Der Tod war ein Verwaltungsakt: Bei der industriellen Vernichtung von Millionen Menschen in den Konzentrationslagern ging das «Dritte Reich» streng bürokratisch vor. Bei der Ankunft im Lager selektionierten Ärzte die Opfer; wer nicht als arbeitsfähig eingestuft wurde, kam in die Gaskammer.
Jene, die diesem Schicksal vorerst entgingen, wurden registriert – sie erhielten eine Häftlingsnummer, die fortan ihren Namen ersetzte. Im Normalfall wurde diese Nummer auf der Häftlingskleidung angebracht, doch im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau begnügte sich die SS nicht mit dieser Massnahme: Die Peiniger stachen ihren Opfern dort ab Herbst 1941 die Nummern ins Fleisch.
Dazu verwendeten die Nazis spezielle Metallstempel mit Nadeln, die in die Haut gepresst wurden – zu Beginn meist auf der linken Seite der Brust, später auf dem linken Unterarm. Danach rieben die Schergen Tinte in die Wunden, damit eine Tätowierung entstand. Die eintätowierten Häftlingsnummern wurden zu einem Symbol für die Menschenverachtung des Nazi-Systems.
Die KZ-Gedenkstätte in Auschwitz hat vor kurzem von einem Unbekannten fünf solche Metallstempel erhalten. Sie seien dem Museum anonym übergeben worden, sagte Sprecher Bartosz Bartyzel laut einem Bericht des Magazins «Focus». «Wir haben die Stempel vor ein paar Wochen erhalten, ihre Authentizität wurde durch Untersuchungen bestätigt.»
Es handelt sich um Metallplatten mit speziell breiten Nadeln von ein paar Millimetern Länge, die jeweils eine Ziffer formen. Mehrere dieser abnehmbaren Platten konnten in einen Stempel eingelassen werden, um eine spezifische Nummer zu bilden. Der Fund sei nicht komplett, sagte Elżbieta Cajzer, die Leiterin der Sammlungsabteilung. Vorhanden seien nur einmal die Ziffer 0 und je zweimal die Ziffern 3 sowie 6 beziehungsweise 9.
Die Stempel sind ein äusserst seltenes Relikt. Bisher ging man davon aus, dass nur ein einziger Stempel den Krieg überstanden hat. Er wird im Militärmedizinischen Museum in St. Petersburg aufbewahrt.
Der Fund sei «einer der wichtigsten der letzten Jahre», sagte Piotr Cywinski, der Direktor der Gedenkstätte. «Man sieht immer weniger Tätowierungen, weil die ehemaligen Häftlinge wegsterben. Aber diese Stempel erzählen immer noch von der dramatischen Geschichte, die sich hier zugetragen hat.» (dhr)