Es ist Donnerstag, als bei Urs Apitzsch, der für die offizielle Beflaggung Zürichs zuständig ist, das Telefon klingelt und ein Organisator der Gay Pride dran ist. Ob die regenbogenfarbige Flagge auch dieses Jahr wieder gehisst würde, wie immer? Doch Apitzsch muss abwinken. Die Zürcher Festspiele werden eröffnet, am selben Wochenende. Auch dieser Anlass soll beflaggt werden. Apitzsch seufzt, der Antrag dafür kam einfach früher.
Dabei hatte Apitzsch noch extra nachgefragt, als er nichts von den Organisatoren hörte, schliesslich ist die Gay Pride ja jedes Jahr. Und bisher wehten immer Flaggen. Doch er hatte niemanden erreicht. Jetzt, an diesem Donnerstag, war es einfach zu spät. Eigentlich.
Denn das Flaggenregime der Stadt ist gnadenlos: «De Schnäller isch de Gschwinder», lautet die Devise. «Nur Zürcher Traditionsanlässe wie das Sechseläuten oder Knabenschiessen haben einen festen Anspruch auf gehisste Flaggen», sagt Marc Huber, Mediensprecher der Immobilien-Bewirtschaftung der Stadt Zürich. Deshalb kommt es immer häufiger zu Mehrfachanfragen. Und der Zuschlag geht an den Schnelleren.
Happy Züri Pride Berlin: Zeigt Flagge. Wien: Zeigt Flagge. Zürich, Grund der Beflaggung: Werbung! http:// http://t.co/itZWkHwIpD
— Peider Filli (@peider) June 13, 2014
Das waren dieses Mal die Zürcher Festspiele. Zur Freude der Verantwortlichen – auch wenn sie gar nichts vom Flaggenkonkurrenten wussten. Doch sie wissen, was es heisst, den Kürzeren zu ziehen. Und wie. «Wir haben einmal gegen das Tattoo verloren. Eine bittere Niederlage», sagt Mediensprecherin Nicole Schwyzer. Doch ein herzloser Sieger wollen die Zürcher Festspiele nicht sein. «Auf unserer Flagge prangt ein pinker Punkt!», so Schwyzer.
Ein schwacher Trost für den Verlierer Gay Pride. «Schade, hat es nicht geklappt», sagt Präsident David Reichlin. «Es wäre schon schön, wenn unsere Flaggen wehen würden. Das nächste Mal schauen wir, dass wir die Ersten sind.»
Eigentlich wäre die Sache damit vom Tisch. Keine Flaggen für die Gay Pride, Flaggen für die Zürcher Festspiele. Eigentlich. Wenn da nicht Apitzsch wäre. Persönlich will er für endgültige Harmonie zwischen den Konkurrenten sorgen. Am Samstag nämlich wird er die Flaggen der Gay Pride auf der Bahnhofbrücke, der Quaibrücke und dem Bürkliplatz aufhängen. Leider nur für einen Tag. Und leider führt dort der Umzug nicht durch. Aber immerhin, sagt Apitzsch – und er klingt erleichtert – ein Kompromiss.