In Deutschland hat die AfD den Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla zum zweiten Parteivorsitzenden neben Jörg Meuthen gewählt. Der 44-jährige Malermeister aus Sachsen tritt die Nachfolge von Alexander Gauland an.
Dieser hatte sich aus dem Parteivorstand zurückgezogen und Chrupalla als Kandidaten vorgeschlagen. Chrupalla erhielt auf dem Bundesparteitag in Braunschweig am Samstag in einer Stichwahl 54,51 Prozent der Stimmen. Sein Fraktionskollege Gottfried Curio unterlag mit 41,23 Prozent. Die niedersächsische Landesvorsitzende Dana Guth war im ersten Wahlgang ausgeschieden.
Chrupalla sagte in seiner Bewerbungsrede: «Die bürgerliche Mitte erreichen wir mit Vernunft. Nur mit überzeugenden Inhalten werden wir neue Wählerschichten erschliessen. Mit drastischer Sprache bewirkt man häufig das Gegenteil – besonders bei den Frauen.»
Zuvor haben die AfD-Deligierten auf dem Parteitag Jörg Meuthen als Parteichef wiedergewählt. Meuthen konnte sich mit 69 Prozent der Stimmen klar gegen die Gegenkandidaten Nicole Höchst und Wolfgang Gedeon durchsetzen.
Meuthen sagte in seiner Bewerbungsrede mit Blick auf Union und SPD: «Die ehemaligen Volksparteien sind zur politischen Führung nicht mehr imstande.» Die AfD müsse «nun regierungswillig und -fähig werden», sagte er. «Das ist die Aufgabe für die nächsten zwei Jahre».
Die AfD muss nach Auffassung ihres scheidenden Vorsitzenden Alexander Gauland ihren Kurs als «Partei des Volkes und der kleinen Leute» konsequent fortsetzen und Regierungsfähigkeit entwickeln. Der Parteichef stellte am Samstag seinen Posten zur Verfügung.
«Wenn Grüne, Rote und Dunkelrote zusammengehen, wird der Tag kommen, an dem die geschwächte CDU nur noch eine Option hat: uns», sagte er am Samstag zur Eröffnung des AfD-Bundesparteitags in Braunschweig. «Das heisst, dass wir unseren Weg weitergehen, ohne Anpassung oder gar Anpasserei.» Er sehe die Zukunft der AfD nicht in einer Anpassung an eine «verrottete CDU».
Der von Polizisten aus mehreren Bundesländern geschützte Parteitag wurde von lautstarken Protesten begleitet. Die rund 550 Delegierten wollten bis Sonntag einen neuen Bundesvorstand wählen. Der bisherige Vorsitzende Jörg Meuthen stellt sich zur Wiederwahl. Co-Chef Gauland will sich dagegen von der Spitze der Partei zurückziehen.
Gauland sagte, es bestehe die erfreuliche Aussicht, dass die AfD mit diesem Parteitag «erwachsen» werde. «Erwachsen heisst, dass wir einen teilweisen Generationswechsel solidarisch vollziehen.»
Gauland zog eine positive Bilanz: «Wir haben dieses Land verändert», sagte er. «Und wir haben den Menschen eine Stimme gegeben, die sich allein kaum noch trauten, der Auflösung unseres Nationalstaats in der Merkelschen Willkommenskultur zu widersprechen.» Gauland weiter: «Die SPD ist schon fast ruiniert. Bei der CDU hat die Zersetzung gerade erst begonnen.»
An der Volkswagen Halle, in der die AfD tagt, demonstrierten schon vor Beginn des Parteitags mehrere hundert Menschen. Sie riefen unter anderem «AfD Faschistenpack – wir haben Euch zum Kotzen satt». Am Mittag waren nach Angaben der Organisatoren 10'000 Menschen auf der Strasse.
Die Polizei nannte zunächst keine Zahlen. Sie hatte die Halle weiträumig abgesperrt und war mit starken Kräften präsent. Auch Wasserwerfer standen bereit. Der «Volkswagen»-Schriftzug an der Halle war auf Betreiben des Autokonzerns abgedeckt worden.
Die Delegierten lehnten es ab, das Verhältnis zur Identitären Bewegung neu zu regeln. Ein Antrag, diese vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung von der Unvereinbarkeitsliste zu streichen, wurde nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Hätte er Erfolg gehabt, hätten Mitglieder der Identitären Bewegung künftig auch in die AfD eintreten können.
Ebenfalls nicht auf die Tagesordnung genommen wurde ein Antrag, der unangenehm für Mitglieder geworden wäre, die in Parteispendenaffären verwickelt sind. Er sah vor: «Wer vorsätzlich durch schuldhaftes Finanzgebaren die Partei zu Strafzahlungen zwingt oder von staatlichen Geldzuwendungen abhält, muss persönlich dafür haften.» (sda/dpa/reu/afp)