht viele Versprechungen nötig. Einfach schauspielern.»
— Angel Lelga (@Angel88Lelga) 28. September 2013
Politikwissenschaftlerin Siti Zuhro findet das nicht gut. «Kandidaten sollten ein Mindestmass an Kompetenz haben», sagt sie, gar nicht direkt auf Lelga bezogen. «Promis zu nominieren wirft ein schlechtes Licht auf Parteien.» Laut Gesetz müssen alle Parteien 30 Prozent Frauen nominieren. «Das zeigt doch nur, dass sie nicht in der Lage sind, kompetente und wählbare Politikerinnen heranzuziehen.»
Einer, der nicht mit sexy Fotos oder seiner Vergangenheit von sich reden macht, ist Joko Widodo. Er ist Gouverneur, das heisst Bürgermeister, der Hauptstadt Jakarta. Jokowi, wie ihn alle nennen, tritt erst im Juli an, zur Präsidentenwahl. Er gilt als unbestechlich.
Der 51-jährige ehemalige Möbelverkäufer kommt als «einer aus dem Volk» an. Die Demokratische Partei des Kampfes, die ihn nominiert hat, profitiert mit einem Sprung in ihren Popularitätswerten. Sie dürfte nach Umfragen stärkste politische Kraft werden und etwa 25 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.
Einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Instituts Indikator Politik Indonesia zufolge würden 51 Prozent der Befragten Jokowi zum Präsidenten wählen. Seine Herausforderer, der frühere General Prawbono Subianto und der ehemalige Armeechef Wiranto, liegen abgeschlagen bei 17 beziehungsweise 10 Prozent.
In dem grössten Archipel der Welt mit 17'000 Inseln sind 189 der 250 Millionen Menschen wahlberechtigt. Präsident Susilo Bambang Yudhoyono darf nach zehn Amtsjahren nicht mehr antreten.
15 Parteien und mehr als 235'000 Kandidaten bewerben sich um die 560 Sitze im Parlament sowie Sitze im Oberhaus, den Provinzparlamenten und den Bezirks- und Gemeinderäten. Indonesien gehört zu den grössten Volkswirtschaften der Welt (G20).
Es vertritt einen moderaten Islam. Nach Terroranschlägen auf Bali 2002 hat es die heimische Terrorszene durch hartes Durchgreifen ausgetrocknet.
Islamistische Parteien, die 2009 noch insgesamt etwa 29 Prozent der Stimmen erhielten, werden nach Ansicht der Meinungsforscher diesmal schlechter abschneiden. «Islamistische Parteien sind auf dem absteigenden Ast», sagt Tobias Basuki vom Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Jakarta. Auf Gruppeninteressen basierende Politik sei auf dem Rückzug, Wähler tendierten zur Mitte. (rar/sda/dpa)