Was für ein Unterschied zu den entscheidenden Wochen vor dem 9. Februar: Damals liessen Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann und Aussenminister Didier Burkhalter (beide FDP) Simonetta Sommaruga (SP) weitgehend im Stich.
Während sich die Justizministerin im Namen des Bundesrats landauf, landab für ein Nein zur Masseneinwanderungs-Initiative engagierte, glänzten die FDP-Magistraten mit Abwesenheit, obwohl das Dossier ihre ureigenen Interessen berührt. Aus allen Richtungen prasselten später Vorwürfe auf die beiden Bundesräte nieder, sie hätten den Puls des Volkes nicht gespürt und deshalb die Abstimmung zu wenig ernst genommen.
Jetzt, so zeigen Recherchen der «Nordwestschweiz», ist alles anders. Die Anti-Migrations-Vorlage soll nicht ein zweites Mal unterschätzt werden. Ein Ja zur Ecopop-Initiative am 30. November wäre für die Landesregierung ein Waterloo. Kämpfen ist angesagt – bis zur letzten Minute.
Johann Schneider-Ammann hat seit Anfang Oktober an rund zehn Veranstaltungen zu Ecopop gesprochen. An mehreren weiteren grossen Auftritten – etwa am Europaforum in Luzern oder am Tag der Familienunternehmungen – ist er auf das Thema eingegangen. Sieben Zeitungen sowie zahlreichen TV- und Radiostationen stand der Wirtschaftsminister bisher Red' und Antwort. Diese Woche erscheinen weitere Interviews im «Urner Wochenblatt» und in «24 heures» sowie bei «Telebasel». Seine vorab an Gewerbe und KMU gerichtete Botschaft: Ein Ja zu Ecopop wäre für die Schweiz «ein ökonomischer Totalschaden».
Vollgas gibt auch Bundespräsident Burkhalter: «Der Departementsvorsteher lässt keine Gelegenheit aus, die Position des Bundesrats in der Schweiz darzulegen», teilt das Aussendepartement mit – und schickt einen Link zu allen Auftritten. Das EDA betont: Burkhalter weise aber auch im Ausland wie beim jüngsten Besuch in Belgien mit Nachdruck darauf hin, dass die Schweiz die Zuwanderung reduzieren wolle. Auch das sei ein Mittel, die Haltung der Regierung zu Ecopop darzulegen.
Justizministerin Sommaruga schliesslich, die das Dossier Migration betreut, reist erneut durchs ganze Land. Elf Tageszeitungen stand sie für ein Interview zur Verfügung, an zehn Veranstaltungen nahm die SP-Frau auf Einladung teil. Ihre Hauptargumente richten sich vorwiegend ans rot-grüne Publikum: Ecopop sei fremdenfeindlich und löse kein einziges Umweltproblem.
Die Kampagne des Trios wird von anderen Mitgliedern des Bundesrats tatkräftig flankiert. Ecopop sei ein «gefährlicher und populistischer Egotrip», sagte etwa Innenminister Alain Berset der «Schweiz am Sonntag». Bei einem Ja würden der AHV mittelfristig Milliarden fehlen. Und selbst SVP-Bundesrat Ueli Maurer – ein Befürworter der Masseneinwanderungs-Initiative – sagte im «Blick»: Ecopop sei gefährlich, weil Investoren abgeschreckt würden. Sollte das Volk die Initiative unterstützen, kann es nicht am mangelnden Einsatz der Magistraten gelegen haben.